Heidelberg. Elf Tage lang hat das Metropolink-Festival mit Musik, Lesung und Mitmachaktionen auf die Konversionsfläche Patrick-Henry-Village geladen. Am Sonntag ist es zu Ende gegangen. Rund 5000 Besucher schauten auf dem Gelände vorbei, freuen sich Kurator Pascal Baumgärtner und sein Team. Und im Stadtgebiet sind neue Kunstwerke entstanden, die bleiben werden.
„Total zufrieden“ zeigt sich Baumgärtner auf Nachfrage dieser Redaktion mit dem Ablauf und dem Erfolg des Metropolink-Festivals. Dass die Besucherzahl im Vergleich zu 2020 annähernd verdoppelt werden könnte, sei nicht absehbar gewesen, da es in diesem Jahr schon wieder deutlich mehr Angebote wie Straßenfeste gab als während der Pandemie-Sommerpause.
Apokalypsen und Naturschutz
Besonders gut kam unter anderem die Lesung für Kinder ab vier Jahren mit Autorin und Literaturwissenschaftlerin Andrea Paluch an. Wie erklärt man Kindern, dass in einem europäischen Land Krieg geführt wird? Das war eines der Themen, die die Mutter von vier Söhnen und Ehefrau von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) mit den jungen Familien ansprach. Habeck selbst war nicht im Publikum.
Neu und aus Sicht Baumgärtners sehr erfolgreich: Die Kooperation mit der Universität Heidelberg. Auch sie möchte mittels Kunst und Kultur Lösungsansätze aufzeigen. Das Center for Apocalyptic and Post Apocalyptic Studies - es wird getragen von Wissenschaftlern verschiedener Fächer - beteiligte sich mit Vorträgen und einem großen Wandgemälde.
Streetart- und Bühnenkünstler Edgar Flores („Saner“) stammt aus Mexiko und verwendet die Bildsprache der Mythologie seiner Heimat, um moderne, erst auf den zweiten Blick bedrückende Aussagen zu treffen. Sein großformatiges Wandbild („Mural“) an der Turnhalle der Julius-Springer-Schule vergrößert die städtische Straßenkunst-Galerie, denn es wird genauso dauerhaft sichtbar bleiben wie der großformatige Schmetterling an der Uferstraße in Neuenheim, mit dem Künstler Mantra auf das Artensterben aufmerksam macht. Denn dem abgebildeten Goldenen Scheckenfalter geht der Lebensraum verloren.
An einer Hauswand in der Altstadt, an der Ecke Plöck/Märzgasse, zieht ein weiteres Wandbild die Blicke auf sich. Die Arbeit des Künstlers Matthias Mross zeigt einen Jugendlichen mit dunklem Teint und schwarzem Lockenkopf, der ein hellblaues Barcelona-Fußballtrikot trägt und einen Hund liebkost. Auf den ersten Blick bunt und gefällig, soll das 24 Meter hohe, fotorealistische Bild zum genauen Hinschauen und Nachdenken über soziale Ungerechtigkeiten anregen. „Der Hund, ein Mops, ist ein Symbol für Wohlstand. Das passt irgendwie gar nicht zu dem Jugendlichen“, beschreibt Baumgärtner den Kontrast zur Realität, etwa von Geflüchteten.
Das Motiv sei ein Zufallsfund gewesen: Gemeinsam mit Fotograf Martin Pötter suchte Baumgärtner an einem Tag im Frühjahr ein passendes Motiv für die Hauswand. „Doch es passierte stundenlang nichts“, erinnert sich der künstlerische Chef an den Frust auf einer Bank damals. Dann sei der Jugendliche vorbeigekommen, den Baumgärtner kennt. Als er sich auf die Treppe des Geschäfts an der Plöck setzte und auch noch der Mops der Ladenbesitzerin auf den Schoß des Heranwachsenden kletterte und ihn liebkoste, war das perfekte Motiv samt idealem Lichteinfall gefunden.
Udo Lindenberg feierte hier
Dennoch blieb es aufreibend. Denn bevor der Münchner Mross das geschossene Foto mittels Hubsteiger auf die 24 mal 15 Meter große Wand übertragen durfte, mussten acht Hausmiteigentumsparteien und das Landesdenkmalamt einbezogen und überzeugt werden. Mit angeregt hatte das Kunstwerk das Amt für Wirtschaftsförderung und Wissenschaft, das unbekanntere Ecken der Altstadt gerne in den Blick rücken möchte. Dessen Leiter Marc Massoth findet: „Das Motiv auf der Hauswand ist bunt und weltoffen - genauso, wie sich Heidelberg insgesamt und die Altstadt im Besonderen für Besucherinnen und Besucher aus aller Welt präsentiert.“
Ein neuer Fan von Metropolink und dem zur Galerie umgebauten ehemaligen Supermarkt in Patrick-Henry-Village ist übrigens Rockstar Udo Lindenberg: Er feierte hier mit seinem 200-köpfigen Team am 9. Juli nachts nach dem Auftritt in der Mannheimer SAP-Arena das Ende der Tournee. Baumgärtner hatte ihn 2019 bei einer Preisverleihung in Hamburg kennengelernt. Als dann aus Hamburg die Anfrage nach einer „verrückten“ Location für Udos Aftershow-Party kam, zögerte der Heidelberger Kurator nicht und gestaltete den Raum eine Woche lang „udolike“ um.
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