Hirschberg. Die Namensgebung für die Erweiterungsfläche des Hirschberger Gewerbeparks entfachte eine hitzige, teils amüsante Debatte. „Campus Hirschberg“ heißt die zehn Hektar große Fläche zukünftig. Der Vorschlag kam von der Projektgesellschaft Im Rott GmbH & Co. KG.
Streit um „Campus Hirschberg“: Das sagen die Gemeinderäte zum Thema
Vor allem die Grüne Liste Hirschberg (GLH) rümpfte die Nase. Das Wort „Campus“ (lateinisch für Feld) wird laut Fraktionssprecherin Monika Maul-Vogt eher mit Universitäten in Verbindung gebracht. Ein Campus sei der zusammenhängende Komplex von Gebäuden einer Universität, Hochschule oder eines Forschungsinstituts.: „Campus suggeriert also die Kernbotschaft Forschung, Innovation und Bildungsstätte. Ein Gewerbegebiet, in dem am Ende nur konventionelle Betriebe angesiedelt sind und nur die Mindeststandards bei Energieversorgung und Klimaschutz erfüllt werden, wird diesem Anspruch nicht gerecht. Aber vielleicht lockt dieser Name ja Unternehmen an, die im wissensintensiven Sektor unterwegs sind“, sagte sie.
Der Name ist sehr gut und modern. Die Firmen, die hierherkommen, werden dem ökologischen Zeitgeist Rechnung tragen.
Werner Volk, Fraktionssprecher der Freien Wähler (FW), bedankte sich für die „kulturellen Ausführungen“ der GLH und stimmte der Verwaltungsvorlage zu. CDU-Gemeinderat Thomas Götz sagte, dass es durchaus Gewerbegebiete mit dem Namen „Campus“ gebe. „Der Name ist sehr gut und modern. Die Firmen, die hierherkommen, werden dem ökologischen Zeitgeist Rechnung tragen. Wir können bei der Namensgebung selbstbewusst sein“, meinte Götz und stimmte zu, wie auch FDP-Fraktionssprecher Oliver Reisig: „Wir bekommen ein wissenswertes Gebiet und kein schnödes Gewerbegebiet.
Das Wort Gewerbepark ist voll daneben.
GLH-Gemeinderat Karlheinz Treiber hielt es nicht mehr ruhig: „Wir sollten den Modenamen nicht nachrennen.“ Schon das Wort „Gewerbepark“ erachtete er als „voll daneben“, denn dort „führt ja kein Mensch seinen Hund aus“. Für ihn sei dies alles eine Verlogenheit der Sprache.
„Aus einem Acker wird einfach ein Gewerbegebiet“, ärgerte er sich und wollte wissen, warum sich der Gemeinderat vorschreiben lasse, wie der Name laute. Bürgermeister Ralf Gänshirt schüttelte den Kopf: „Wir lassen uns nichts vorschreiben, sonst hätte der Punkt ja gar nicht auf der Tagesordnung gestanden.“
Während die GLH beim Namen „Campus“ Nein sagte, fand sie den Namen „Carl-Theodor-Allee“ für die Erschließungsstraße parallel zur Autobahn okay. Zwar stehe der Kurfürst nicht für die Ökonomie, aber immerhin für die Kultur und die schönen Künste.
Das „Gefecht“ um den Namen war quasi der Schlussstrich unter das Kapitel der Erweiterungsfläche des Gewerbeparks in südlicher Richtung. Im Verlauf der Gemeinderatssitzung wurde mit den Stimmen der Freien Wähler, CDU und FDP, bei Gegenstimmen von GLH und Enthaltungen der SPD die Satzung für den Bebauungsplan verabschiedet. Architekt und Stadtplaner Dietmar Glup vom Sinsheimer Büro Sternemann und Glup prüfte 17 eingegangene Anregungen der Träger öffentlicher Belange; von Bürgern kamen keine. Er erinnerte daran, dass aufgrund der neuen Landesbauordnung der Solaranlagenbereich aus dem Bebauungsplan herausgenommen werde und dafür keine Baugenehmigung mehr erforderlich sei.
Gewerbegebiet in Hirschberg: Kontroversen und Kompromisse prägen den Bebauungsplan
Zudem erläuterte Glup die Aufteilung der Quartiermitte in die Bereiche GE 3 und GE 4; Letzterer begrenzt Verkaufsflächen auf maximal 400 Quadratmeter, um dem bestehenden Einzelhandel keine zu große Konkurrenz zu machen. Insgesamt führten die Stellungnahmen zu keinen gravierenden Änderungen, nur kleinere Anpassungen wurden vorgenommen.
Bürgermeister Ralf Gänshirt betonte bei der Verabschiedung der Satzung, dass der Gemeinderat vor fünf Jahren die Aufstellung des Plans beschlossen habe. Zahlreiche Gutachten und Diskussionen zu ÖPNV, Energieversorgung, Klima und Umwelt folgten. Ein Bürgerentscheid richtete sich gegen die Erweiterungsfläche, die weitere Arbeitsplätze schaffen und den Firmen Expansion ermöglichen soll. „Es gab Rückschläge, und nicht allen Interessen kann man gerecht werden. Am Ende entscheidet die Mehrheit.“
Die GLH lehnte die Satzung ab, da laut Sprecherin Maul-Vogt die Kernpunkte hinter den ursprünglichen Intentionen zurückblieben. Positiv bewertete sie die großzügigen Vorgaben für Gebäudehöhen, die Absicherung von Ausgleichsmaßnahmen, die Bündelung der Parkflächen in der Quartiersgarage und die Anbindung ans Radwegenetz. Kritik gab es an der Art der Gewerbebetriebe: Statt „wissensintensives, emissions- und verkehrsarmes Gewerbe“ zu fördern, schloss der Bebauungsplan nur „ausschließlich Logistikbetriebe“ aus, was als Öffnungsklausel für großflächige Logistikunternehmen gesehen wurde. Auch das Energiekonzept kritisierte die GLH: Statt anfänglich innovativer klimaneutraler Ideen gibt es nun eine dezentrale Versorgung, und die große Photovoltaikanlage bringt keine Verpflichtung zur Nutzung für die Betriebe. Die Öko-Bilanz sei nur knapp positiv, 10.000 Öko-Punkte fehlten laut Maul-Vogt. Deshalb stimmten die drei GLH-Gemeinderäte dagegen.
Bürgermeister Gänshirt ging nicht auf die Ablehnung ein und zweifelte, dass Firmen bei ihren Gebäuden Nachhaltigkeit vernachlässigen. FW-Fraktionssprecher Volk betonte, dass die Nutzung von Grundwasser als Wärmenetz technisch nicht machbar gewesen sei: „Das muss auch die GLH akzeptieren. Wir können aber noch fünf Jahre weiterdiskutieren“, schimpfte er. An den Grundpositionen änderte dies nichts mehr: CDU, Freie Wähler und FDP stimmten zu, GLH dagegen, die SPD enthielt sich.
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