Finanzen

Was ein kommunaler Finanzexperte zum Ilvesheimer Kombibad sagt

Das Kombibad in Ilvesheim ist ein Millionenprojekt, dabei stecken die Kommunen im Land in einer Finanzkrise. Ein Experte ordnet das Vorhaben vor diesem Hintergrund ein. Ein Punkt ist ihm besonders wichtig.

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Torsten Gertkemper-Besse
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Diese Visualisierung zeigt den Innenbereich des neuen Schwimmbads in Ilvesheim, mit Schwerpunkt auf dem Becken. © KPlan (Architekturbüro)

Ilvesheim. Viele Städte und Gemeinden in Deutschland müssen aktuell sparen. Auch Ilvesheim bekommt die derzeitige wirtschaftliche Lage zu spüren. Im Gegensatz zu Städten wie Mannheim oder Ludwigshafen geht es der Gemeinde gut, aber schon in den vergangenen Jahren wurden die jährlichen Haushaltsberatungen immer aufwändiger. Nun beginnt in Ilvesheim der Bau eines knapp 20 Millionen Euro teuren Schwimmbads, das bei der Realisierung eines zweiten Bauabschnitts sogar noch teurer werden könnte.

Wie ist ein solches Vorhaben in der jetzigen Situation zu bewerten? Befürworter des Kombibads verweisen unter anderem auf den gesellschaftlichen Mehrwert einer solchen Einrichtung, aber auch auf die „grundsätzlich gesunde Haushaltsstruktur“ in Ilvesheim. Gegner fürchten, dass die Kommune in Zukunft finanzielle Spielräume, da das Bad zu viel Geld bindet.

Finanzexperte des Gemeindetags blickt auf Rahmenbedingungen für Kombibad in Ilvesheim

Der „Mannheimer Morgen“ hat deshalb mit Patrick Holl Kontakt aufgenommen. Er ist Finanzdezernent und stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Gemeindetags Baden-Württemberg. Eines vorweg: Holl schreibt der Gemeinde Ilvesheim nicht vor, welche Projekte sie umsetzen soll und welche nicht. Er betont das hohe Gut der „Selbstverwaltungshoheit“. Diese gibt den Kommunen das Recht, in einem gewissen Rahmen Prioritäten zu setzen. Doch wie sieht dieser Rahmen aus?

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Laut Haushaltsrecht muss „die dauerhafte Leistungsfähigkeit der Kommune“ gesichert sein, sagt Holl. Bei einem Schwimmbad würde das bedeuten: Kann die Gemeinde weiter leistungsfähig sein, wenn sie neben dem Bau selbst auch Geld für Kredit-Tilgungen, Zinsen, Betriebskosten und Abschreibungen aufbringen muss? Ilvesheim finanziert den Bau des Bads teilweise aus liquiden Mitteln (vereinfacht gesagt: Erspartem) und Krediten. Auch der Erlös aus dem Verkauf von Grundstücken dient zur Finanzierung von Investitionen wie dem Kombibad.

Kombibad in Ilvesheim – freiwillige Leistung im Widerspruch zu Pflichtaufgaben?

Grundsätzlich genießen Pflichtaufgaben in Kommunen (z. B. Schulen und Kinderbetreuung) Vorrang vor sogenannten freiwilligen Leistungen. Zu solchen zählen auch Schwimmbäder. Dennoch betont Holl, dass Schwimmbäder aus verschiedenen Gründen sehr wichtig sind. So müssten ausreichend Wasserflächen in vertretbarer Entfernung bereitstehen, um Schulschwimmen anbieten zu können. Dieser Schulschwimmsport ist „verbindlich vorgesehen“. Hinzu kommt laut Holl, dass die Schwimmfähigkeiten von Kindern und Jugendlichen „tendenziell abnehmen“ – ein weiteres Argument für ausreichend Wasserflächen.

Ein Bild aus dem September 2025: Das Baugelände ist vorbereitet. Bauzaunfüße stehen gestapelt auf dem Gelände. Einsam lehnen lässig ein paar Bauzäune am Baum und warten auf ihren Einsatz. © Christoph Blüthner

Holl erklärt, dass es sicher noch viele weitere gute Gründe für den Bau von Schwimmbädern gibt. Allerdings müsse man dabei immer auf bestimmte Kriterien achten. Dazu zählen: die bereits erwähnte Leistungsfähigkeit, der Vorrang von Pflichtaufgaben, die Priorisierung gegenüber anderen Projekten (so erstrebenswert diese auch sein mögen) und der Blick auf finanzielle Unwägbarkeiten der Zukunft. Der Finanzexperte erkennt an, dass diese Abwägungen immer eine sehr „komplexe kommunalpolitische Herausforderung“ darstellen.

Redaktion Redaktion Neckar-Bergstraße, zuständig für Ilvesheim und Friedrichsfeld

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