Müll ist nicht nur Müll, sondern auch voller Wertstoffe – das ist bekannt. Und dass aus der Müllverbrennung Energie gewonnen werden kann, zeigt sich unter anderem auf der Friesenheimer Insel in Mannheim. Die dort erzeugte Fernwärme wiederum wird bis in Haushalte in Heidelberg geliefert. Auch bei der Kompostproduktion arbeiten die beiden Städte bereits zusammen. In der Abfallentsorgungsanlage Wieblingen wird aus organischen Abfällen wertvolle Erde gemacht. Nun soll eine neue umweltfreundliche Anlage hinzukommen: eine Vergärungsanlage, die dem Kompostwerk vorgeschaltet wird. Dann wird aus Biomüll auch Energie in Form von Gas gezogen. Anfang 2024 wollen die beiden Städte dafür einen Zweckverband gründen. Der Bau der Anlage muss europaweit ausgeschrieben werden.
Kooperation bei der Abfallwirtschaft zwischen Mannheim und Heidelberg bewährt
Auf seiner Sommertour besuchte der Heidelberger Umwelt- und Klimaschutzbürgermeister Raoul Schmidt-Lamontain jüngst die Abfallentsorgungsanlage in Wieblingen. Dort empfingen ihn Sylvia Hafner, die Leiterin der Abfallwirtschaft, und ihr Kollege Ulrich Ringer. Rund 48 000 Quadratmeter ist das Areal groß, das Arbeitsplatz von 30 Menschen ist. Neben dem Bioabfallkompostwerk sind hier der Recyclinghof Wieblingen und die Umladehalle für den Heidelberger Abfall untergebracht. Seit 1987 werden in eigenen braunen Mülltonnen die Bioabfälle im Stadtgebiet eingesammelt.
Biomüll
- Im Kompostwerk Wieblingen können am Tag bis zu 140 Tonnen Bioabfall verarbeitet werden – 35 000 Tonnen im Jahr.
- 1954 gab es eine erste Kompostierungs-Versuchsanlage, 1974 ging das Kompostwerk in Wieblingen in Betrieb. Seit 1996 ist das Werk gekapselt, 2002 kam eine zusätzliche Abluftreinigungsanlage hinzu.
- Auf dem Dach der Rottehalle wird Sonnenenergie eingefangen: bis zu 582 000 Kilowattstunden Strom pro Jahr.
Seit mehr als 30 Jahren wird der Bioabfall in der Stadt Heidelberg getrennt gesammelt und in Wieblingen kompostiert. Die Städte Heidelberg und Mannheim arbeiten seit mehreren Jahren in der Abfallwirtschaft zusammen. Der Rest- und Sperrmüll wird aufgrund eines Vertrages durch die MVV Umwelt GmbH verwertet. Nicht recyclingfähige Restabfälle werden auf einer Deponie der Stadt Mannheim abgelagert. Dies erspart der Stadt Heidelberg die Vorhaltung einer eigenen Reststoffdeponie.
Heidelberg hat in diesem Team dafür die Aufgabe der Kompostierung der organischen Abfälle übernommen und 1996 ein modernes Bioabfallkompostwerk in der Abfallentsorgungsanlage Wieblingen gebaut“, erklärt Schmidt-Lamontain. Bis zu 35 000 Tonnen Bioabfall können derzeit pro Jahr in Wieblingen verarbeitet werden. Die Abfall-Kooperation der Städte habe sich insgesamt bewährt – und so soll nun gemeinsam eine zusätzliche Biogasanlage gebaut werden.
Die Vergärungsanlage wird der eigentlichen Kompostierung vorgeschaltet werden. So wird Biogas gewonnen. Weiterer Vorteil: Die auf diese Weise entwässerten Bioabfälle benötigen weniger Zeit, um sich in Kompost zu verwandeln. Bisher nimmt dieser Prozess etwa zehn Wochen in Anspruch. Rund 80 Prozent des Komposts wird direkt an die Landwirtschaft verkauft. Aus dem übrigen Fünftel entsteht in Zusammenarbeit mit einer Firma seit zwanzig Jahren torf-arme Blumenerde, die bei den Recyclinghöfen verkauft wird. Aus Mannheim kommen schon jetzt jährlich etwa 12 000 Tonnen Biomüll nach Wieblingen, in Heidelberg liefern die Biotonnen nach Angaben der Stadt rund 10 000 Tonnen. Bis aus Bioabfällen hochwertige „Kurpfälzer Erden“ werden, sind indes viele Schritte notwendig. Das Material wird gesiebt und in der geschlossenen Rottehalle bei bis zu 70 Grad behandelt.
„Die Sortenreinheit der Bioabfälle der Heidelberger Haushalte ist im Verhältnis sehr gut“, weiß Hafner: „Fehlwürfe sind daher umso gravierender für die Kompostierungsprozesse. Um einen hochwertigen Kompost herzustellen, müssen die Bioabfalltonnen frei von Fremdstoffen jeglicher Art sein.“ Sind zu viele solcher Fremdstoffe in einer Fuhre, muss das Material zur Müllverbrennung nach Mannheim gebracht werden. Das ist teuer und deutlich ungünstiger für die Ökobilanz als die Kompostierung.
"Biologisch abbaubare" Müllbeutel unerwünscht
Insbesondere Kunststoffe – ganz besonders die als „biologisch abbaubar“ angebotenen Müllbeutel – sowie Kaffeekapseln und Geschirrteile verrotten gar nicht oder nur sehr schlecht. „Diese werden, ebenso wie herkömmliche Kunststoffe, in der Vorsortierung zusammen mit den anderen Störstoffen maschinell aussortiert“, ergänzt Hafner.
Der Rhein-Neckar-Kreis setzt übrigens seit genau vier Jahren auf Biogas aus Biomüll: Im September 2019 ging in Sinsheim eine 45 Millionen Euro teure Anlage in Betrieb, die nach Angaben der AVR bis zu 60 000 Tonnen pro Jahr Kompost und in 40 Millionen Kilowattstunden Energie verwandelt. Kompost gibt es dort laut Eintrag auf der Internetseite der Anlage aktuell nicht, er soll aber wieder ins Angebot aufgenommen werden.
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