Heidelberg. Ein bunter Falter, der auf einer Hauswand sitzt, ist eigentlich nichts Außergewöhnliches. Wenn dieser allerdings so groß ist wie der Querschnitt einer ganzen Häuserfassade, fällt das auf. Ist der Falter dann noch hyperrealistisch mit Schattierungen gemalt, sieht es fast aus, als würde das Insekt gleich abheben. Hält man in der Uferstraße in Heidelberg direkt an der Neckarpromenade sein Handy vor eben ein solches Wandgemälde und öffnet eine App, beginnt der Falter wirklich zu fliegen.
Möglich macht das unter anderem die Kooperation von Metropolink und Heidelberg Marketing. Seit 2016 arbeitet die Stadt mit Metropolink zusammen. Ein Jahr dauerte es von der Entstehung des sogenannten Murals (englisch für Wandgemälde) bis zur Animation des Schmetterlings. Und dieser wurde nicht zufällig ausgewählt. „Der Goldene Scheckenfalter war mal in Heidelberg heimisch“, berichtet Pascal Baumgärtner von Metropolink.
Schild auf der Theodor-Heuss-Brücke erklärt, wie die App funktioniert
Mittlerweile gehört der Goldene Scheckenfalter zu den stark gefährdeten Arten von Schmetterlingen. Das Mural soll daher nicht nur Kunst im öffentlichen Raum erlebbar und lebendig machen, sondern auch das Thema Artensterben in den Fokus rücken. „Dabei handelt es sich nicht nur um ein Marketing-Tool, wir stehen hinter dem Aspekt der Nachhaltigkeit“, betont Mathias Schiemer von Heidelberg Marketing. Passenderweise ist ein Teil des Teams der Stadt komplett in Grün gekleidet. Auch der Klimaschutz-Bürgermeister Raoul Schmidt-Lamontain ist beim Pressetermin vor Ort - und trägt ebenfalls Grün. Der Schmetterling in Neuenheim soll also mehr als eine Attraktion für Besucher und Besucherinnen bei einem Rundgang durch die Heidelberger Stadt sein.
An diesem Nachmittag laufen die meisten Menschen an dem Mural vorbei, ohne stehenzubleiben. Baumgärtner berichtet wiederum, dass sich ein paar Neugierige das Schild zum Projekt mit Anleitung der App durchgelesen hätten, das neben der Treppe auf der Theodor-Heuss-Brücke platziert worden ist.
Dieser Künstler hat das Wandgemälde umgesetzt
Es gehe darum, „schwierige Themen spielerisch zu vermitteln“, betont Baumgärtner. „Sich mit Artensterben und Umweltschutz auseinanderzusetzen gelingt so im Rahmen von Kunst.“ Eine Woche dauerte es, das Gemälde auf die Hauswand zu bringen. Hierzu wurde ein besonderer Künstler ausgewählt. Der Franzose Mantra fertigt eigentlich nur Kunstwerke von Faltern an, die es nicht mehr gibt, so Baumgärtner. „Wir wollten allerdings einen positiveren Dreh und einen Falter nehmen, den es noch gibt.“ Dass der Falter auf genau diese Wand gemalt wird, musste auch mit den Eigentümern des Hauses besprochen werden. Fünf verschiedene Falter-Motive hätten zur Auswahl gestanden. „Auch haben wir besprochen, ob sie mit der Idee eines Schmetterlings überhaupt einverstanden sind.“
Stadt kündigt neues Pilotprojekt an
Der gelb-orangefarbene Falter ist übrigens nicht das erste Gemälde auf der Fassade. Es gab auf der Fläche bereits ein Kunstwerk. Aber wie das mit der Kunst eben so ist, gehört zu ihr auch die Vergänglichkeit. Das betonen auch Baumgärtner und Schiemer. Für das Mural seien zwar die besten Farben verwendet worden, damit der Falter auch widrigen Wetterbedingungen standhält, aber „dass das Gemälde irgendwann verblasst oder wieder etwas Neues darauf entsteht, macht die Vergänglichkeit der Kunst auch aus“, meint Baumgärtner.
So kann auch der Falter auf unserem Foto in Bewegung gesetzt werden
- Damit man den Falter in Aktion sieht, muss man nicht unbedingt nach Heidelberg. Auch das zu diesem Artikel abgedruckten Foto kann mit der App „Artivive“ den Falter zum Leben zu erwecken. Diese erkennt das Motiv und spielt die dahinter gespeicherten Inhalte ab.
- „Die Animation via eigenem Smartphone und der App ermöglicht ein ganz neues Erleben von bestehenden und neuen Kunstwerken im öffentlichen Raum“, heißt es auf einer Informationstafel zum Projekt, die auf der Theodor-Heuss-Brücke angebracht ist – von dort aus kann man das Mural auch sehen.
- Die genaue Adresse des Wandgemäldes lautet: Uferstraße 5, 69120 Heidelberg-Neuenheim. Wer das Mural live sehen möchte, kann mit dem ÖPNV dorthin fahren. Haltestelle ist „Neuenheim, Brückenstraße“. Von dort läuft man rund vier Minuten bis zum Gemälde. Die Haltestelle wird unter anderem von den Straßenbahnlinien 5 und 26 sowie von der Buslinie 31 angefahren. vs
Damit neben dem Aspekt der Kunst auch die Informationen zum Falter inhaltlich korrekt wiedergegeben werden, waren auch das Umweltamt und ein Netzwerk der Universität Heidelberg in das Projekt involviert. Um den Falter in der App tatsächlich abheben zu lassen, wurden Motion Designer hinzugezogen. So vermittelt der bunte Falter auf dem beigen Hintergrund der Fassade nicht nur Informationen, sondern ist auch ein echter Hingucker, sobald er sich digital in Bewegung setzt und Blumen auf der Hauswand erblühen lässt und verleiht dem tristen Standort vor allem viel Farbe. Beim Pressetermin stehen die Vertreter von Metropolink und Stadt auf einer gepflasterten Fläche vor der Hauswand, die von zwei stark befahrenen Straßen umschlossen wird.
Und so viel verraten die Verantwortlichen: Es wird wohl nicht bei dieser einen Animation bleiben: Andere Murals in Heidelberg sollen zum Leben erwachen. Auch ein noch sehr geheimnisvoll umschriebenes Pilotprojekt werde es noch in diesem Jahr geben, so Schiemer. Mehr dürfe er zum Projekt noch nicht ankündigen. Es gehe darin wohl aber um Kultur, Nachhaltigkeit, Wissenschaft und Tourismus.
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