Heidelberg. „2035 sind wir Babyboomer in den 70ern. Bis dahin will ich mein Auto auf jeden Fall loswerden. Aber wie komme ich ohne zum Arzt und zum Einkaufen?“ steht auf einem Zettel geschrieben. Wohnen, Mobilität und soziales Miteinander – das sind drei Themenkomplexe, die bei der „Reise ins Jahr 2035“ besonders häufig angesprochen werden.
Die Stadt hatte zu der Veranstaltung am Donnerstag in den Karlstorbahnhof geladen und rund 400 Menschen kamen zu dieser Bürgerbeteiligung im Zusammenhang mit dem „Stadtentwicklungskonzept (STEK) 2035“.
Zufrieden mit dem Veranstaltungsformat
Eine große lange Wand wartet darauf, mit Fragen und Ideen für das Leben in der Stadt in den nächsten Jahrzehnten gefüllt zu werden. Gut drei Stunden lang sammeln rund zwei Dutzend städtische Mitarbeiter an Ständen im großen Saal verteilt Fragen der Besucher an die Zukunft. „Es sind viele Familien mit Kindern da“, ist Gabriela Bloem, Leiterin des Amts für Stadtentwicklung und Statistik und verantwortlich für den Ablauf, sehr zufrieden mit der Resonanz und den Rückmeldungen.
Simon Wassenhoven von der Koordinierungsstelle Bürgerbeteiligung glaubt, dass das Veranstaltungsformat jedenfalls Zukunft hat: Statt eines starren Programms können die Bürger zu unterschiedlichen Zeiten kommen. Angebote wie Kinderbetreuung, Gebärdendolmetscher und die Möglichkeit, beliebig zwischen 16 und 19 Uhr vorbeizuschauen, machten es auch Bevölkerungsgruppen möglich, teilzunehmen, die es sonst eventuell nicht schaffen würden.
Kritische Punkte gesucht
„Wir suchen nach den kritischen Punkten“, erklärt Bloem. Die Ressourcen wie die bebaubare Fläche sind nicht mehr endlos verfügbar. Weiterer Wachstum oder Erhalt von Freiflächen? Entwicklungslinien können auch zu Grenzen werden. Ein junger Polizeibeamter, in Heidelberg aufgewachsen, habe erzählt, dass er gerne in die Stadt zurückkommen wolle, nun selbst Familienvater. Aber wird er Wohnraum finden, der dem Haus der Eltern entspricht?
Viele Herausforderungen
- Das Stadtentwicklungskonzept (STEK) versteht sich laut Stadt als „Wegweiser für eine nachhaltige Entwicklung Heidelbergs bis zum Jahr 2035“.
- Der Gemeinderat hat das STEK am 7. Mai 2020 beschlossen.
- Wegen der Corona-Krise verlängerte sich der Prozess. Ab Herbst soll in Phase zwei ein Zielkatalog erarbeitet werden.
- Im STEK werden mit den Bürgern die Ziele der Stadtentwicklung erarbeitet und deren Umsetzung angestoßen.
- Die gesamtstädtischen Antworten sollen nachhaltig ausfallen.
- Die Rahmenbedingungen haben sich aber stark verändert: Klimawandel, knapper werdende Flächen, eine immer diverser werdende Gesellschaft, Finanz- und Coronakrise, aber auch der Krieg in der Ukraine haben einen Einfluss auf das gesellschaftliche Zusammenleben.
- Auf all diese Herausforderungen werden Antworten gesucht.
- Weitere Infos unter https://bit.ly/3M6S12N
Auch Zoodirektor Klaus Wünnemann schlendert an den Themenwänden entlang und heftet Wünsche und Fragen an. Ob es den Heidelberger Zoo im Jahr 2035 noch geben wird? „Natürlich“, antwort er. Denn es sei der perfekte Ort, um Themen wie Ökologie, Biodiversität oder Ernährung zu vermitteln – vermittelt über Emotionen, die die Tiere auslösen. Allerdings könne die Gesellschaft angesichts der drohenden Herausforderungen auch nicht warten, bis unsere Kinder die Welt verbessern: „Wir müssen das jetzt angehen“, mahnt Wünnemann.
Das sind die Wünsche für 2035
Die Bürgerbeteiligung zum neuen Stadtentwicklungskonzept 2035 (STEK 2035) startete Anfang 2023. In fünf Workshops mit Interessenvertretungen aus der Zivilgesellschaft, einem Beteiligungsformat mit zufällig ausgewählten Bürgerinnen und Bürgern und in einer großen öffentlichen Veranstaltung werden bis Ende März 2023 Herausforderungen und Zukunftsfragen der Heidelberger Stadtentwicklung erarbeitet und diskutiert.
Drei Stunden später ist die Wand voll: „stadtweit eine 30er-Zone einrichten“, steht da. „Trinkstationen aufstellen“ und – in mehreren Varianten – „günstigen Wohnraum schaffen“. „2035 lebe ich in einem Mehrgenerationenhaus“ liest man an anderer Stelle. Kinder toben durch den Saal, bevor sie wieder raus ins Foyer gehen, wo eine Puppenküche aufgebaut ist – oder nach draußen. Dort wartet die Hüpfburg.
Selbst gebaute Traumhäuser
Der achtjährige Mattis jedenfalls weiß schon sehr genau, wie er 2035 leben möchte: Völlig in seine Arbeit am Lego-Tisch vertieft, prüft er immer wieder den Prototyp seines Traumhauses, bevor er weitere Anbauten vornimmt. Auf vier Rädern ist eine Plattform gesteckt, auf der ein baumartiges Gebilde konstruiert ist. „Damit kann man Sachen ins Haus holen“, zeigt er auf eine Art Flaschenzug. Auch eine Art Nest ist zu sehen – von hier aus hat man bestimmt einen tollen Rundumblick. Und warum steht das Haus auf vier Rädern? Dann kann ich es überall hinbringen, wo ich möchte, beschreibt der Junge.
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