Heidelberg. Während Strafprozesse häufig eine große Aufmerksamkeit anziehen, bleibt die Arbeit der Zivilrichter meist der Öffentlichkeit verborgen. Doch auch 2022 hatten die Kammern des Landgerichts wieder viele interessante – und auch manchmal kuriose – Angelegenheiten zu klären. Eine Auswahl.
Katzenfüttern: Zwei Katzen waren einer Mieterin gestattet. Doch die Beklagte fütterte in der Folge – auch nachts – mehrfach Wildkatzen beziehungsweise fremde Katzen in großer Anzahl an und wurde wegen den daraus resultierenden Folgen (Geruchsbelästigungen, Verunreinigungen) abgemahnt. Für eine Wohnungsinteressentin waren die Zustände der Grund, vom Angebot Abstand zu nehmen. Und auch ein Hausmeister wollte in dem Anwesen nicht länger für Ordnung sorgen und kündigte. Im Juni 2021 gab das Amtsgericht dem Wohnungseigentümer Recht und bestätigte die Kündigung der Mietwohnung. Begründung: Störung des Hausfriedens. Dagegen strebte die Katzenfreundin Berufung an – und scheiterte beim Landgericht (Az: 5 S 45/21).
Theater-Sprinkleranlage: Ein Wasserschaden am Heidelberger Theater, rund 480 000 Euro teuer, hat mehrere Gerichte beschäftigt. Bei der Theatersanierung von 2009 bis 2012 hatte die Eigentümerin, die Theater- und Orchesterstiftung, eine Firma mit dem Gewerk „Feuerlöschanlage“ beauftragt. Bei einem Probelauf am 1. Oktober 2012 wurde - ohne die Anlage noch einmal vorher durchzusehen – ein Probelauf durchgeführt. Dabei trat Löschwasser aus. Die Versicherung des Theaters wollte den Schaden von der Firma ersetzt haben, die die Anlage gebaut hatte. Ein Gutachten kam zu dem Schluss, dass eine Subunternehmerin der Beklagten eine Schraubverbindung der Spülleitung nicht festgezogen hatte. Deshalb musste die Baufirma nun der Versicherung den Schaden ersetzen (Az 4 O 394/15).
Instrumentenkauf: Auch der Verkauf eines seltenen Instruments beschäftigte die Richterinnen der Zivilkammern. Es geht um ein Heckelphon – ein Holzblasinstrument mit Kugelfuß – im Wert von 27 000 Euro. Im Vorfeld des Kaufvertrags war das Heckelphon an die Beklagte zur Ansicht übergeben worden. In der Folge wünschte der Kläger „nach Rücksprache mit seinem Steuerberater“ eine Barzahlung des Kaufpreises und schlug eine Geldübergabe am Hauptbahnhof in Mannheim vor. Dieser Termin platzte aber aufgrund von Bedenken der Beklagten. Als der Eigentümer sein Instrument zurückwollte, gab es keine Einigung. Nachdem auch ein Abholtermin des Heckelphons nicht zustande kam, klagte der Eigentümer auf Herausgabe des Heckelphons. Der von den Parteien geschlossene Kaufvertrag sei wirksam in ein Rückabwicklungsverhältnis umgewandelt worden, urteilten die Richter und gaben dem Kläger Recht (Az 4 O 74/22).
Wärmepumpe: In Nachbarschaftverhältnissen gibt es regelmäßig Streit, der vor Gericht getragen wird. Im vorliegenden Fall ging es um Wärmepumpen, die der Beklagte auf seinen beiden nebeneinanderliegenden Grundstücken betrieb. Der von den Pumpen ausgehende Lärm brachte den Kläger auf den Plan. Die Grundstücke der Parteien liegen außerhalb eines Bebauungsplans. Die Anlagen sonderten Töne in verschiedenen Frequenzen ab, weshalb der Lärm besonders störend wirke, argumentierte der Nachbar. Der Beklagte verwies hingegen auf die Lage an einer vielbefahrenen Hauptdurchgangsstraße und die Nähe zahlreiche gewerblich genutzter Grundstücke sowie die Ortsverwaltung und das Feuerwehrhaus in der Nähe. Der Kläger gewann den Prozess: Die Pumpen verursachten wesentliche Beeinträchtigungen bei der Benutzung des Grundstücks, lautete die Begründung. Zwischen 22 und 6 Uhr müssen die Pumpen nun „schweigen“ (Az. 5 O 169/19).
Baum wächst zum Nachbarn: Auch groß werdende Bäume können zum Fall für Juristen werden. Ein Grundstückseigentümer beklagte eine über die Grundstücksgrenze wachsende Zeder. Sie verursache Verschmutzungen unter anderem durch den Baumharz, auch an Fahrzeugen. Der Nachbar weigerte sich, den Baum zu stutzen. Nach einem Ortstermin gaben die Richter dem Kläger aber recht (Az. 5 O 76/21).
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/heidelberg_artikel,-heidelberg-wenn-der-nachbar-sich-weigert-die-zeder-zu-stutzen-kuriose-faelle-vor-dem-landgericht-he-_arid,2037470.html