Heidelberg. Seit einigen Monaten steht das große, terrassenförmige Verlagsgebäude von Springer Nature im Neuenheimer Feld leer - die Mitarbeiter sind an den neuen Standort am Europaplatz umgezogen. Jetzt wird es kulinarisch: Im Frühjahr verwandelt sich das Erdgeschoss der leerstehenden Immobilie in ein Restaurant auf Zeit. Für das Fünf-Gänge-Menü von „Stories VI“ hat die Bliss-Gruppe um Sven und Jens Schmidt den Zwei-Sterne-Koch Hendrik Otto aus Berlin engagiert. Er war zuletzt für die Küche des berühmten Hotels Adlon verantwortlich. Passend zur Entstehungszeit des Gebäudes ist das Programm „Goodtimes“ von der Opulenz der 1970er Jahre inspiriert. An 37 Abenden zwischen dem 6. Februar und dem 30. April kann man dabei sein.
Dem achteckigen Castel del Monte in Apulien nachempfunden, wurde in dem sechseckigen Gebäude nicht nur viel gearbeitet, sondern auch viel gefeiert, erzählt Unternehmenssprecherin Uschi Kidane. Die früheren Chefs um Konrad Springer holten nicht nur Konzerte ins Haus, sondern vom befreundeten Maler Andy Warhol auch Originale, die im Chefbüro hingen.
Gebäude ist ein „Kind der 1970er-Jahre“
„Das Haus ist ein Kind der 1970er, und das sieht und spürt man schon im Foyer“, erklärt Glatz, der mit seiner Designagentur glatz&glatz erneut für das Konzept des Pop-Ups verantwortlich zeichnet. Eröffnet wurde das Haus zwar 1982, doch mit seinem offenen, gläsernen Foyer und der Wabenform erzählt es von Hot Pants, Flokatiteppich und „Oh wie schön ist Panama“ von Janosch.
Die 1970er-Jahre: Im Fernsehen läuft „Dalli Dalli“, Abba und Boney M. liefern die Musik und im Kino wird „Harold and Maude“ gezeigt. Es ist eine bunte Zeit, aus der Glatz schöpfen und die er zugleich aktuell interpretieren möchte.
Öffnungszeiten Pop-Up-Restaurant
- Vom 6. Februar bis 30. April 2025 gibt es an 37 Terminen im leerstehenden, ehemaligen Verlagsgebäude der Springer Nature Group (Tiergartenstraße 17, Heidelberg) das Pop-up-Restaurant „Stories VI“).
- Geöffnet ist das temporäre Restaurant von Mittwoch bis Samstag ab 19 Uhr. Im Menüpreis von 165 Euro (mittwochs und donnerstags) und 185 Euro (freitags und samstags) ist eine alkoholische und nichtalkoholische Getränkebegleitung inbegriffen.
- Betreiber ist die Bliss Group; Geschäftsführer Daniel Marquardt, Sven Günther, Swen Schmidt und Jens Schmidt. (info@stories-popup-kitchen.de). miro
„Bei uns steht das Kulinarische im Mittelpunkt“, grenzt Innenarchitekt Wolfram Glatz das Konzept von anderen ab, die mehr Show bieten, „die Inszenierung ist bei uns Beiwerk.“ Diesmal mussten er und die Bliss-Gruppe nicht nach einer geeigneten, leerstehenden Immobilie suchen: Der neue Eigentümer Hans-Jörg Kraus sei auf die „Stories“-Macher zugekommen. „Er war im Frühjahr bei uns in der Metropolink-Galerie und war begeistert“, erzählt Sven Schmidt. Und nicht nur das: Der Eigentümer habe die Räume sogar mietfrei zur Verfügung gestellt. Später sollen Wohnungen entstehen.
Das Konzept der Pop-Up-Restaurants
Ein Pop-Up-Restaurant ist ein junges Gastro-Konzept, das mit ungewöhnlichen Konzepten und kreativen Details an außergewöhnlichen Orten zeitlich befristet seine Gäste verwöhnt. Eines der berühmtesten Pop-Up-Restaurants ist das Ikarus im „Hangar 7“ in Salzburg. Dort geben sich seit 2003 jeweils im Frühjahr Weltgrößen der Koch-Elite monatlich die Klinke in die Hand. Die Heidelberger Bliss Group blättert mit „Goodtimes“ nun ihr sechstes Pop-Up-Kapitel auf. Im Palais Prinz Carl startete das Gastro-Konzept 2018. Ein Jahr später eröffneten Schmidt und seine Partner im ehemaligen „Toys R Us“ am Czernyring und servierten ein verspieltes Menü, bei dem unter anderem essbare Legosteine überraschten. Nach dem Bahnbetriebswerk und der „Halle 02“ gab es zuletzt in der Metropolink-Gallery ein Interims-Restaurant, das 5000 Gäste besuchten.
Der 50-jährige Spitzenkoch Otto freut sich sehr auf die Arbeit im schönen Heidelberg, erzählt er. Wie häufig er tatsächlich hier sein wird, hänge davon ab, wie gut sein Küchenchef Daniel das Menü nachkocht: „Wenn es sehr gut läuft, werde ich seltener hier sein“, sagt Otto mit Augenzwinkern. Für ihn stehen die 1970er- und 1980er-Jahre vor allem für die klassischen Koch-Künstler à la Paul Bocuse und Eckart Witzigmann. Neben Discokugel und Römertopf fällt einem sofort das „Toast Hawaii“ ein, das Otto tatsächlich als knuspriges Amuse-Gueule in sein Menü eingebaut hat. Perlhuhn, eine Hummerschaumcrème, Dim Sums und Petit Fours als süßes Finale erwarten die Gäste ebenfalls.
Im „Lorenz Adlon“erkochte Otto zwei Michelin-Sterne. Acht Jahre lang verwöhnte der gebürtige Wolfener, der nach seiner Ausbildung in einem Familienbetrieb in Freudenstadt zu Michael Hoffmann ins „Haerlin“ im „Hotel Vierjahreszeiten“ Hamburg ging und weitere Stationen in „Brenners Park Hotel“ in Baden-Baden und in der Schwarzwaldstube im Hotel „Traube Tonbach“ Baiersbronn hatte, im „Adlon“ unter anderem die Queen und andere hochrangige Gäste.
Ein bisschen James Bond: Unterschiedliche Welten
Während der Pandemie entwickelte Otto sein Konzept „Sterne im Glas“: Gourmetgerichte per Post. 2012 feierte ihn das Magazin „Gusto“ als „Koch des Jahres“. Während Otto sein Menü weitgehend durchkomponiert hat und nur noch an Feinheiten feilt, geht für Glatz die Arbeit mit der Übernahme der Räume in dieser Woche erst richtig los.
Wie zuletzt im ehemaligen amerikanischen Supermarkt sollen sich die Gäste auch hier zwischen verschiedenen „Welten“ bewegen. „Es wird sehr bunt, aber auch schwarz“, verspricht er. Ein bisschen James Bond. Und so werden die Gäste ihren Aperitif an einem „Pool“ einnehmen, bevor es in den nächsten Raum geht.
Von der alten Kantine, die in den 2000er Jahren renoviert wurde und einen Teppichboden im Holzdielenmuster hat, wird im Februar wohl nichts mehr zu sehen sein.
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