Konversion

Stillstand auf PHV in Heidelberg: Braucht die Bundeswehr hier Flächen?

Das Patrick-Henry-Village in Heidelberg soll „Wissensstadt der Zukunft“ werden. Die Stadt wollte mit der Entwicklung eigentlich schon viel weiter sein. Hält das Verteidigungsministerium den Daumen drauf?

Von 
Julian Eistetter
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Die ehemalige US-Siedlung Patrick-Henry-Village in Heidelberg liegt direkt an der A5. Sie soll zur „Wissensstadt der Zukunft“ entwickelt werden. Doch aktuell hakt es. © Bernhard Zinke

Heidelberg. Die Zeilen sind schlecht gealtert: „Stadt Heidelberg kann bald Grundstücke von der BImA kaufen“, schrieb die Verwaltung der Universitätsstadt im Januar 2024 in einer Pressemitteilung zur Entwicklung des Patrick-Henry-Village (PHV). Mehr als eineinhalb Jahre später ist klar, dass der Optimismus etwas verfrüht war. Im September 2025 hat die Stadt noch immer kein einziges Grundstück der Konversionsfläche von der BImA, der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, erworben. Das bestätigt ein Verwaltungssprecher auf Anfrage dieser Redaktion.

Bundeswehr bestätigt Prüfung von Liegenschaften – jedoch nicht explizit für das PHV in Heidelberg

Und das Ganze könnte sich auch noch ein Weilchen ziehen. Denn wie viele andere ehemals militärisch genutzte Liegenschaften in Deutschland ist das PHV angesichts der sich verändernden Weltlage mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und den aktuellen Drohnensichtungen über europäischen Flughäfen plötzlich wieder von Interesse für das Bundesverteidigungsministerium. Wird die ehemalige Wohnsiedlung der US-Streitkräfte bald wieder für militärische Zwecke benötigt? Das zumindest soll nun nach Informationen dieser Redaktion überprüft werden.

Bereits im Frühjahr 2024 wollte die Stadt Heidelberg erste Grundstücke auf PHV von der BImA erwerben. Bis heute ist daraus nichts geworden. © Jegliche Verwendung ist honorarp

Eine klare Bestätigung, dass das Bundesverteidigungsministerium auf die weitere Entwicklung des PHV derzeit den Daumen hält, gibt es auf Anfrage weder von der Bundeswehr noch von der BImA. Das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr lässt allerdings mitteilen, dass derzeit im gesamten Bundesgebiet ehemalige militärische Liegenschaften auf eine mögliche erneute Nutzung hin überprüft werden. „Hierbei werden vorzugsweise die Liegenschaften betrachtet, die sich – wie das Patrick-Henry-Village – noch im Portfolio der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben befinden“, teilt ein Sprecher mit. Er bittet jedoch um Verständnis, dass den laufenden Prüfungen nicht vorgegriffen werden könne.

Geplante Aufstockung der Bundeswehr bringt neue Bedarfe mit sich

Weitere Angaben dazu, für welche Zwecke das Areal künftig durch die Bundeswehr genutzt werden könnte, macht das Bundesamt zum aktuellen Zeitpunkt nicht. Unklar bleibt auch, ob sich die Prüfung nur auf bestimmte Flächen des PHV oder auf die gesamte Anlage bezieht. Der Sprecher erklärt jedoch, dass bei der Untersuchung insbesondere funktionale Aspekte betrachtet werden. Dabei geht es vor allem um die Frage, welche Bedarfe die Bundeswehr im Zusammenhang mit der geplanten Aufstockung der Truppe auf 260.000 Männer und Frauen formulieren muss.

Eine Sprecherin der BImA erklärt auf Anfrage, dass grundsätzlich keine Grundstücke verkauft würden, an denen ein Bedarf der Bundeswehr besteht. Über solche Grundstücksbedarfe bestehe zwischen BImA und Bundeswehr ein ständiger Austausch. „Auf diesem Weg ist sichergestellt, dass kein Grundstück verloren geht, das von der Bundeswehr benötigt wird“, so die Sprecherin.

Patrick-Henry-Village

Das Patrick-Henry-Village ist eine rund 100 Hektar große ehemalige Siedlung des US-Militärs im Heidelberger Stadtteil Kirchheim.

Sie wurde zwischen 1952 und 1955 für amerikanische Militärangehörige und deren Familien errichtet.

Genutzt wurde sie von den Amerikanern bis ins Jahr 2013 .

Die Stadt Heidelberg will das Areal nun gemeinsam mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) zum 16. Stadtteil entwickeln – mit 5000 Wohnungen und 5000 Arbeitsplätzen.

Seit 2015 befindet sich auch ein Ankunftszentrum für Geflüchtete auf dem PHV. Das Land plant einen Neubau, der in das neue Quartier integriert wird. jei

Eine Entwicklung solcher Konversionsflächen mit Kommunen geschehe grundsätzlich immer unter dem Vorbehalt eines möglicherweise nochmals entstehenden Bundesbedarfs, erläutert die Sprecherin. „Das gilt entsprechend auch für das Patrick-Henry-Village in Heidelberg.“

Stadt Heidelberg wäre bei der Entwicklung des 16. Stadtteils gerne schon weiter

Bei der Stadt Heidelberg ist das Thema bekannt, wie ein Rathaussprecher bestätigt. Die Verwaltung geht davon aus, dass die Überprüfung der Bundeswehr in einem halben Jahr abgeschlossen ist, und die Entwicklung des PHV anschließend wie geplant fortgesetzt werden kann. Dass die neuerliche Verzögerung bei der Verwaltung auf wenig Begeisterung stößt, schwingt deutlich mit. Gerne wäre man in Heidelberg mit der Umsetzung des Vorhabens schon deutlich weiter.

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Denn die Pläne für die ehemalige US-Siedlung sind ambitioniert. Das PHV soll zur „Wissensstadt der Zukunft“ entwickelt werden. Im Juni 2020 hat der Gemeinderat einen entsprechenden Masterplan für das rund 100 Hektar große Areal an der A5 beschlossen. „Das PHV soll anhand des Masterplans zum zukunftsfähigen 16. Stadtteil weiterentwickelt werden und könnte demnach ein Modellort für den Einsatz digitaler Technologien, innovativer Mobilitätskonzepte sowie klimaneutraler Energieversorgung werden“, schreibt die Stadt über ihr Vorhaben.

10.000 Menschen sollen im Patrick-Henry-Village einmal leben

Rund 10.000 Menschen sollen künftig im Patrick-Henry-Village ein Zuhause finden, 5.000 einen Arbeitsplatz. Insgesamt seien mehr als 5000 Wohnungen von der kleinen Zwei-Zimmer-Wohnung bis zur großen Familien-Bleibe geplant. Im neuen Stadtteil sollen sich Neu- und Bestandsbauten mischen. Erhalten bleiben sollen laut Stadt zum Beispiel die ehemaligen Offiziersvillen im Norden des Areals sowie zahlreiche der charakteristischen Zeilenbauten im Zentrum. Bei den Neubauten wird Angaben der Verwaltung zufolge auf unterschiedliche Gebäudeformen geachtet. Die Durchmischung des Stadtteils soll so auch optisch Ausdruck in einer vielfältigen Architektur finden.

Seit 2015 befindet sich im PHV ein Ankunftszentrum für Geflüchtete. Das Land Baden-Württemberg plant einen Neubau, der in den Zukunftsstadtteil integriert werden soll. © Philipp Rothe

Ein Teil des neuen Stadtteils bildet auch der Neubau des Ankunftszentrums für Geflüchtete. Seit 2015 ist dieses auf PHV untergebracht. Die Neubaupläne des Landes auf Grundstücken im nordöstlichen Bereich zwischen A5 und „Parkway“ sind von den aktuellen Unklarheiten rund um die mögliche militärische Nutzung offenbar nicht tangiert. „Uns liegen keine Informationen dazu vor, dass die Pläne des Landes zum Neubau des Ankunftszentrums im PHV von etwaigen Entscheidungen des Bundes betroffen sind“, sagt eine Sprecherin des zuständigen Ministeriums für Justiz und Migration auf Anfrage.

Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur

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