Ilvesheim. Michael Haug ist seit 2014 im Ilvesheimer Gemeinderat. Das Gespräch mit dem Sprecher der Grünen-Fraktion findet im Garten der Bibliothek statt.
Herr Haug, wenn in Zukunft wegen der neuen Umgehungsstraße L 597 weniger Verkehr durch die Ilvesheimer Schlossstraße fließt – wie soll die Schlossstraße dann aussehen?
Michael Haug: Es bringt nichts, jetzt schon darüber zu spekulieren, wo welcher Blumenkübel hinkommt. Es ist wichtig, dass wir eine gute Bürgerbeteiligung auf die Beine stellen. Die Hauptstraße in Seckenheim ist ein Beispiel, wie man es nicht machen sollte. Wir müssen eine Gleichberechtigung aller Verkehrsteilnehmer erreichen. Ich möchte einen Ortskern, der lebt. Daher gilt es, auch etwas gegen die Leerstände zu tun.
Etwas weiter nördlich ist aktuell der „Radweg“ nach Ladenburg ein großes Thema. Er wird von vielen Schülern mit dem Rad genutzt, ist aber in einem schlechten Zustand.
Haug: Dieser Weg unten am Fluss ist keine sichere Verbindung. Ideal wäre es, wenn man einen neuen Radweg oben an der Straße entlangführen könnte, am besten mit einer Verbreiterung der Straße, damit Radfahrende genug Platz haben. Die Frage ist allerdings, wer das bezahlt. Das wird ein schwieriger Aushandlungsprozess. Ich hoffe hier auf das Land. Wenn die Gemeinde das allein stemmen müsste, wird es ganz schwierig.
Zur Person
Name: Michael Haug
Geburtstag: 10.09.1973
Beruf: Stellv. Personalratsvorsitzender bei Sparkasse Rhein-Neckar Nord, gelernter Bankbetriebswirt
Im Gemeinderat seit: 2014, dort seit 2016 Fraktionssprecher der Grünen
Hobbies: Motorradfahren, Festivals, Zeit mit der Familie, Lesen
Der Bau des neuen Schwimmbads soll noch in diesem Jahr beginnen. Sie stehen dem Projekt ablehnend gegenüber. Mit welchem Gefühl schauen Sie auf diesen Startschuss?
Haug: Ich sehe das pragmatisch. Wir sind jetzt in der technischen Phase des Projekts. Die ersten Ausschreibungen sind veröffentlicht, es stehen bald viele Auftragsvergaben an. Das Bad ist nicht mehr zu stoppen, jetzt geht es darum, dass die Kosten beherrschbar bleiben. Das schaffen wir, in dem wir uns gute Preise sichern, aber auch die langfristigen Folgen im Blick behalten. Es ist zum Beispiel gut, dass wir bei der Wärmeversorgung noch auf eine Wärmepumpe umgestiegen sind. Ich sehe das Projekt weiter kritisch, von einem schlecht gemachten Projekt hat aber niemand etwas.
Sind Sie traurig, dass das Bad jetzt doch gebaut wird?
Haug: Ich habe per se nichts gegen ein Bad. Es sind die langfristigen Folgen, die mir Sorgen machen. Die finanziellen Spielräume werden weniger. Dabei werden wir in Zukunft viele Aufgaben vor der Brust haben, zum Beispiel in Sachen Klimaschutz. Meine Sorge ist, dass wir bei solchen Projekten am Ende sparen müssen, weil das Geld in das Bad geflossen ist.
In Ilvesheim sind aktuell drei Wohnbaugebiete in Planung. Eines davon ist die Sichelkrümme im Norden der Gemeinde. Wie stehen Sie dazu?
Haug: Es ist nicht mein Lieblingsprojekt, hat aber auch gute Seiten. Wir haben jetzt aber halt den Druck, das Vorhaben anzugehen, weil wir wegen der Ausgaben für das Bad dringend Einnahmen brauchen. Diese generieren wir aus den Grundstücksverkäufen. Wichtig ist, dass wir effizient bauen, aber das ist mit der hohen Bauweise, also viel Wohnraum auf kleiner Fläche, durchaus gegeben. Wir brauchen Wohnraum, der preislich unterhalb des Mietspiegels liegt. Das Wort „bezahlbar“ reicht hier nicht. Jeder Wohnraum ist bezahlbar, die Frage ist nur für wen. Außerdem müssen wir so ökologisch wie möglich bauen. Das schließt Fassadenbegrünung, Bäume und Photovoltaik mit ein.
Ein weiteres Gebiet soll in der Kanzelbachstraße entstehen. Was soll aus dem Jugendzentrum JUZ werden, das aktuell noch auf der Fläche steht?
Haug: Ich sehe noch keinen festen Ort für das JUZ. Wichtig ist mir, dass es nicht in den Bereich der Schule kommt. Da werden Schule und Freizeit für die Jugendlichen zu sehr vermischt. Ich halte es auch für möglich, dass man das JUZ an seinem jetzigen Ort belässt. Wichtig ist, dass man den Jugendgemeinderat als gewählte Vertretung der Jugendlichen einbindet.
Am alten Hallenbad, das mittelfristig abgerissen werden soll, ist auch ein Wohngebiet geplant. Hier liegen aber auch die Plätze des Tennisclubs TCN. Was soll aus dem TCN werden?
Haug: Ich halte es für schwierig, wenn dort Häuser gebaut werden und man bis dahin keine Lösung mit dem TCN gefunden hat. Wir brauchen eine einvernehmliche Lösung mit dem Verein. Wenn bei den aktuellen Gesprächen eine gute Lösung für alle herauskommt, tragen wir die gerne mit.
Wie sehen Sie die aktuellen Entwicklungen beim geplanten Gewerbegebiet am Lidl?
Haug: Uns ist wichtig, dass hier hochwertige Arbeitsplätze entstehen und dass man auf ökologische Ausgleichsmaßnahmen achtet. Unsere Bedenken wegen der Kollision mit dem Radschnellweg haben sich wegen einer Umplanung zum Glück zerschlagen.
Kommen wir zum Klimaschutz. Hier setzen viele ihre Hoffnung in die kommunale Wärmeplanung. Sie auch?
Haug: Ich finde, das ist grundsätzlich ein gutes Werkzeug, aber die Wärmeplanung braucht sehr lange. Ich bin froh, dass wir früh damit angefangen haben und erhoffe mir, dass die kommunale Wärmeplanung praktikable Lösungswege aufzeigt. Es ist schwierig, sich jetzt schon auf eine konkrete Energieform der Zukunft festzulegen. Wärmepumpen sind für Hauseigentümer ein Baustein – aber auch nicht für jedes Haus die Lösung.
Kommen wir vom Klimaschutz zur Klimaanpassung. Wo steht die Gemeinde beim Hitzeschutz?
Haug: Noch ziemlich am Anfang. Hitzeschutz funktioniert am besten, wenn wir Bäume pflanzen, Wasserstellen wie zum Beispiel Trinkbrunnen aufbauen und den Asphalt entsiegeln, um besser gegen Extremwetterereignisse gewappnet zu sein. Das Ziel muss es sein, Feuchtigkeit in unseren Böden zu halten. Ein Hitzeaktionsplan, wie er schon einmal beantragt wurde, würde viel Personal binden, ohne gleichzeitig für eine Umsetzung der Maßnahmen zu sorgen.
Eine Frage noch zum Schluss: Wie bewerten Sie die Stimmung und Zusammenarbeit im Gemeinderat?
Haug: Die Zusammenarbeit ist sehr gut geworden, in den Jahren davor war sie sehr schwierig. Wir haben uns schon beharkt. Deutlich wird der Wandel auch daran, dass Mitglieder des Gemeinderats mittlerweile auch nach der Sitzung noch miteinander etwas trinken und sich austauschen. Vor einigen Jahren war man noch froh, wenn man das nicht mehr machen musste. Auch der Bürgermeister macht da einen guten Job, er führt die Akteure immer wieder zusammen und bringt eine sehr sachliche Ebene in die Themen.
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