Mannheim. Sie sitzen direkt hinter einem Schaufenster in M 1. Jeder kann ihnen auf den Schreibtisch schauen, ihnen bei der Arbeit zusehen. Aber Valentina Ingmanns macht das „total happy“. Und Pfarrerin Nina Roller strahlt auch glücklich: „Wir sind da mitten im Leben, nah bei den Menschen.“ Und genau das ist ihr Auftrag. Die Theologin und die Grafikerin bilden gemeinsam eine neue Projektstelle der Evangelischen Kirche in Mannheim. „Studio Herrlichkeit“ heißt es, und das steht auch am Schaufenster.
„Unser Auftrag ist, innovative Formate für die Kirche zu entwickeln“, formuliert es Ingmanns. „Das kann auch außerhalb der Kirche sein“, ergänzt Roller, große Events ebenso wie kleine Formate unter Einbeziehung der Gemeinden wie auch der Gesellschaft. Es gehe darum, „dass die Kirche dorthin geht, wo die Menschen sind, und nicht wartet, bis sie kommen“, sagt Ingmanns. Daher sei es auch kein Problem, wenn man ihnen bei der Arbeit zuschaue. „Wobei das hier eher eine Rennbahn ist – die Leute laufen vorbei und gucken gar nicht so viel“, hat Roller schon festgestellt.
Kirche auf der Mannheimer Bundesgartenschau geleitet
Die Name der beiden Frauen sind bekannt. Mit der katholischen Gemeindereferentin Barbara Kraus leiteten sie die Kirche auf der Bundesgartenschau, einschließlich Vorbereitung zwei Jahre lang. Kraus wechselte dann in die Klinikseelsorge. Für Roller und Ingmanns richtete die Evangelische Kirche zwei neue Stellen (für die Pfarrerin Vollzeit und für Ingmanns Teilzeit) ein. Der Stadtkirchenrat bewilligte das Innovationsprojekt für vorerst vier Jahre.
Nach dreimonatiger interner und konzeptioneller Vorbereitung geht das Projekt „Studio Herrlichkeit“ nun an die Öffentlichkeit. Das beginnt mit einem Gottesdienst mit Dekan Ralph Hartmann am Samstag, 20. April, um 18 Uhr im Innenhof vom Haus der Evangelischen Kirche in M 1 und geht dann weiter beim Maimarkt, bei dem die Evangelische Kirche erstmals nach mehrjähriger Pause wieder dabei ist.
Auch ein besonderes Taufevent, eine ungewöhnliche Hochzeitsfeier sowie Möglichkeiten der Meditation zu Musik oder mit Yoga bereiten die beiden Frauen derzeit vor. Schließlich wollen sie am „Monnem Pride“ (Christopher-Street Day) teilnehmen sowie in der Adventszeit einen leerstehenden Laden in der Innenstadt bespielen und dort auf Weihnachten einstimmen. Denn einen Bedarf, auf die Sinnsuche der Menschen zu reagieren, den gebe es. „Wir haben dazu mehrere Dinge in der Pipeline!“, so die Pfarrerin.
Überall wolle man Aktivitäten entfalten, „die der Seele guttun und Menschen strahlen lassen“, sagt Nina Roller. Dabei ist der Theologin bewusst, dass der Name „Studio Herrlichkeit“ erklärungsbedürftig sei, ja in ernsten Zeiten gar „vielleicht irritierend sein kann“. Aber gerade in der Krise wolle sie „den Menschen solche Momente schenken, die sie stärken, die eine Kraftquelle für sie sind“, erklärt sie.
Auf dem Maimarkt gibt es ein Lichtbad mit Segenssäule
Und dazu gehört für die Pfarrerin auch Zuckerwatte, die es am Kirchenstand auf dem Maimarkt geben soll, von ihr definiert als „ein Hauch Himmel auf Erden“. Dazu lade man die Maimarktbesucher ein, in ein goldenes Lichtbad einzutauchen „und den Segen neu zu erleben“ sowie täglich um 14 und 17 Uhr bei einer kleinen Andacht gemeinsam „Halleluja!“ zu singen.
Der Maimarktstand werde „schon sehr modern sein“, kündigt Nina Roller an – sprich: mit frischem, ungewöhnlichen Design nicht nur der Segenssäule, sondern „mehreren Hinguckern“. Die Pfarrerin ist daher froh, mit der als Projektkoordinatorin fungierenden Valentina Ingmanns eine Grafikerin an ihrer Seite zu haben. Beide Frauen sehen sich als multiprofessionelles Team, das pastorale Kompetenz mit Kreativität verbindet. Diese Mischung habe auch schon bei der Bundesgartenschau „total gut getan“, blickt die Pfarrerin zufrieden zurück.
Wie dort will auch das „Studio Herrlichkeit“ Ehrenamtliche einbeziehen. Beim Maimarkt werden es 15 Leute sein, die eigens mit Hilfe der Improvisationstheatergruppe „Drama Light“ geschult worden sind, auf einer Verbrauchermesse die Kirche zu repräsentieren. „Wichtig ist, dass die Leute sich bei ihrer Aufgabe wohlfühlen“, betont Nina Roller, denn natürlich könne es bei einer solchen Veranstaltung auch sein, dass nicht alle Besucher nur eine Auszeit vom Trubel nehmen wollen, sondern ebenso kritische Themen angesprochen werden. Darauf müsse man Helfer vorbereiten.
Der Maimarkt ist für die beiden Frauen solch ein „Erprobungsraum“, von dem sie dann mit ihrem Projekt noch mehrere schaffen wollen. Aber wichtig sei ihnen dabei stets, nicht nur allein etwas zu entwickeln, sondern „andere Leute ins Boot zu holen“, hebt Valentina Ingmanns hervor. Das könnten Kirchengemeinden vor Ort und ihre Pfarrer sein, Akteure aus den Bereichen Kunst und Kultur und eben ehrenamtliche Mitstreiter.
Auch wenn man jetzt den Maimarkt aus Zeitgründen allein geplant habe, ist Roller und Ingmanns die Ökumene – wie sie ja auch bei der Bundesgartenschau gelebt wurde – wichtig. Der Maimarkt-Stand 2025 solle dann mit den Katholiken gestaltet werden, kündigt Nina Roller bereits jetzt an. Auch Teilprojekte ihrer Aktivitäten seien so angelegt, dass sie ökumenisch geplant werden könnten.
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