Rechtsruck in Frankreich: Bei den vorgezogenen Neuwahlen zur Nationalversammlung am Sonntag hat der Rassemblement National (RN) landesweit die meisten Stimmen geholt. Das neu formierte Linksbündnis (hier UG) und die Partei des Präsidenten Emmanuel Macron (ENS) kamen auf die Plätze zwei und drei. Zum Hintergrund: Der französische Präsident hatte wegen der schlechten Ergebnisse bei der Europawahl vor knapp vier Wochen das Parlament aufgelöst und Neuwahlen ausgerufen.
Wie fiel das Ergebnis in den Partnergemeinden der Region aus? Welche Kandidaten konnten in der ersten Runde die meisten Stimmen erringen? Und was bedeutet das für die zweite Wahl-Runde am Sonntag, 7. Juli? Eines vorweg: Auch in den Partnergemeinden verzeichnete die extreme Rechte starke Zuwächse, das Bild ist aber durchmischt. Nicht überall erreichte der RN den ersten Platz, er schnitt also nicht so stark ab wie auf ganz Frankreich gesehen. Bevor es nun um die einzelnen Kommunen geht, hier noch ein paar Worte zum französischen Wahlsystem und der politischen Situation.
In Frankreich werden die Abgeordneten in Wahlkreisen gewählt. Wer im ersten Wahlgang mindestens 50 Prozent holt, zieht in die Nationalversammlung ein. In den meisten Fällen gelingt dies aber nicht, deshalb gibt es eine Woche später eine zweite Runde, in der eine einfache Mehrheit genügt. Dann treten nur noch die besten zwei an, unter bestimmten Voraussetzungen können auch noch weitere Bewerber teilnehmen (wenn sie mindestens 12,5 Prozent aller Wahlberechtigten von sich überzeugt haben).
Allerdings hatte zum Beispiel die Linke angekündigt, ihre Drittplatzierten in den Wahlkreisen zurückzuziehen - auch wenn sie eigentlich noch einmal antreten dürften. Hintergrund ist, dass man einen Sieg des rechten Kandidaten vermeiden möchte. Dies soll gelingen, indem sich der Linke (UG) und der Macron-Anhänger (ENS) nicht gegenseitig die Stimmen wegnehmen. Auch in einigen Wahlkreisen der Partnerkommunen könnte dies eine Option sein. Wichtig: Die Partnerkommunen bilden aufgrund ihrer geringen Größe nie einen eigenen Wahlkreis, sondern sind Teil eines solchen. Das ist deshalb wichtig, weil die Ergebnisse auf Ortsebene teils erheblich von der Wahlkreisebene abweichen. Diese ist aber am Ende entscheidend für die Frage, wer ins Parlament einzieht.
Brignais
In Hirschbergs größerer Partnerstadt war das Rennen besonders eng. Thomas Gassiloud (ENS) verlor im Vergleich zur Wahl 2022 knapp sechs Prozentpunkte, konnte sich aber an der Spitze halten. Seine Konkurrentinnen sind ihm dicht auf den Fersen. Bemerkenswert ist, dass der Rassemblement National noch vor zwei Jahren gar keine Rolle spielte, während sich jetzt ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem Macron-Lager und den Rechten abzeichnet. Die Linken-Kandidatin wird voraussichtlich zurückziehen, denn auf Wahlkreisebene liegt sie deutlich hinter ihren Konkurrenten.
Chécy
In der Partnergemeinde von Ilvesheim hat der Platzhirsch Richard Ramos (ENS) wieder seine Stärke ausgespielt. Trotz Verlusten liegt er im Ort erneut deutlich vorne - genau wie bei den vergangenen beiden Wahlen. Deutlich kniffliger wird die Angelegenheit auf Wahlkreisebene. Hier hat der Konkurrent von rechts, Anthony Zeller, die meisten Stimmen geholt, ganz knapp vor Ramos und dem Links-Kandidaten. Alle drei liegen weniger als zwei Prozentpunkte auseinander. Da der Bewerber des Links-Bündnisses auf Rang 3 liegt, wird er vermutlich aussteigen und das Kopf-an-Kopf-Rennen den anderen beiden überlassen.
Nogent-le-Roi
Hier hat der Rassemblement National abgeräumt und mit großem Abstand die meisten Stimmen geholt. Guillaume Kasbarian vom Macron-Bündnis lag bei der Wahl 2022 noch knapp vorn, jetzt muss er sich in Heddesheims Partnergemeinde eindeutig geschlagen geben - allerdings gilt das nicht für den Wahlkreis. Auch hier liegt die rechte Kandidatin vor ihm, allerdings nur knapp. Der Vertreter des Links-Bündnisses ist abgeschlagen auf Rang 3 und wird wohl aussteigen. Auch hier wird es in der zweiten Runde also ein knappes Rennen zwischen RN und ENS geben.
Plouguerneau
Hier könnte das Rennen kaum enger sein. Graziella Melchior vom Macron-Bündnis behält ihren Spitzenplatz, die Konkurrenz kommt im Vergleich zu 2022 aber sehr nah. Die Kandidatin des Rassemblement National kann ihr Ergebnis in der Partnergemeinde von Edingen-Neckarhausen fast verdoppeln und kommt jetzt auf Platz 2. Auf Wahlkreisebene ist das Rennen ähnlich spannend, hier erreicht allerdings die Linken-Kandidatin Platz 2 und lässt die Bewerberin von rechts knapp hinter sich. Hier könnte sich in der zweiten Runde also ein Dreikampf um das Mandat entwickeln.
Schweighouse-Thann
Im traditionell rechts wählenden Elsass war und ist Hirschbergs kleinere Partnergemeinde immer eine gewisse Rarität. Hier lag in den vergangenen Wahlen stets der gemäßigte Konservative Raphael Schellenberger vorne. Er firmiert unter dem Kürzel LR (Les Republicains). Auch dieses Mal setzt er sich in Schweighouse gegen die Konkurrentin von rechts durch, allerdings gilt dies nicht für die Wahlkreisebene. Marion Wilhelm vom Rassemblement National distanizert Schellenberger hier deutlich (mehr als zwölf Prozentpunkte). Bei der letzen Wahl war Schellenberger nach der ersten Runde auch im Rückstand und konnte Wilhelm noch überholen. Dieses Mal ist das eher unwahrscheinlich.
Uzès
In Schriesheims Partnerstadt war der auch über die Region hinaus bekannte Philippe Berta (Kandidat des Macron-Lagers) nicht mehr angetreten. Sein Nachfolger Aurélien Colson landete in Uzès nur auf Platz 3, knapp hinter dem linken Bewerber und der rechten Kandidatin Sylvie Josserand. Sie konnte die Stimmenzahl des rechten Lagers im Vergleich zu 2022 mehr als verdoppeln. Auf Wahlkreisebene sieht das Ergebnis noch gravierender aus. Hier holt die Josserand mit großem Abstand die meisten Stimmen - und sogar doppelt so viele wie Colson.
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