Interreligiöser Dialog

Muslimische Akademie Heidelberg setzt sich gegen Antisemitismus ein

Ob Jüdisch-Muslimische Kulturtage oder die Arbeit der Muslimischen Akademie: In Heidelberg wird seit Jahren der Austausch über Religionsgrenzen hinweg gefördert. Das erweist sich nun als unbezahlbar

Von 
Michaela Roßner
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© Muslimische Akademie

Heidelberg. Die Terroranschläge der Hamas gegen Israel am 7. Oktober haben Sprengstoff in die Beziehung von Juden, Muslimen und auch Christen gelegt – auf der gesamten Welt. Während im Gazastreifen Krieg geführt wird, gehen in Heidelberg die Bemühungen um Verständnis und Toleranz zwischen den Religionen unvermindert oder sogar noch intensiver weiter. Weithin sichtbar soll das bald auch mit einem Gebäude werden: Eine Jury hat kürzlich bestimmt, welche (Fassaden-) Entwürfe beim Neubau der Muslimischen Akademie zum Zuge kommen sollen.

Es soll eine bundesweit und international einzigartige Einrichtung und ein besonderer Ort der Begegnung werden: In Heidelbergs jüngstem Stadtteil, der Bahnstadt, entsteht die Muslimische Akademie. Wie das Gebäude zwischen Promenade und Langem Anger, gegenüber eines großen Baumarkts und schräg gegenüber eines Einrichtungshauses, einmal aussehen könnte, wird in einem mehrstufigen Verfahren ermittelt.

Muslimischen Akademie als Ort der Bildung und Demokratie

Neben einem Kongressraum sind vier Seminarräume, Übernachtungsmöglichkeiten für 33 Teilnehmer von Seminaren, Kantine und Küche vorgesehen. „Wichtig war uns, dass das Gebäude neugierig machen sollte auf das, was drinnen geschieht“, nennt Yasemin Soylu, Geschäftsführerin der Muslimischen Akademie, die Idee. Ein Café im Erdgeschoss, das den Menschen nicht nur des Stadtteils offen steht, kann man sich ebenfalls vorstellen.

MHD_Muslimische_Akademie_1 © Muslimische Akademie

„Wir bauen keine Moschee, sondern ein Bildungshaus“, betonte die Geschäftsführerin gegenüber dieser Redaktion. Die Akademie hatte den Wettbewerb im Dezember 2022 gemeinsam mit der Stadt Heidelberg und der Internationalen Bauausstellung (IBA) Heidelberg ausgelobt. 130 Planungsteams hatten sich beworben, erste Ideen zu dem Gebäude zu entwickeln. 20 von ihnen wurden ausgelost und zehn weitere Büros direkt eingeladen. 25 Entwürfe wurden eingereicht.

Mitte Juli tagte eine 13-köpfige Jury unter dem Vorsitz der Architektur-Professorin Barbara Holzer und entschied sich für vier gleichrangig bewertete Beiträge. Im November wurden aus den vier Entwürfen drei Siegerentwurf gekürt und gewichtet. „Die Überarbeitung der Entwürfe ist ein großer Schritt hin zur inhaltlichen Erweiterung unserer Akademie“, freut sich Soylu. Der bestbewertete Entwurf von Baurmann-Dürr-Architekten mit BHM Planungsgesellschaft drücke die Haltung und das Programm besonders gut aus, verweist die Geschäftsführerin auf den Siegerentwurf: „Wir freuen uns auf die nächsten Schritte.“

MHD_Muslimische_Akademie_4. © Muslimische Akademie

Eine dezente aber doch prägende Fassade mit hellen Keramikelemente erinnert bei dem Siegerentwurf an die Ornamentik des Orients, die Außentreppe führt zu einem vielseitig nutzbaren Foyer und setzt sich im Inneren des Gebäudes durch.

Yonder Architektur und Design (Stuttgart) mit PEYKER Landschaftsarchitektur Schönaich (Bild links unten), ACME (Berlin/ London) mit SPACEHUB Landschaftsarchitekten London (Bild rechts oben ) und MGF Architekten (Stuttgart) mit Wiedmann + Schweizer Landschaftsarchitektur Stuttgart (Bild links oben) lieferten ebenfalls sehr markante Entwürfe.

Offenheit und Transparenz – darauf wird nicht nur bei der Architektursprache Wert gelegt. Die Akademie führt jährlich mehr als 150 Veranstaltungen durch und hat seit dem Gründungsimpuls im Jahr 2013 eine Strahlkraft weit über die Stadt hinaus entwickelt. Die Arbeit der Muslimischen Akademie wird seit 2013 von den Vereinen Teilseiend und Mosaik Deutschland getragen.

Vier Entwürfe, ein Sieger: Der Entwurf von Baurmann-Dürr Architekten (Karlsruhe) mit BHM Planungsgesellschaft (Bruchsal) steht unten rechts. © Muslimische Akademie

Das rund 850 Quadratmeter große Baugrundstück der Muslimischen Akademie Heidelberg habe „im Sinne eines Eingangstores in die Bahnstadt eine übergeordnete, städtebauliche Bedeutung“, unterstreicht Jürgen Ordszuck, Erster Bürgermeister Heidelbergs: „Wir freuen uns, den Begegnungsangeboten der Muslimischen Akademie in Heidelberg nun eine räumliche Entsprechung zu geben. Dies ist in den heutigen Zeiten wichtiger denn je.“

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Jedes Jahr unterstützt Oberbürgermeister Eckart Würzner Initiativen oder Vereine mit einer Spende aus den persönlichen Verfügungsmitteln. Dass die 1000 Euro im Dezember an die Jüdisch-Muslimischen Kulturtage (JMKT) gingen, ist wohl auch als ein Dankeschön zu verstehen: „Wir können uns in Heidelberg glücklich schätzen, dass durch das jahrelange Engagement im Rahmen des Interreligiösen Dialogs und durch Projekte wie die Jüdisch-Muslimischen Kulturtage vertrauensvolle Beziehungen und Freundschaften zwischen den Gemeinden in Heidelberg gewachsen sind“, begründete Würzner.

Gewachsene Beziehungen

Zusammen statt jeder für sich: 2015 und 2016 waren die Kulturtage als getrennte jüdische und muslimische Festivals gestartet, bevor sich die Veranstalter – neben der Muslimischen Akademie das Kulturhaus Karlstorbahnhof und viele jüdische und muslimische Initiativen – im Jahr 2017 entschlossen, beides zu verbinden.

Sich gegen Antisemitismus und jede Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit zu engagieren, sehe sie als „unsere Pflicht“, sagt auch Imen Ben Temelliste, die bei der Akademie das von der landeseigenen Baden-Württemberg Stiftung geförderte Projekt „Antisemitismuskritische Bildungsarbeit in der (Post-)Migrationsgesellschaft“ leitet. Das Workshop-Angebot hat die Akademie nach dem 7. Oktober noch einmal angepasst.

Redaktion Redakteurin Metropolregion/Heidelberg

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