Heidelberg. „Die meisten sind noch eine oder zwei Stunden schwierig. Aber danach finden sie sich mit ihrer Situation ab“, sagt ein Sicherheitsmann, der auf der Station Wachdienst schiebt. Diese Station befindet sich im Gebäude der alten Chirurgie des Heidelberger Uniklinikums im Neuenheimer Feld. Doch statt chirurgischer Behandlungen geht’s hier seit dem Frühjahr um hartnäckige Quarantäne-Verweigerer.
Das Land Baden-Württemberg fährt einen harten Kurs gegenüber Menschen, die sich trotz angeordneter Quarantäne nicht absondern, sondern sich munter weiter in der Öffentlichkeit bewegen. Mittlerweile sind acht Verweigerer für die Zeit ihrer Quarantäne in Heidelberg untergebracht gewesen. Sie stammen überwiegend aus der Region um Heidelberg. Weitere 21 waren nach Angaben des Landesgesundheitsministeriums in einer Stuttgarter Klinik untergebracht.
Es benötigt einen Gerichtsbeschluss für die Unterbringung, erläutert ein Sprecher des Ministeriums die Vorgehensweise. Demnach stelle eine Stadt- oder Gemeindeverwaltung den Antrag auf Unterbringung, wenn Betroffene ihrer Quarantäne-Anordnung nicht nachkommen oder nach den bisherigen Verhaltensweisen nicht anzunehmen sei, dass sie solchen Anordnungen ausreichend Folge leisten. „Es gab Quarantäne-Verweigerer, die ihre Wohnung mehrmals ohne zwingenden Grund verlassen haben und angekündigt haben, dies weiterhin zu tun“, erläutert der Ministeriumssprecher.
Die juristischen Grundlagen der Unterbringung
- Basis für die Unterbringung von Quarantäne-Verweigerern ist Paragraf 30 Absatz 2 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG).
- Darin heißt es: „Kommt der Betroffene den seine Absonderung betreffenden Anordnungen nicht nach oder ist nach seinem bisherigen Verhalten anzunehmen, dass er solchen Anordnungen nicht ausreichend Folge leisten wird, so ist er zwangsweise durch Unterbringung in einem abgeschlossenen Krankenhaus oder einem abgeschlossenen Teil eines Krankenhauses abzusondern.
- Das Grundrecht der Freiheit der Person könne insoweit eingeschränkt werden, heißt es weiter.
- Nötig für die Unterbringung ist ein Beschluss des zuständigen Amtsgerichts. Vollzugsbehörde ist die zuständige Stadt oder Gemeinde.
- Über die Dauer der Unterbringung entscheidet ebenfalls das Amtsgericht.
Arge Alkoholprobleme
In der Regel kommen die Kandidaten nicht freiwillig, sondern werden von der Polizei in die Alte Chirurgie gebracht. „Die Stadtverwaltungen rufen bei uns an, dass jemand in die Einrichtung kommt. Dann haben wir noch zwei Stunden Zeit, uns vorzubereiten, die Zimmer zu richten und zum Beispiel zu schauen, dass dort keine scharfen Gegenstände herumliegen“, berichtet der Sicherheitsmann.
Auf der Station angekommen, schaut zuerst ein Arzt nach dem Gesundheitszustand des Verweigerers. Der Mediziner entscheidet dann, ob derjenige bleiben kann oder sicherheitshalber besser in der geschlossenen Psychiatrie untergebracht wird. „Wir hatten schon Patienten, die hatten arge Alkoholprobleme oder schizophrene Störungen. Psychosen oder einen kalten Entzug können wir hier aber nicht betreuen“, sagt der Sicherheitsmann.
In der Regel sind die Quarantäne-Verweigerer alleine oder maximal zu zweit auf der Station, wo insgesamt fünf sogenannte Absonderungsplätze zur Verfügung stehen. Dann sind mindestens zwei Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes gleichzeitig und permanent zur Überwachung vor Ort. Die Zimmer müssen in dieser Zeit geschlossen bleiben, werden aber nicht abgesperrt, erläutert der Sprecher des Ministeriums. Falls die Quarantäne-Verweigerer Hilfe benötigten, könnten sie diese mit Hilfe einer Klingel anfordern. „Wenn die Patienten ihr Zimmer verlassen wollen, dann weisen wir sie darauf hin, dass sie das nicht dürfen. Notfalls rufen wir die Polizei“, erläutert der Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes. Das sei aber bislang kaum vorgekommen, größere Probleme habe es noch nicht gegeben.
Medizinisch und verpflegungstechnisch werden die Mitarbeiter von der Uniklinik versorgt. Dreimal täglich gibt es Verpflegung. Und einmal täglich kommt auch ein Arzt vorbei. Der hat auch schon im Verlauf der Quarantäne einen Covid-19-Ausbruch diagnostizieren müssen. „Einmal ging es einem Patienten sehr, sehr schlecht“, berichtet der Sicherheitsmann. Der Mann habe richtig hohes Fieber bekommen und sei dann in eine andere Station des Uniklinikums verlegt worden.
Was die Quarantäne-Verweigerer in ihren Zimmern tun, wissen die Sicherheitsleute nicht, da sie sich ja nicht mit in den Zimmer aufhalten. Aber sie schauen regelmäßig nach, ob es den Patienten gut geht. Manche verlangten nach einem Fernseher. Das könne man natürlich nicht leisten. Einer habe selbst ein kleines Radio mitgebracht. Das habe er natürlich in seinem Zimmer benutzen dürfen. Die Leute seien ja in Quarantäne, aber nicht im Gefängnis.
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