Hochspannung in Frankreich: In der zweiten Runde der Parlamentswahlen ist das Kandidatenfeld noch einmal deutlich durcheinander gewirbelt worden. Das gilt auch für die Partnerkommunen der Orte zwischen Neckar und Bergstraße. Hier gab es zum Teil spektakuläre Aufholjagden und unerwartete Ergebnisse. Auf ganz Frankreich gesehen landete das neu gegründete Linksbündnis (NFP oder UG) auf Platz 1. Es überholte damit den rechtsradikalen Rassemblement National (RN), der im ersten Wahlgang am 30. Juni noch gewonnen hatte, jetzt aber auf Platz 3 abrutschte. Die Allianz des amtierenden französischen Präsidenten Emmanuel Macron (ENS) erreichte in der zweiten Runde am 7. Juli den zweiten Platz.
Um das Ergebnis in den Partnerstädten unserer Region besser zu verstehen, muss man auf das französische Wahlsystem und die Vorgeschichte dieses Urnengangs blicken. Präsident Emmanuel Macron hatte wegen der schlechten Ergebnisse bei der Europawahl vor einem Monat das Parlament aufgelöst und Neuwahlen ausgerufen. Die Abstimmung zur Nationalversammlung läuft in Frankreich folgendermaßen ab: Die Abgeordneten werden in Wahlkreisen gewählt. Wer im ersten Wahlgang mindestens 50 Prozent (absolute Mehrheit) holt, zieht ins Parlament ein. In den meisten Fällen gelingt dies aber nicht, deshalb gibt es eine Woche später eine zweite Runde, in der eine einfache Mehrheit genügt. Dann treten nur noch die besten zwei an, unter bestimmten Voraussetzungen können auch noch weitere Bewerber teilnehmen (wenn sie mindestens 12,5 Prozent aller Wahlberechtigten von sich überzeugt haben).
In der ersten Runde hatte die extreme Rechte in den Partnergemeinden starke Zuwächse verzeichnet, manchmal auch die meisten Stimmen geholt, aber nirgendwo die absolute Mehrheit erlangt - also gab es einen zweiten Wahlgang. Und in diesem wurden die Karten ganz neu gemischt. Der Grund: Die gemäßigten Kräfte (ENS und UG/NFP) zogen ihre Bewerber größtenteils zurück, wenn sie in der ersten Runde nur den dritten Platz erreicht hatten - obwohl manche von ihnen im zweiten Wahlgang noch hätten antreten dürfen. Das Ziel: einen Sieg des extrem rechten Kandidaten zu verhindern, indem man dem anderen gemäßigten Bewerber nicht die Stimmen wegnimmt. Dieses Vorgehen hatte in den Partnergemeinden entscheidende Auswirkungen auf den Wahlausgang - meistens profitierte das Bündnis von Präsident Emmanuel Macron.
Bevor es nun zu den Resultaten in den einzelnen Partnergemeinden geht, noch ein wichtiger Hinweis: Die Partnerkommunen bilden aufgrund ihrer geringen Größe nie einen eigenen Wahlkreis, sondern sind Teil eines solchen. Die Ergebnisse auf Ortsebene (die in der Grafik dargestellt werden) weichen teils erheblich von der Wahlkreisebene ab. Diese ist aber am Ende entscheidend für die Frage, wer ins Parlament einzieht.
Brignais
In Hirschbergs größerer Partnerstadt hat der Kandidat des Macron-Bündnisses, Thomas Gassiloud, mit großer Mehrheit gewonnen. Auch auf Wahlkreisebene setzte er sich klar durch. Im ersten Wahlgang hatten Gassiloud und die Kandidatin der extremen Rechten noch fast gleichauf gelegen. Die Linken-Bewerberin hatte sich zurückgezogen, weil sie im Wahlkreis nur Rang 3 erreicht hatte.
Chécy
Auch im Partnerort von Ilvesheim hat sich der Macron-Kandidat, Richard Ramos, durchgesetzt - sowohl in der Gemeinde als auch im Wahlkreis gewann er eindeutig gegen den Bewerber von rechts. Im ersten Wahlgang hatte der RN-Kandidat auf Wahlkreisebene noch knapp die Nase vorn. Ramos profitierte aber davon, dass der Linken-Bewerber nach der ersten Runde ausstieg. So konnte Ramos den Rechts-Kandidaten noch überholen.
Nogent-le-Roi
In Heddesheims Partnergemeinde holte die Kandidatin des Rassemblement National auch im zweiten Wahlgang die meisten Stimmen. Auf den gesamten Wahlkreis gesehen konnte sie sich aber nicht durchsetzen. Hier holte Guillaume Kasbarian (ENS) knapp 61 Prozent. Der Linken-Kandidat hatte nach der ersten Runde zurückgezogen, weil er abgeschlagen auf Rang 3 lag.
Plouguerneau
Edingen-Neckarhausens Partnergemeinde hatte in der ersten Runde einen spannenden Dreikampf gesehen. Im Wahlkreis holte die ENS-Kandidatin Platz 1, die Linken-Bewerberin Platz 2. Erst auf Platz 3 kam der Rassemblement National. Die Linken-Kandidatin zog trotzdem zurück und ermöglichte damit Graziella Melchior vom Macron-Bündnis einen erneuten Einzug in die Nationalversammlung. Sowohl im Ort als auch im Wahlkreis lag sie im zweiten Wahlgang deutlich vor der RN-Kandidatin.
Schweighouse-Thann
Die wohl spektakulärste und spannendste Aufholjagd gab es im Wahlkreis von Hirschbergs kleinerer Partnergemeinde. Nach der ersten Runde lag der gemäßigte Konservative Raphael Schellenberger (LR) im Wahlkreis abgeschlagen auf Platz 2 hinter Marion Wilhelm vom Rassemblement National - mit mehr als zwölf Prozentpunkten Rückstand. Im zweiten Wahlgang setzte er sich aber doch noch durch. Er holte 50,7 Prozent, Marion Wilhelm 49,3.
Uzès
Schriesheims Partnerstadt liegt in einem Wahlkreis, in dem sich die extreme Rechte durchsetzen konnte. Sylvie Josserand (RN) gewann knapp gegen Nicolas Cadène von den Linken. In Uzès selbst hatte Cadène gewonnen, was aber nicht für einen Sieg auf Wahlkreisebene reichte. Der Kandidat des Macron-Bündnisses hatte sich nach Runde 1 zurückgezogen, da er abgeschlagen auf Platz 3 gelegen hatte. Sein Vorgänger, der über die Region hinaus bekannte Philippe Berta, war nicht mehr angetreten.
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