Bald fünf Jahre sind seit dem Anschlag auf die Synagoge in Halle vergangen, doch die Bilder sind noch immer sehr präsent. Wie der Angreifer in Tarnkleidung und mit Helm auf dem Kopf vergeblich versucht, die Tür des Gotteshauses zu stürmen, um in den voll besetzten Räumen Blut von Jüdinnen und Juden zu vergießen. Wie er anschließend durch die Straßen läuft und wahllos auf Menschen schießt, eine Frau und einen Mann tötet.
Bilder wie diese, das wurde am Freitag erschreckend deutlich, hätten uns auch aus Heidelberg ereilen können. Auch wenn die Ermittlungsbehörden sagen, dass ein Anschlag nicht unmittelbar bevorstand, so waren die Pläne zweier junger Männer doch schon bedrohlich konkret. Sie wollten in der Synagoge Menschenleben auslöschen und selbst als „Märtyrer“ sterben.
Radikalisierung wird durch soziale Medien beschleunigt
Während in Bonn und Berlin die Feierlichkeiten zu 75 Jahren Grundgesetz in diesen Tagen so richtig anlaufen, zeigt der vereitelte Anschlag einmal mehr, wie schutzbedürftig die freiheitliche Grundordnung doch ist. Extremismus – egal von welcher Seite – und Angriffe auf demokratische Werte finden nicht mehr nur im Auslandsjournal, sondern direkt vor der eigenen Haustüre statt.
Gerade einmal 18 Jahre alt ist der Tatverdächtige aus Weinheim. Radikalisierung im Kinderzimmer? Berichten zufolge passiert genau das immer öfter, die sozialen Medien spielen da eine große Rolle. Regelrechte Radikalisierungs-Influencer soll es geben, die das Denken der jungen Menschen beeinflussen und in extreme Bahnen lenken. Diese Entwicklung ist beunruhigend. Fast noch beunruhigender ist aber, dass in Sachen Aufklärung kaum etwas unternommen wird. Nach Recherchen der Öffentlich-Rechtlichen beraten beispielsweise bundesweit nur drei Experten Lehrkräfte zum Thema Islamismus an Schulen. Bei Rechts- und Linksextremismus sieht es wohl nicht viel besser aus. Da muss dringend nachgebessert werden.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Geplante Bluttat gegen Juden in Heidelberg: Extremismus vor der Haustür
Viel hätte nicht gefehlt, und wir hätten in Heidelberg grauenhafte Bilder erleben müssen wie 2019 in Halle. Der aktuelle Fall zeigt ein bedenkliches Maß an Radikalisierung junger Menschen. Mehr Aufklärungsarbeit ist geboten