Heidelberg. Von der Schriftstellerin Susanne Abel („Stay away from Gretchen“), die in der Plöck Stammgast im „Marmorkuchen und Kakao“ war, bis zu Carl Zuckmayer, der 1919/1920 in Heidelberg Philosophie studierte: 234 Personen stehen aktuell in der Liste der Autoren in der neuen „Digitalen Literaturkarte“. Die Unesco-Literaturstadt Heidelberg übernimmt eine Pionierfunktion im Land: Die Einträge zu Heidelberg sind nun als erste freigeschaltet. Nun ist das neue Portal im Heidelberger Schloss präsentiert worden. Literaturfans zum Beispiel in Mannheim müssen sich noch etwas gedulden, bis sich auch das literarische Schaffen in der Quadratestadt vor ihnen aufblättert.
Die Digitale Literaturkarte ist nicht nur ein Schatz für Historiker und Literaturwissenschaftler. Denn es werden Lebensstationen von Autorinnen und Autoren genauso aufgezeigt wie Entstehungsorte literarischer Werke, Schauplätze der Literatur sowie Orte oder Plätze, die Personen und Werke in unserer Lebenswelt präsent halten. Literaturmuseen, Denkmäler, Gedenktafeln, Schul- und Straßennamen, werden mit ihren Geodaten erfasst.
Reise durch das literarische Heidelberg
Per Mausklick auf die eingezeichneten Symbole in der Karte kann man am Bildschirm eine Reise durch das literarische Heidelberg machen. Und erfährt, dass etwa Erica Jong zwei Einträge besitzt: Von 1966 bis 1969 lebte die Schriftstellerin im Mark-Twain-Village, wo ihr Mann Allan Jong, ein Facharzt für Kinderpsychiatrie, seinen Militärdienst ableistete. Ihre Eindrücke vom Aufenthalt in Heidelberg verarbeitete Erica Jong später in „Angst vorm Fliegen“,. der Roman erschien 1973 und wurde mehr als 30 Millionen Mal verkauft. Der zweite Eintrag gehört zur Thingstätte, die sie bald als „Nazi-Amphitheater“ beschrieb.
Die Daten und Texte werden durch Bilder, Audiodokumente und Filme angereichert. Es kann gezielt nach bestimmten Autorinnen und Autoren, Orten, Regionen und Zeiträumen gesucht werden. Die Digitale Literaturkarte wird von der Arbeitsstelle für literarische Museen, Archive und Gedenkstätten in Baden-Württemberg (alim) am Deutschen Literaturarchiv Marbach betreut. Die Idee: Kulturell interessierte und engagierte Personen und Institutionen unterstützen die Sammlung und Aufarbeitung der riesigen Datenmenge, erklärt Projektleiter Thomas Schmidt vom Literaturarchiv in Marbach, der die Karte in Heidelberg mit Staatssekretärs Arne Braun vom Wissenschaftsministerium und Bürgermeister Raoul Schmidt-Lamontain vorstellte.
"Der Untergang von Heidelberg" - nur wenige Klicks entfernt
Im Heidelberger Rathaus hat Stefan Kaumkötter vom Kulturamt das Projekt betreut. Er durfte sich auf die Unterstützung und Vorarbeit von Michael Buselmeier und Hans-Martin Mumm verlassen. Schriftsteller Buselmeier, der neun Einträge auf der Digitalen Literaturkarte besitzt, hat viel über Heidelberg publiziert und besitzt als Chronist ein immenses Wissen über das literarische Leben der Stadt.
Klickt man das Symbol einer Feder an, wird man zu „Der Untergang von Heidelberg“ geleitet. Der Roman Buselmeiers erschien 1981 und widmet sich dem ersten Studentenwohnheim in Selbstverwaltung, dem Collegium Academicum, und seiner Auflösung. Der frühere Kulturamtsleiter und intime Kenner der Literaturgeschichte Mumm hat keinen eigenen Eintrag, brachte sich aber mit viel Wissen ein.
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