Weinheim. In Weinheim ist am Samstag ein 18-jähriger Mann festgenommen worden, dem vorgeworfen wird, gemeinsam mit einen Komplizen einen Anschlag auf eine Synagoge geplant zu haben. Wie die Staatsanwaltschaften Stuttgart und Karlsruhe sowie das Landeskriminalamt Baden-Württemberg gemeinsam mitteilen, nahmen Spezialkräfte den Deutsch-Türken bereits am 18. Mai unverletzt an seiner Wohnanschrift in Weinheim fest.
Messerangriff und Märtyrer-Tod geplant?
Der 18-jährige Deutsch-Türke soll sich gemeinsam mit einem 24-jährigen Türken im April über einen möglichen Messerangriff auf Besucher einer Synagoge in Heidelberg ausgetauscht haben. Als beabsichtigtes Ziel wurde die Tötung von einem oder mehreren Besuchern beim Angriff auf die Synagoge mit einem anschließenden Märtyrer-Tod besprochen, bei dem sich beide Personen von Einsatzkräften erschießen lassen wollten.
Festnahme in Bad Friedrichshall mit Schusswaffengebrauch
Ausgangspunkt der Ermittlungen war ein am 3. Mai vollstreckter Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Stuttgart gegen den 24-jährigen Beschuldigten. Der Beschluss war wegen des Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat erlassen worden. Bei Vollziehung des Beschlusses in Bad Friedrichshall kam es zu einem polizeilichen Schusswaffengebrauch, nachdem der Mann mit Messern gegen die Einsatzkräfte vorgegangen war.
Bei der anschließenden IT-forensischen Auswertung der sichergestellten Beweismittel konnte festgestellt werden, dass der 24-jährige Kontakt mit dem 18-jährigen Weinheimer hatte.
Der Tatverdächtige wurde am 18. Mai dem zuständigen Haft- und Ermittlungsrichter vorgeführt, der in der Folge Haftbefehl erließ. Ihm wird der Tatvorwurf der Verabredung zum Mord vorgeworfen. Bei der Wohnungsdurchsuchung am 18. Mai wurden mehrere IT-Geräte sowie weitere elektronische Beweismittel sichergestellt.
Polizei: keine Hinweise auf Gefährdung von Synagogenbesuchen
Hinweise auf eine unmittelbar bevorstehende Gefährdung von Besuchern der Synagoge ergaben sich nicht. Es seien nach Angaben eines LKA-Sprechers also keine Waffen oder ähnliches gefunden worden. Die weitere Sachbearbeitung erfolgt in Abstimmung mit der Justiz durch das LKA BW in Kooperation mit den Kriminalpolizeidirektionen Heidelberg und Heilbronn der Polizeipräsidien Heilbronn und Mannheim.
Die Jüdische Kultusgemeinde Heidelberg ist am Donnerstag über die Anschlagspläne informiert worden, wie Rabbiner Jona David Pawelczyk-Kissin im Gespräch mit dieser Redaktion berichtet. "Wir müssen uns nun erst einmal sammeln", betont er. Durch die Medienberichte seien die Informationen nun schon zu einigen Gemeindemitgliedern vorgedrungen, was für Verunsicherung sorge. "Unsere Aufgabe ist es nun, zu kommunizieren und Fragen zu beantworten", so der Rabbiner. In Panik verfalle aber niemand.
Die Sicherheitsvorkehrungen in der Jüdischen Kultusgemeinde wurden bereits erhöht
Noch am Freitag soll eine Vorstandssitzung stattfinden, bei der über die weitere Verschärfung der inneren Sicherheitsmaßnahmen in der Jüdischen Kultusgemeinde beraten werden soll. "Wir haben aber bereits Maßnahmen ergriffen und die Sicherheitsvorkehrungen deutlich erhöht", sagt Pawelczyk-Kissin. "Man weiß ja nicht, ob vielleicht noch weitere Personen beteiligt sind." Gleichzeitig sei das Vertrauen in die örtliche Polizei sehr hoch. Bereits in den Wochen nach der Eskalation des Nahost-Konflikts hätten die Beamten vermehrt Präsenz an der Synagoge gezeigt.
Welche konkreten Auswirkungen der geplante Messerangriff auf Besucher der Synagoge auf das Gemeindeleben haben wird, sei noch nicht absehbar, so der Rabbiner. Aus der Bevölkerung habe es bereits erste Solidaritätsbekundungen gegeben. Studierende planen eine Menschenkette, kündigte Pawelczyk-Kissin an.
So äußert sich Weinheims Oberbürgermeister zu der Festnahme in seiner Stadt
Weinheims Oberbürgermeister Manuel Just bedankte sich in einer Stellungnahme bei den Ermittlungsbehörden. "Es zeigt sich, dass die Polizeibehörden die digitale Ermittlungsarbeit in den vergangenen Jahren deutlich verbessert und ausgebaut haben, das ist wichtig und ohne Alternative", sagte er. "Wir sprechen in diesen Tagen aus gegebenem Anlass viel über die Verteidigung unserer Demokratie und das angemessen strenge Vorgehen gegenüber Personen, die unsere Staatsform unterhöhlen wollen. Rassismus und Antisemitismus sind immer auch ein Angriff auf unsere freiheitliche Grundordnung. Deshalb bin ich sehr froh und erleichtert, dass die Politik auch in der Exekutive starke Mitstreiter hat."
Innenminister Thomas Strobl äußert sich
Auch der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU) äußerte sich zu den möglichen Anschlagsplänen:
„Ein Angriff auf jüdisches Leben in Deutschland ist immer auch ein Angriff auf unsere Werte und damit ein Angriff auf uns alle. Die Polizei und das Landesamt für Verfassungsschutz haben den Schutz jüdischen Lebens fest im Blick. Entscheidend ist: Die mörderische Tat gegen jüdisches Leben konnte verhindert werden. So konnten wir frühzeitig einschreiten und eine mögliche Tat verhindern. Der Sachverhalt zeigt auch: Wir lassen hier nicht nach und treten Extremisten und Gewalttätern konsequent entgegen. Wir schützen jüdisches Leben im Land. Schlimm genug freilich, dass in kranken Gehirnen solche Mordpläne gegen jüdisches Leben in unserem Land entstehen.“
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