Kommunalpolitik

Auf dem Weg zu mehr „Spiel(t)räumen“ in Ladenburg

Rolf Schwarz stellt in seiner Spielplatz-Studie in Ladenburg vor, welche der beinahe 40 Spielflächen der Stadt entbehrlich sind. Auch die Teilnehmer des Workshops "Spielplatzdialog" bewerten die Plätze

Von 
Peter Jaschke
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Beim „Spielplatzdialog“ mit Rolf Schwarz (vorne), Bürgern und Bürgermeister Stefan Schmutz (l.): Jeder Sandeimer stand für einen Spielplatz. © Peter Jaschke

Ladenburg. Vorhang, Masken und ein „Ticket“-Häuschen: Die kürzlich zum „Theaterspielplatz“ umgestaltete Rutschen- und Sandspielfläche am Kastellweg in der Ladenburger Südstadt weist jetzt viel mehr als früher davon auf, was einen „Spiel(t)raum“ ausmacht. Da gibt’s inzwischen nämlich auch Bauchschaukel, Zerrspiegel und Malwand. All diese Elemente erfüllen wichtige Qualitätsmerkmale, die junge Gehirne stimulieren helfen. Denn solche Orte regen die Fantasie von Kindern an, fördern die Sinne und schulen spielerisch wichtige soziale Kompetenzen.

Und so wird - - nach „Schlangen“- und „Wasserturm“-Spielplatz - am Samstag, 17. Dezember, um 13 Uhr die dritte städtische Freifläche feierlich eröffnet, die allein in diesem Jahr schon ein neues Gesicht bekommen hat. Um in den nächsten zehn Jahren insgesamt 20 solcher Plätze zu schaffen, müsste die Stadt in diesem Zeitraum lediglich 1,8 Millionen Euro investieren. Das hat Rolf Schwarz genau ausgerechnet. Der Professor aus Schriesheim forscht am Institut für Bewegungserziehung und Sport der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe. Und Ladenburgs Bürgermeister Stefan Schmutz schätzt sich „glücklich, dass der ausgewiesene Fachmann aus der Nachbarstadt zugesagt hat, die vorhandenen Strukturen in Ladenburg zu untersuchen und mit uns zielgruppengerecht weiterzuentwickeln“. Bald entscheidet der Gemeinderat, der den Prozess angestoßen hatte, über die spannenden Studienergebnisse von Schwarz.

Der neu gestaltete Spielplatz im Kastellweg. © Peter Jaschke

Dass Schwarz „keine Stadt in Deutschland kennt, die eine so hohe Spielplatzdichte wie Ladenburg aufweist“, aber Masse eben nicht gleichbedeutend mit Qualität sei, hatte der Wissenschaftler schon im Zwischenbericht dargelegt (diese Redaktion berichtete). Warum sich die eindrucksvolle Zahl von beinahe 40 klassischen Spielplätzen locker halbieren ließe, legt Schwarz am vergangenen Freitagabend im Domhofsaal eindringlich dar: Beim „Spielplatzdialog“, einem Workshop mit rund 20 Teilnehmenden, geht es darum, „wissenschaftliche Daten und bürgerliche Ideen“ zu vereinen. „Auch diese Anregungen sollen noch in die Untersuchung einfließen“, erklärt die im Rathaus unter anderem fürs Spielplatzmanagement zuständige Iris Lipowsky.

Was Schwarz vorträgt, ist ein ebenso leidenschaftlicher wie akribisch mit örtlichen Daten und wissenschaftlichen Fakten belegter Aufruf für mehr Spielräume aller Art - also auch Hecken, Mauern und Plätze - und dafür weniger Autos auf Gehwegen sowie „weniger elterliches Kontrollbedürfnis“.

Weniger Eltern-Kontrolle

Das ständige Kreisen um das eigene Kind sei doch eher ein Kreisen um sich selbst. „Und das ist problematisch“, sagt Schwarz. Denn Kinder müssten „Risikokompetenz“ erlernen. Gute Spielräume, so Schwarz, stellten im Gegensatz zu mangelhaften Spielplätzen eine größere Palette an Risiken zur Verfügung. Gefahren dürften nicht zu stark minimiert werden, doch Lebensgefahr dürfe nicht bestehen.

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„Kratzer, Matsch und Gestank ist total wichtig fürs Kind“, sagt Schwarz. Gute Erfahrungen hat die private „Turm“-Spielplatzinitiative im Ladenburger Stadtteil Aufeld mit dem Konzept von Schwarz und dem gerne mit ihm zusammenarbeitenden Verein „ActiveKid“ (Mannheim) gemacht. Dieser wirbt außerdem mit Projekten in Ilvesheim (analytische Spielleitplanung) und Schriesheim (Struktur- und Prozessqualität in Kindertagesstätten). Zu den Ergebnissen seiner Analyse in Ladenburg sagt Schwarz im Domhofsaal: „Wir haben da Kröten drin, die da nicht reingehören.“

Währenddessen bewerten Eltern, vier Stadträtinnen aus drei Fraktionen, Kita-Fachfrauen und weitere Interessierte mit verschiedenfarbigen Zettel die Qualität der ihnen jeweils bekannten Spielplätze: Grün zeigt an, was sich bewährt hat und bleiben soll. Rot gibt Antwort auf die Frage, was weg muss, und weiß signalisiert, was fehlt. Jedoch empfiehlt Schwarz überall dort, wo Spielplätze als verzichtbar angesehen werden, „bloß keine dieser Freiflächen zu entfernen oder zu bebauen, sondern stattdessen „temporäre Zwischennutzungsformen“ einzurichten wie Blühwiesen mit Bienenhotels oder kleine Mietgärten nach dem Vorbild des „Urban Gardenings“.

Freier Autor Peter Jaschke ist freier Mitarbeiter seit 1997 und macht überwiegend regionale Berichterstattung, nimmt aber auch Sport- und Kultur-Termine wahr.

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