Rhein-Neckar. In etwas mehr als einer Stunde die gut 20 Kilometer von Heidelberg nach Mannheim radeln, das soll künftig auf dem Radschnellweg möglich sein. Damit das Pilotprojekt endlich Fahrt aufnimmt, haben rund 400 Radler am Sonntagvormittag auf der langen Strecke demonstriert. Doch es wird wahrscheinlich noch bis ins Jahr 2027 dauern, bis der Radschnellweg durchgängig befahrbar sein wird.
„Fast wie bei einem Staatsbesuch“, staunt die baden-württembergische Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) über die Motorrad-Eskorte und die Polizeifahrzeuge, die ab 10 Uhr die Radler-Demonstration begleiten. Raus aus der Stadt, über ein Stück Autobahn, Wieblingen, Edingen-Neckarhausen und Seckenheim radeln die Demonstranten bei Neuostheim auf den Rhein-Neckar-Schnellweg über die Augustaanlage bis zum Schloss. „Ein tolles Erlebnis, wenn’s direkt und schnell geht“, freut sich Mannheims Bau- und Sportdezernent Ralph Eisenhauer. Dazu müssten allerdings noch Lücken im Radnetz geschlossen werden, wie jetzt in der Mannheimer Augustaanlage.
„Hat Spaß gemacht, es fühlt sich gut an, auf dem glatten Asphalt zu radeln. Eine schöne Botschaft, den Radschnellweg jetzt auch schnell zu bauen“, sagt Bauer am Ziel. Für die grüne Heidelberger OB-Kandidatin ist der Ausbau des Radwegenetzes „ein Top-Thema“, wie sie betont. Neben dem Bau eines Radschnellwegs müsse aber auch die Attraktivität des Radverkehrs kleinteilig verbessert werden. Auch ihr Kontrahent, Amtsinhaber Eckart Würzner, betont: „Der Radschnellweg ist zwingend notwendig! Es ist wichtig, dass wir die regionale Infrastruktur für den Radverkehr ausbauen – für den Klimaschutz und unsere Lebensqualität.“ Ähnlich argumentiert Sören Michelsburg, der SPD-Kandidat für den Chefposten im Heidelberger Rathaus. Außerdem könne nicht sein, dass ein Radweg plötzlich im Nirgendwo ende.
Die Worte der Polit-Prominenz hören viele der Rad-Demonstranten mit Skepsis. Heftig kritisiert nach der Ankunft in Mannheim im Innenhof des Schlosses Larissa Weigel von der Aktion Radentscheid Heidelberg „die zirkuläre Selbstblockade“ von Politik und Verwaltung, wenn es um den Ausbau gehe. 2017 sei der Radschnellweg beschlossen worden, erinnerte sie an den Beginn des Pilotprojektes in Baden-Württemberg. 2023 hätte der erste Spatenstich erfolgen sollen, doch erst jetzt beginne das Planfeststellungsverfahren.
Weigel rechnet nicht mit einer Fertigstellung von 2027. Als Gründe für die Verzögerungen würden immer die komplexen Genehmigungsverfahren und der Personalmangel ins Feld geführt, „der Stillstand als höhere Gewalt deklariert“. Doch die Aktivistin sieht die Beziehung von Politik und Gesellschaft zum Auto als Hemmnis. Sie fordert: „Wir brauchen den Mobilitätswandel – aber nicht in homöopathischen Dosen!“ Mutige Entscheidungen seien jetzt angesagt, und dass auch mal Parkplätze zugunsten des Radverkehrs wegfalle. „Kommen Sie raus aus Ihrer Selbstblockade, werden Sie tätig“, so die Forderung unter dem Applaus der Demonstranten.
Schritt hin zur Mobilitätswende
Dem schließen sich Gert Hüttmann (ADFC Mannheim) und Michael Fröhlich (ADFC Rhein-Neckar) an: „Wir senden mit unserer Demonstration ein Signal für den Radschnellweg in die Region!“ Auch Fröhlich fordert: „Die sollten jetzt mal langsam anfangen, wenn wir tatsächlich den Mobilitätswandel erreichen wollen!“ Hüttmann ist überzeugt, dass ein Radschnellweg den Autoverkehr in der Metropolregion reduzieren wird und meint: „Heidelberg und Mannheim können hier gemeinsam etwas erreichen.“ Den Bürgern will er die Angst nehmen, dass hier „eine Raser-Strecke“ entstehen könnte. „So ein gut ausgebauter Radschnellweg ist für Pendler, die von A nach B wollen“, ergänzt sein Kollege Guido Siekmann aus Ilvesheim vom ADFC Unterer Neckar. Auch für ihn ist in Sachen attraktiver Radverkehr „noch viel Luft nach oben“. Aus Ilvesheim weiß er: „Wenn es ums Auto geht, ist alles recht. Aber beim Fahrrad, wenn da mal ein Parkplatz wegfällt, regt sich gleich Widerstand.“
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