Mannheim. Als Goldgrube muss man sich das schriftliche Informationssystem der Stadt Mannheim nicht unbedingt vorstellen. Die Kommune beantwortet darin Anfragen aus dem Gemeinderat, die nicht in den Ausschüssen behandelt werden sollen. Das ist also eher kein Gütesiegel. Aber da wiederum gibt es schon eine Parallele zu Goldminen, wie sie einst etwa im Wilden Westen angelegt wurden: Wer lange genug wühlt, kann durchaus einen spektakulären Fund machen. So nun zum Thema Gehwegparken, dessen Neuordnung in den Stadtteilen zuverlässig vieler Menschen Blutdruck hochtreibt.
In einer Vorlage beziffert die Kommune auf Anfrage von Julien Ferrat, Einzelstadtrat seiner Wählerinitiative „Die Mannheimer“, erstmals öffentlich die Zahl der im Zuge der Neuordnung wegfallenden Parkplätze: „Bei einer Betrachtung der gesamten Stadtteile führt die Neuordnung im Schnitt zu einer Reduktion von 14 Prozent. Betrachtet man nur die Parkflächen, die neu geordnet wurden, sind es 30 Prozent der Parkfläche.“
Vor drei Jahren hieß es noch: Jeder zehnte Parkplatz fällt weg
Was darunter genau zu verstehen ist, erläutert auf „MM“-Anfrage Adnan Werning, Büroleiter von SPD-Verkehrsbürgermeister Ralf Eisenhauer. Demnach beziehen sich die 14 Prozent auf die Gesamtzahl Mannheimer Parkplätze und die 30 Prozent nur auf diejenigen, bei denen das Gehwegparken neu geregelt werden musste. Weil nach der bisherigen Praxis die erforderlichen Mindestbreiten von 1,50 Metern auf dem Bürgersteig und 3,50 Metern auf der Straße nicht mehr gegeben waren.
Somit sind es noch mehr wegfallende Parkplätze, als Eisenhauer vor knapp drei Jahren vermutet hatte. Da äußerte der Bürgermeister die Erwartung, die notwendige Neuordnung des Gehwegparkens dürfte in Mannheim ungefähr jeden zehnten Parkplatz kosten. Jetzt ist es sogar jeder siebte.
Wobei die einzelnen Stadtteile, je nach Baustruktur und Nutzung, offenbar ganz unterschiedlich betroffen sind. Als typische Problemzonen nennt die Informationsvorlage stadtkernnahe Altbaugebiete ohne private Stellplätze, gewachsene Altortbereiche in den äußeren Stadtteilen mit engen Straßenräumen sowie Wohngebiete in der Nachbarschaft großer Verkehrserzeuger wie Firmen. Dort entstehe auch ein hoher Parkdruck durch Pendler, der anders als in der Innenstadt nicht durch Tiefgaragen aufgefangen werden könne. Und Verkehrsflächen stünden nach dem Straßengesetz allen offen, nicht nur Einheimischen. So sei in Neckarau schon vor mehr als 20 Jahren ein Parkplatzmangel festgestellt worden, der nun mit der Neuordnung noch verstärkt werde.
Zahlen aus Stadtteilen nennt die Mannheimer Verwaltung nicht
Zahlen aus den einzelnen Stadtteilen will die Verwaltung nicht herausgeben. Noch laufe die Neuordnung ja teilweise, heißt es zur Begründung. Die für ganz Mannheim genannten Prozentwerte beruhen laut Werning auf bisherigen Erfahrungen und Schätzungen.
In der Informationsvorlage weist die Stadt auch erneut darauf hin, dass sie wie andere baden-württembergische Kommunen bereits 2020 vom Landesverkehrsministerium per „Erlass zur Überwachung und Sanktionierung von Ordnungswidrigkeiten im ruhenden Verkehr“ angewiesen wurde, die Duldungspraxis beim Gehwegparken aufzugeben. Vorangegangen war ein höchstrichterliches Urteil. Und vor knapp einem Jahr entschied das Bundesverwaltungsgericht, „das Interesse parkender Verkehrsteilnehmer an einer ungehinderten Fortsetzung ihres rechtswidrigen Verhaltens [...] ist nicht schutzwürdig“.
Rheinau und Neckarau folgen 2026 als letzte Stadtteile
Die Verwaltung betont auch immer wieder, sich mit der Neuordnung große Mühe zu geben. So gehe eine eigens gegründete Projektgruppe seit 2022 nach und nach die insgesamt rund 700 Kilometer im Mannheimer Straßennetz durch. Mit speziellen Markierungen werde das Auto-Abstellen auf Gehwegen überall dort legalisiert, wo die Mindestbreiten frei blieben und etwa die Durchfahrt von Rettungsdiensten nicht beeinträchtigt werde. Anwohner-Interessen würden nach Möglichkeit berücksichtigt. Planungen für bereits begangene Stadtteile seien auf der Internetseite mannheim.de/gehwegparken abrufbar.
Abgeschlossen ist die Planung in folgenden Stadtbezirken: Friedrichsfeld, Innenstadt/Jungbusch, Lindenhof, Neckarstadt-Ost (teilweise), Neckarstadt-West, Sandhofen, Schönau, Schwetzingerstadt/Oststadt, Seckenheim, Vogelstang, Waldhof-Luzenberg, Waldhof-Ost und Wallstadt. Als Nächstes sollen die Bezirksbeiräte in Feudenheim (5. November), Neuostheim/Neuhermsheim (12. November) und Käfertal (10. Dezember, jeweils ab 19 Uhr) über die jeweiligen Pläne informiert werden. Die Neuordnung des Gehwegparkens auf der Rheinau erfolgt voraussichtlich im ersten Quartal 2026, in Neckarau ebenfalls im Lauf des nächsten Jahres.
Auch bezahlpflichtige Parkplätze gelten als mögliche Lösung
In der Vorlage nennt die Stadt zudem Lösungsansätze, die sie im Masterplan Mobilität formuliert hat: unter anderem Quartiersgaragen, Ausbau des Anwohnerparkens, Parkraummanagement bei Neubauten sowie ein Parkleitsystem mit digitalen Informationskanälen. Auch eine Parkraumbewirtschaftung – also kostenpflichtige Stellplätze – könne Gebiete mit hohem Parkdruck entlasten und die Chancen auf freie Plätze erhöhen. Diese Pläne würden voraussichtlich stufenweise abgearbeitet. Wobei die städtische Finanznot manches verzögern, anderes aber beschleunigen dürfte – etwa das Schaffen kostenpflichtiger Parkplätze an attraktiven Orten, die auch viel auswärtigen Verkehr anziehen.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-gehwegparken-so-viele-parkplaetze-fallen-in-mannheim-weg-_arid,2329549.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim.html
[2] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim/neckarau.html
[3] https://mannheim.de/gehwegparken
[4] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim/rheinau-hochstaett.html
Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Parkplatz-Verluste in Mannheim leider unvermeidlich