Stadtentwicklung

Warum meidet das Gewerbe die Heidelberger Südstadt?

2028 soll die neue Heidelberger Südstadt weitgehend fertig sein. Was seit 2016 entstand, und warum es so schwierig ist, Gewerbe ins Erdgeschoss zu bringen

Von 
Michaela Roßner
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Zu den Gewerbe-Pionieren in der neuen Heidelberger Südstadt gehört Kaffeeröster „Simon & Beans“, der sich über viel junge Kundschaft freut. © Philipp Rothe

Heidelberg. Ein neues Zuhause für bis zu 5000 Menschen, Gewerbe und Einzelhandel und dazu ein Kulturzentrum: Rund zwölf Jahre hat die neue Heidelberger Südstadt Zeit, sich von einer verlassenen Konversionsfläche zu einem belebten, urbanen Stadtviertel zu entwickeln.

Auf der letzten Station seiner Sommertour machte sich Baubürgermeister Jürgen Odszuck ein Bild davon, was in den ersten acht Jahren schon geschafft wurde. Thema dabei auch: Wie zäh es aktuell ist, die Erdgeschosse mit Gewerbe zu füllen.

Weitere 1500 Wohnungen entstehen in der Heidelberger Südstadt

Rund 44 Hektar sind die beiden ehemals von Amerikanern und NATO genutzten Areale Campbell Barracks und Mark Twain Village groß. Sie machen ein Drittel des gesamten Stadtteils Südstadt aus. 2500 Menschen leben hier bereits, zum Teil in Neubauten, zum Teil in sanierten alten Wohnblocks.

Der Mix aus Eigentumswohnungen, geförderten Mietwohnungen und mehreren Wohnprojekten mit unterschiedlichen Konzepten macht neben dem Anderen Park, einer Grünfläche, die sich von Nord nach Süd auf beiden Seiten der Römerstraße schlängelt, den besonderen Reiz dieses Wohnquartiers aus, betont Odszuck.

Im nun entkernten Torhausgebäude gibt es 7000 Quadratmeter Gewerbefläche. © Philipp Rothe

Hier entstehen 1500 Wohnungen; 70 Prozent davon sind preisgünstiger oder geförderter Wohnraum. 30 Prozent werden auf dem freien Markt angeboten. Viele Wohnungen, zwei Studierendenwohnheime und ein Ausbildungshaus für Auszubildende sind bereits bezogen. Auf zwei Baufeldern gibt es in Wohnprojekten wie „Hagebutze“ oder „Konvisionär“ rund 115 Wohnungen.

Gero Seidler, Projektleiter der Südstadt Konversionsgesellschaft Heidelberg, und Holger Meid, Geschäftsführer der Mark Twain Village (MTV) Bauen und Wohnen GmbH sowie der Familienheim erklären, was nun noch geschehen wird: In MTV West sind insgesamt noch fünf neue Wohnkomplexe geplant, die bis Anfang 2027 fertig sein sollen: 122 Wohneinheiten, davon 54 Wohnungen im freien Verkauf, drei zur Vermietung am freien Markt und 65 geförderte Wohnungen, eine Kita und zwei Gewerbeeinheiten.

Günstige Miete statt Eigentum für Schwellenhaushalte in Heidelberg

Eigentum für Schwellenhaushalte: Auch das sollte mit dem Verkauf von Bestandsgebäuden erreicht werden. Doch die steigenden Bauzinsen und der großzügige Schnitt der früher von amerikanischen Soldatenfamilien bewohnten Wohnungen wurden so teuer, dass sie selbst unter günstigsten Bedingungen die finanziellen Möglichkeiten von Schwellenhaushalten überstiegen.

Das dafür vorgesehene Baufeldes B1 wurde nach Beratung im Gemeinderat von der Baugenossenschaft Familienheim Heidelberg übernommen. Nun können die 50 Wohneinheiten im preisgebundenen Mietsegment angeboten werden.

Leerstände in Erdgeschossen wegen fehlendem Gewerbe

Ihre neue Heimat gut angenommen haben offenbar acht gut 30 Jahre alte Bäume, die im Winter in einer spektakulären Aktion an der Sickingenstraße ausgegraben und zur neuen Allee westlich der Römerstraße gefahren wurden. „Sie haben alle ausgeschlagen im Frühjahr“, bestätigt Seidler.

Die neue Südstadt sollte keine „Wohnkaserne“ werden: Die Bebauungsplanung sieht daher in den Erdgeschossen den Einzug von Gewerbe vor. Doch in einigen potenziellen Läden, etwa entlang der Rhein- und John-Zenger-Straße, herrscht zum Teil gähnende Leere und hängen noch Werbeschilder. Die Gewerbeflächen zu füllen, sei aktuell „ein zähes Geschäft“, bestätigt Meid.

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Pioniere wie der Anbieter von südafrikanischen Weinen müssten Mut und einen langen Atem mitbringen, solange noch vieles entsteht. Einige, die anderswo erfolgreich Filialen betrieben, sicherten sich indes schon den vielversprechenden Standort und hätten es daher scheinbar nicht so eilig, zu öffnen.

Angesiedelt haben sich indes schon zwei Cafés, eine Pizzeria sowie Arzt- und Physiotherapiepraxen, eine Logopädin und ein Chiropraktiker. Den Pionieren sei man bei den Konditionen in der ersten harten Phase des Einrichtens entgegengekommen. „Wir haben für fast alle Gewerberäume inzwischen Mieter, Käufer oder ernsthafte Interessenten“, fügt Meid hinzu. „Sehr zufrieden“ mit dem Flair des neuen Standorts und der „coolen Kundschaft“ ist Simon Kuch von der Kaffeerösterei „Simon & Beans“. Auch die Infrastruktur ist schon zu einem Großteil geschaffen: Rund 9000 Quadratmeter Straße sind in dem neuen Viertel gebaut worden. Momentan werden eine neue Straße sowie ein Fuß- und Radweg gebaut, die Adelheid-Steinmann- und Clara-Immerwahr-Straße. Beide liegen am Paradeplatz.

Redaktion Redakteurin Metropolregion/Heidelberg

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