Parteipolitik

Macht CDU mit? Was Friedrich Merz am Wochenende in Heidelberg beschließen will

Wird Multikulti am Neckar begraben? Der Bundesvorstand der CDU trifft sich ab Freitag zu einer zweitägigen Klausurtagung im Mariott Hotel in Heidelberg. Es geht um neue Grundsätze - und um einen Kampfbegriff

Von 
Stephan Alfter
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Das Mariott Hotel im Jahr 2012: Hier tagt ab Freitag die CDU. © Patrick Stoesser

Heidelberg. In der Sprache der Formel 1 würde man vom Qualifying sprechen: Wenn der Bundesvorstand der CDU am Wochenende im Heidelberger Mariott Hotel zusammentritt, dann geht es darum, für den Bundesparteitag im Mai schon mal die Pole-Position zu belegen. Rund 60 Menschen umfasst die Gruppe, die Freitag und Samstag am Neckarufer über den Entwurf des neuen Grundsatzprogramms berät, das die Christdemokraten in die nächste Regierung bringen und Deutschland an sein christliches Menschenbild erinnern soll.

Erst das vierte Grundsatzprogramm der CDU

Es ist erst das vierte Grundsatzprogramm, dem sich die CDU in ihrer Geschichte verschreiben will - schon allein dieser Umstand beschreibt die Fallhöhe des Treffens unterhalb des Heidelberger Schlosses relativ genau. Verknüpft ist die neue Agenda eng mit dem Namen des aktuellen CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz, der sich am zentralen Begriff des nun zu debattierenden Entwurfs schon mal heftig die Finger verbrannt hat. Es geht um die „deutsche Leitkultur“ - einen Terminus, der nicht mal aus Merz’ eigenem Munde stammt, sondern vom deutsch-syrischen Politologen Bassam Tibi, der Mitte der 90er über eine europäische Leitkultur doziert hatte.

Spott von Kanzler Gerhard Schröder

Wir schreiben das Jahr 2000. Merz war damals wie heute der Überzeugung, dass es im Wesentlichen darum gehe, dass die in Deutschland lebenden Ausländer bereit sind, sich einer deutschen Leitkultur anzuschließen. Kanzler Gerhard Schröder (SPD) spottete auf dem 14. Gewerkschaftstag der damaligen ÖTV am 5. November gegen Merz, dass in Deutschland jeder nach seiner Facon glücklich werden könne.

Merz’ streitbarer CDU-Kollege Heiner Geißler sagte, dass es mit dem Grundgesetz bereits eine Leitkultur gebe, und Horst Seehofer nutzte den Begriff in Bayern, um im Wahlkampf gegen Multikulti zu Felde zu ziehen. Merz selbst wurde zwei Jahre später von Angela Merkel vom Amt des Fraktionsvorsitzenden befreit.

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Nun sieht es mehr als 20 Jahre danach so aus, als könnte der frühere Burschenschaftler mitsamt seiner Leitkultur der nächste Kanzler werden. „Alle, die hier leben wollen, müssen unsere Leitkultur ohne Wenn und Aber anerkennen (...) Nur wer sich zu unserer Leitkultur bekennt, kann sich integrieren und deutscher Staatsbürger werden“, heißt es im Entwurf.

Erledigt die CDU programmatisch den Multikulti-Gedanken also ausgerechnet im so weltoffenen Heidelberg? Historiker könnten später formulieren, dass der Grundstein für eine Merz’sche Kanzlerschaft am Neckar gelegt worden sei. Was die Wissenschaftler dann vielleicht zur Ausschmückung ihrer Arbeiten protokollarisch hinzufügen wollten, wäre etwa ein Speiseplan des Hotels oder die genaue Zimmerbelegung. Nein - diese fast schon boulevardesken Fragen werden weder vom Hotel und auch nicht aus dem Konrad-Adenauer-Haus in Berlin beantwortet.

Merz' Sprecher wortkarg

Armin Peter, persönlicher Sprecher von CDU-Chef Merz, beschränkt sich auf zwei Sätze. Man wolle das neue Grundsatzprogramm beraten und beschließen. Im Mai solle es von den 1001 Delegierten des Bundesparteitags verabschiedet werden. Bisher hat sich nur ein Vertreter des Arbeitnehmerflügels der CDU dafür ausgesprochen, den Leitkultur-Passus zu streichen - ohne Erfolg.

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

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