Kultur

Heidelberger Zimmertheater sucht neue Adresse

Im Januar 1950 ist das Heidelberger Zimmertheater gegründet worden. Nun bangen Publikum und Macher um die Zukunft der fast immer ausgebuchten kleinen Bühne: Der Mietvertrag läuft aus

Von 
Michaela Roßner
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Das Heidelberger Zimmertheater in der Hauptstraße 118 sucht eine neue Adresse. Der Mietvertrag läuft aus. © Philipp Rothe

Heidelberg. Die große Leuchtschrift über der Passage, die Szenenfotos im Durchgang, das sympathische kleine Haus im Hinterhof: Das Heidelberger Zimmertheater ist aus der Hauptstraße 118 eigentlich nicht wegzudenken. Doch nun verliert es seine Heimat, der Mietvertrag läuft im Sommer aus. Nach langer Suche scheint sich nun zumindest vorübergehend eine Lösung anzubahnen: Die Stadt möchte Räume im alten Karlstorbahnhof bereitstellen.

„Das Zimmertheater ist eine wichtige Kulturinstitution in Heidelberg, deren Betrieb die Stadt auch finanziell fördert“, betont ein Sprecher der Stadt auf Nachfrage dieser Redaktion. Die Stadt habe großes Interesse daran, dass das Zimmertheater seine aktuelle Spielstätte weiterbetreiben kann oder - sollte das nötig werden - eine Alternative gefunden wird. „Daher ist Oberbürgermeister Eckart Würzner bereits im Herbst in Austausch mit der Vermieterin getreten, um ein langfristige Lösung zu finden“, heißt es weiter aus dem Rathaus.

Zwischennutzung im alten Karlstorbahnhof

Parallel habe er das Kulturamt gebeten, alternative Räumlichkeiten zu suchen, von denen einige vom Zimmertheater bereits besichtigt und geprüft worden seien. „Derzeit erarbeitet Kulturbürgermeister Wolfgang Erichson ein Raum- und Finanzierungskonzept für die Zwischennutzung im alten Karlstorbahnhof.“ Dabei werde auch eine mögliche Unterbringung des Zimmertheaters als Option geprüft. Die Verwaltung werde das Konzept im Mai dem Gemeinderat zur Entscheidung vorlegen.

„Bitte geben Sie uns noch etwas Zeit: Es stehen in Kürze einige wichtige Entscheidungen an, die wir noch abwarten wollen“, sendet auch der Vorsitzende des Freundeskreises, Michael Schmidt, positive Signale. Finanziert wird das kleine Theater über Einnahmen, Zuschüsse und den Freundeskreis.

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Es geht um die Zukunft einer Heidelberger Institution: Das Zimmertheater wurde am 8. Januar 1950 gegründet. Es ist nahezu immer ausverkauft, seit 2008 liegt die Auslastung bei traumhaften 98 Prozent. Dass die Räume nicht mehr lange zur Verfügung stehen, ist den Verantwortlichen seit Monaten bewusst: Schon vor zehn Jahren gab es erste Sorgen um einen Fortbestand am gleichen Ort. Die Eigentümerin verlängerte den Mietvertrag trotz anderer Pläne noch zwei Mal für jeweils fünf Jahre. Doch nun möchte sie endgültig einen Strich ziehen.

Endet eine Ära?

Das sei wohl auch nichts zu machen, es sei schließlich ihr Eigentum, betont Intendant Joosten Mindrup im Gespräch mit dieser Redaktion. Dennoch bezeichnet er die Angelegenheit als „Trauerspiel“, denn der Auszugstermin rücke näher, ohne dass es eine neue Adresse oder wenigstens einen Zeitplan für die Räumung gebe. Eventuell sei ja eine Verlängerung um ein paar Monate möglich. Doch wie viel Zeit muss für die vorgesehenen Rückbauten eingeplant werden? Nun sei schon bald Ostern.

Mindrup erholt sich aktuell von einer Krankheit und bedauert sehr, sich nicht vor Ort einbringen zu können. Stattdessen gebe es diesen „Schwebezustand“, und eine neue Inszenierung zu planen und zu besetzen, sei unter diesen ungeklärten Umständen problematisch. Sein Vertrag läuft bis Sommer 2026. Doch: „Vieles spricht dafür, dass das Zimmertheater nicht mehr lange in der Hauptstraße zu finden ist.“

"Kleintod" für das Theater

Als der Berliner Mindrup 2021 die Nachfolge von Ute Richter antrat, hatte er sich bereits „schwer verliebt“ in das knapp 100 Plätze fassende Theater, das er als „Kleinod“ bezeichnet. „Ich ahnte nichts Böses, als ich die erste Regie machte“, erinnert er sich. Doch dann kam Corona. Das kleine Haus, in dem die Zuschauer so nahe an den Schauspielern sind, überlebte. Und dann die Sorgen um das Auslaufen des Mietvertrags.

Das Zimmertheater hat an 300 Tagen im Jahr Spielbetrieb. Aktuell ist die Wiederaufnahme von Florian Zellers brillanter Komödie „Die Lüge“ in Christian Schulz‘ Erfolgsinszenierung. 2018 war das Stück 180 Mal gespielt worden. Ein Paar zerbricht beinahe am Versprechen, immer aufrichtig gegenüber dem Partner zu sein. „Ich glaube, dass man dieses Theater schwer verpflanzen kann“, ist Intendant Mindrup skeptisch: „So traurig das wäre - vielleicht geht tatsächlich eine Ära zu Ende.“

Redaktion Redakteurin Metropolregion/Heidelberg

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