Heidelberg. „Ich verstehe die Welt nicht mehr“, sagt Vincenzo Petracca, Pfarrer der Evangelischen Citykirche Heidelbergs. Sein geplanter Popmusik-Gottesdienst am 12. Mai, der sich der US-Sängerin Taylor Swift widmet, hat nicht nur Hunderte von Fans angezogen – sondern auch bundesweit vielfaches Medienecho erzeugt. In Bockenheim und Ludwigshafen indes hat man für die Wahl eines eher zeitgenössischen Mottos indes nicht nur positiven Zuspruch erhalten. Doch die „Harry Potter“-Gottesdienste sollen hier auch in Zukunft angeboten werden.
Taylor Swift Giottesdienst in Heidelberg: Platzkarten-System stammt aus der Corona-Zeit
Ein elektronisches Platzkarten-Reservierungsprogramm, ein kurzfristig angesetzter Wiederholungstermin am selben Tag und rege Interviewanfragen: Fast könnte man meinen, US-Popstar Taylor Swift habe sich persönlich Mitte Mai in der berühmten Heidelberger Altstadtkirche angesagt. Statt dessen wird es „nur“ einen Gottesdienst mit live gesungenen Liedern und Texte geben, in die das Leben und die Person der vielfachen Grammy-Gewinnerin eingebunden werden. So richtig kann Pfarrer Petracca noch nicht fassen, was sich da an Interesse aufgebaut hat.
Dabei sei es schon der zehnte Termin in dieser Reihe seit 2015. Die Beatles waren schon Thema, Madonna und Queen. Eine Resonanz wie Swift habe bisher keine Veranstaltung erhalten. Den Impuls, auf Taylor Swift zu schauen und statt dessen die eigentlich geplante Lady Gaga auf einen späteren Termin zu schieben, spürten Petracca und Kirchenmusikerin Tine Wiechmann, die die Songs live singen wird, mit Blick auf die gigantischen Fanzahlen. 280 Millionen Menschen folgen Swift allein auf Instagram. „Sie ist aktuell die wirkmächtigste Popmusikerin auf dem Planeten“. Der Pfarrer traut dem Star sogar zu, die US-Wahlen beeinflussen zu können.
Pfarrer setzt sich für Taylor Swift Gottesdienst intensiv mit Texten auseinander
Geboren im „Bibelgürtel“ der USA, sei Swift zunächst sehr brav und ein wenig bieder als Countrymusikerin für ein eher konservatives Publikum aufgetreten. Doch dieses Kapitel ließ Swift längst hinter sich und positioniert sich in politischen Diskussionen deutlich gegen konservative, queerfeindliche Kreise. Damit wird sich Petracca in seiner zweigeteilten Predigt beschäftigen. Später wird es um die Persönlichkeit und Spiritualität Twifts gehen – und dafür hat der Pfarrer sich intensiv in die Texte der Sängerin begeben: „Sie erzählt darin sehr viel über sich, die Lieder sind sehr tagebuchartig.“
Rund 600 Plätze gibt es am 12. Mai in jedem der beiden Gottesdienste. Zweimal hintereinander dasselbe Programm? Das hat Petracca zuletzt während der Corona-Pandemie erlebt, als zwischen den Gottesdienstbesuchern drei Meter Abstand sein musste. Aus dieser Zeit verfügbar war das elektronische Platzreservierungsprogramm, das nun wieder zum Einsatz kam.
Gottesdienst soll Menschen helfen, Kirche kennenzulernen
Braucht es mehr Show, um mehr Menschen für Kirche zu interessieren? „Der Taylor Swift-Gottesdienst ist nicht nur Teil der Reihe „Citykirche Rock’n’Pop“, sondern auch unseres Jahresthema ,Entgrenzter Raum’“, sagt der Citykirchenpfarrer. „Unser Ziel ist es dabei, den physischen und spirituellen Raum der Kirche zu öffnen und zu entgrenzen. Wir wollen Menschen erreichen und eine Plattform bieten, uns als Kirche kennenzulernen, und möchten insbesondere jüngere Generationen zur Partizipation einladen.“
Genau das möchte auch das Pfarrer-Ehepaar Ute Metzger (Bockenheim) und Paul Metzger (Dekan in Ludwigshafen). Für ihre Idee, „Harry Potter“-Gottesdienste zu feiern, haben die beiden zwar nicht nur Zuspruch erhalten, sondern mussten auch Polizeischutz anfragen. „Die, die da waren, waren sehr angetan“, berichtet Ute Metzger. Ein junges Team – allesamt Fans des englischen Zauberlehrlings – hatten sich bei der Vorbereitung und Dekoration viel einfallen lassen. Bibeltexte gegen Zeilen aus dem Roman: Viele seien überrascht gewesen, wie viele Parallelen es bei den großen Themen wie Freundschaft und Glauben gibt. Es soll auf jeden Fall weitere „Harry Potter“-Gottesdienste geben.
AC/DC und Abba werden niemals ein Thema
Auch der Heidelberger Pfarrer versteht, dass nicht jeder etwas mit dem Neuen anfangen könne. Zeitgleich gebe es in Heidelberg aber drei klassische Gottesdienst-Alternativen.
Bei AC/DC („Highway To Hell“) wäre übrigens für Petracca eine Grenze überschritten. ABBA würde er auch nicht zum Thema machen, weil ein Bandmitglied sich öffentlich zum Atheismus bekenne. Lieber „Auf Augenhöhe“ wolle er den Dialog mit der Popkultur führen. Die Beschäftigung mit Swift hat Petracca, der ehrenamtlich gerne als DJ Musik der 1980- und 1990-er Jahre auflegt, inzwischen selbst zum „Swiftie“ werden lassen: „Ich habe mir alle elf Alben besorgt, auch das ganz neue.“
Der Mannheimer Morgen auf WhatsApp
Auf unserem WhatsApp-Kanal informieren wir über die wichtigsten Nachrichten des Tages, empfehlen besonders bemerkenswerte Artikel aus Mannheim und der Region und geben coole Tipps rund um die Quadratestadt!
Jetzt unter dem Link abonnieren, um nichts mehr zu verpassen
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/heidelberg_artikel,-heidelberg-gottesdienst-ueber-taylor-swift-in-heidelberg-bekommt-bundesweit-aufmerksamkeit-_arid,2199041.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/heidelberg.html
[2] https://www.mannheimer-morgen.dehttps://www.mannheimer-morgen.de/orte/heidelberg_artikel,-heidelberg-heidelberger-kirche-lockt-hunderte-mit-taylor-swift-gottesdiensten-_arid,2197140.html
Mannheimer Morgen Plus-Artikel Heidelberg Pop-Gottesdienst: Wir sind alle Swifties