Heidelberg. Die traditionell cremeweißen Taxis in Heidelberg haben längst Konkurrenz bekommen: Anbieter wie Uber nehmen ihnen Kunden weg - auch, weil sie sie deutlich günstiger von A nach B fahren. In Heidelberg soll ihr Expansionsdrang mit Mindestentgelten abgebremst werden: Ab 1. April 2024 soll eine neue Allgemeinverfügung greifen, die diesen Anbietern die Preise vorgibt.
„Wir schreiben auch Taxis und dem öffentlichen Personennahverkehr vor, wie sie ihre Preise zu gestalten haben“, begründete Grünen-Stadtrat Felix Grädler den Antrag im Haupt- und Finanzausschuss. Als Vorbild „soll die Verwaltungsrichtlinie zur Festsetzung von Mindestbeförderungsentgelten im gebündelten Bedarfsverkehr und im Gelegenheitsverkehr mit Mietwagen in der Stadt Leipzig genutzt werden“, schlägt die grüne Fraktion vor. Die vorgeschriebenen Fahrpreise sollten sich auf dem Niveau von ÖPNV-Tickets bewegen.
Andere Steuersätze
- Der Taxipreis pro Kilometer wird von den Kommunen festgelegt.
- Bei Plattform-Diensten wie Uber oder Bolt ist das bisher nicht so: Sie können ihre Fahrpreise frei ansetzen und machen das in der Regel auf der Basis von Nachfrage und Angebot.
- Sie dürfen keine Passagiere auflesen, sondern nur sie auf Anforderung (über eine App) einsteigen lassen.
- Die Plattform-Anbieter haben keine eigene Flotte und zahlen mehr Umsatzsteuer.
Kurzfristig soll zudem überprüft werden, ob die Umsätze der Mietwagen überhaupt ausreichen, um Mindestlöhne zu zahlen. Die Stadt wollte ursprünglich zuerst von Gutachtern prüfen lassen, ob ein solches Mindestentgelt überhaupt zulässig ist. Das soll nun nach Wunsch der Mehrheit der Ausschussmitglieder parallel erfolgen. „Ein Gutachten im laufenden Betrieb“ betrachte Oberbürgermeister Eckart Würzner eher mit Skepsis. Und auch Klaus Mevius, Leiter der städtischen Rechtsabteilung, formulierte deutliche „Bauchschmerzen“ bei einem solchen Vorgehen. Doch Fraktionschef Derek Cofie-Nunoo (Grüne) betonte, wenn es jetzt nicht schnell eine Regelung gebe, schaffe man damit „Fakten auf dem Markt“. Und: Umso länger man warte, desto schwieriger werde es, an dieser Stelle einzugreifen. Das letzte Wort hat in dieser Sache nun der Gemeinderat in seiner nächsten öffentlichen Sitzung am 15. November. Würzner will das Thema auch in das Städtetags-Präsidium tragen.
Taxis werden wie Busse und Bahnen als Teil des öffentlichen Personennahverkehrs behandelt. Anbieter unterliegen den Gesetzen der Personenbeförderung. Gleichzeitig steht die Stadt in der Verpflichtung, das Taxigewerbe funktionsfähig zu halten. Dem stehen die international agierenden privaten Konzerne wie das in San Francisco gegründete Uber gegenüber. Es bewertet Versuche, die Entgelte anzugleichen, als Eingriff in die Berufsfreiheit.
Michael Käflein ist Vorstand der Heidelberger Taxizentrale. Unter diesem Dach fahren viele Kleinunternehmer Kunden durch die Stadt und die Region, die einen Vertrag mit der Heidelberger Taxizentrale haben. Ihre Aufträge bekommen die Fahrer meist über die Zentrale, monatlich zahlen sie dafür eine bestimmte Gebühr. In Nord- und Südamerika sei der Markt für traditionelle Taxis bereits zusammengebrochen, auch in Berlin habe das Auftauchen von Uber und Co. für einen deutlichen Einbruch des Fahrgeschäfts bei den Taxis gesorgt, warnt Käflein. Für ihn ist klar: Uber und Co. wollen sich vor allem für die Zukunft im stark wachsenden Mobilitätsmarkt positionieren.
Anhebung der Taxi-Gebüren in Heidelberg
Zuletzt ist das Fahrentgelt der Heidelberger Taxianbieter vom Gemeinderat im Juli 2022 angehoben worden. Käflein bestätigt, dass eine Anfahrt nun mit 3,50 Euro, die ersten beiden Kilometer mit 3,30 Euro und jeder weitere Kilometer mit 2,20 Euro berechnet werden. Zum Vergleich: In Mannheim beträgt die Grundgebühr 3,90 Euro, die ersten beiden Kilometer jeweils 3,20 Euro und jeder weitere Kilometer zwei Euro. Preise, wie Uber sie anbietet, seien bei Zahlung des Mindestlohns nicht zu schaffen, kritisieren Branchenbeobachter. Drei Optionen gibt es: „UberX“, „Uber Green“ und „Uber Taxi“. Mit „UberX“ vermittelt das Unternehmen Fahrten an lokale Mietwagenunternehmen. Bei „Uber Green“ stehen umweltfreundliche Fahrzeuge zur Buchung bereit. „Uber Taxi“ vermittelt zu klassischen Taxis. Die App bietet zudem eine Zweirad-Funktion, denn man kann auch die E-Scooter von „Lime“ nutzen. Lokale, lizenzierte Mietwagen- und Taxiunternehmen führen die Beförderungsleistung durch: Uber und Kollegen pflegen in der Regel keine eigene Flotte.
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Ein vor zwei Jahren geändertes Bundesgesetz mache eine solche Allgemeinverfügung möglich. Leipzig und Lörrach sollen bereits Vorstöße gemacht haben, zumindest zu Leipzig wird über juristische Anfechtungen berichtet. Der Heidelberger Taximarkt ist ohnehin seit längerem unter Druck. So hat die Stadt im Herbst 2020 das Ergebnis einer Studie vorgestellt, wonach 2018 ein Taxi auf 990 Einwohner kommt - was aus Sicht der Gutachter deutlich zu viel sei. Ab einem Verhältnis von einem Taxi zu 1000 Einwohnern spricht das Gutachten von einer Bedrohung des Taxigewerbes, im landesweiten Durchschnitt rollte 2018 ein Taxi pro 2334 Einwohner auf den Straßen. Dem Vorschlag, die Lizenzen herunterzufahren, wollte der Gemeinderat aber mit Blick auf die wachsende Stadt und neue Stadtteile wie Patrick-Henry-Village nicht folgen. 132 Taxibetriebe mit 162 Taxis gab es zu diesem Zeitpunkt. Seit den 1970er-Jahren hatte es keine zusätzlichen Lizenzen gegeben - mit Ausnahme weniger spezieller, rollstuhlgerechter Taxis. Allerdings sind Veränderungen durch die Corona-Pandemie nicht widergespiegelt.
Markt schon lange unter Druck
Nun soll ein weiteres Gutachten, für das 37 000 Euro veranschlagt werden, ein aktuelles Bild der Situation des Taxigewerbes liefern. Allerdings ist auch das Gutachten aus 2020 noch juristisch in der Prüfung: „Das Gutachten war im Rahmen eines Antrages auf Neukonzession zwischenzeitlich auch Gegenstand eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe“, heißt es in der Beschlussvorlage vom 11. Oktober. „Im Ergebnis wurde das Gutachten nicht bestätigt, was quasi die Freigabe des Heidelberger Taximarktes zur Folge gehabt hätte. Die Berufung der Stadt Heidelberg gegen dieses Urteil wurde zugelassen. Ein Termin für eine mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg gibt es noch nicht“, fasst die Stadtverwaltung weiter den Sachstand zusammen.
Das neue Gutachten soll nun von einem anderen Anbieter bestellt werden: „Line und Krause“ sollen zudem Aufträge der beiden Städte Mannheim und Ludwigshafen bekommen, um den Taximarkt in den Großstädten des Rhein-Neckar-Raums bewerten zu können.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Sollten Städte private Unternehmen wie Uber reglementieren?