Heidelberg - Mitglieder der FPD-Landtagsfraktion dürfen ehemaliges Gefängnis nicht besichtigen / Anforderungen für Maßregelvollzug hoch

FPD-Abgeordnete: „Fauler Pelz für Maßregelvollzug nicht geeignet“

Von 
Michaela Roßner
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Blick in eine ehemalige Zelle im „Faulen Pelz“ in der Heidelberger Altstadt. Das Sozialministerium will hier Maßregelvollzug-Insassen unterbringen. © Philipp Rothe

Heidelberg/Stuttgart. Gerne hätten die drei Mitglieder der FDP-Landtagsfraktion bei ihrem Besuch in Heidelberg am Montag den „Faulen Pelz“ von innen besichtigt, erzählen sie. Doch eine entsprechende Anfrage an das Sozialministerium, das aktuell die Schlüsselgewalt über das leerstehende Gebäude besitzt, sei abgelehnt worden. Die Begründung: ausgerechnet „aktuell stattfindenden Bauarbeiten“, berichtet der Landtagsabgeordnete und stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Jochen Haußmann am Nachmittag im Rathaus kopfschüttelnd. Dabei hat die Stadt bislang noch gar keine Baugenehmigung erteilt – und hat das auch gar nicht vor, wie Stadtchef Eckart Würzner mehrfach bekräftigte.

Heidelbergs Baubürgermeister Jürgen Odszuck und Baurechtsamtsleiter Jörg Hornung spitzen bei der Aussage von Haußmann sehr genau die Ohren. Die Stadt hat mehrfach betont, mit allen Mitteln gegen das vom Land anvisierte Projekt, Maßregelvollzug-Patienten in dem seit Jahren leerstehenden Gefängnis unterzubringen, vorzugehen – zur Not eben auch mit einer Verweigerung der Baugenehmigung.

In den Maßregelvollzug kommen verurteilte Straftäter, bei denen eine psychische Erkrankung – meist verbunden mit Drogensucht – in engem Zusammenhang mit der Tat gesehen werden. Sie sollen die Chance bekommen, durch eine Therapie zu einem straffreien Leben zurückzukehren.

Mangelnde Kommunikation

Als „skuril“ bewertet Christian Jung, gebürtiger Heidelberger und Sprecher für Verkehr und Petitionen in der FDP-Landtagsfraktion, das Ansinnen des Sozialministeriums, das 2015 als Gefängnis „aussortierte“ denkmalgeschützte Gebäude nun für den Maßregelvollzug reaktivieren zu wollen.

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Zwar gehe auch das Ministerium von einer vorübergehenden Lösung aus – bis spätestens 30. Juni 2025 soll der „Faule Pelz“ wieder geräumt sein. Aber das Ministerium, das für die Psychiatrischen Kliniken und für den Maßregelvollzug im Land zuständig ist, müsse doch auch in einer Übergangszeit für ordentliche Bedingungen sorgen – und die seien schon aus hygienischen Gründen nicht gegeben. 2015 wurden die letzten Insassen von hier verlegt. Geplant ist, das Gebäude in der Altstadt als Forschungseinrichtung der Universität Heidelberg zu übergeben. 3000 Quadratmeter sind für Arbeits- und Forschungsplätze vorgesehen.

Julia Goll, ebenfalls stellvertretende Fraktionsvorsitzende der FDP im Landtag, kennt den „Faulen Pelz“ noch von innen, als das Gefängnis noch genutzt wurde: Als Richterin unter anderem am Heidelberger Landgericht kam sie zu Anhörungen her. „Sprachlos“ mache sie, „wie wenig das Land mit der Stadt kommuniziert.“ Seit Jahren steige der Bedarf an Maßregelvollzugsplätzen „kontinuierlich“ – das sei kein plötzliches Phänomen, auf das nun mit Hauruck-Aktionen reagiert werden müsse.

Im ehemaligen Gerberviertel

  • Benannt ist das Heidelberger Gefängnis wohl nach dessen Adresse – „Oberer Fauler Pelz 1“ im ehemaligen Gerberviertel.
  • Der ursprüngliche Name des Gebäudes war Pfaffenburg, wegen der vielen revolutionären Geistlichen, die dort einsaßen.
  • Gebaut wurde das Gefängnis in den Jahren 1847 und 1848.
  • Die Pläne für den Sandsteinbau lieferte der Heidelberger Bezirksbaumeister Ludwig Lehndorff (1808-1853).
  • Bis 2015 war das Gefängnis in Betrieb – zuletzt als Außenstelle der Justizvollzugsanstalt Mannheim, die hier Frauen unterbrachte.
  • Seit 2017 ist der „Faule Pelz“ wieder begehbar – bei Führungen, die das Service Center des Heidelberger Schlosses anbietet.
  • Als Filmkulisse ist das rote Sandsteingebäude bereits im „Tatort“ aufgetaucht. Ende Januar fanden die Dreharbeiten zu einer Folge des Schwarzwald-Teams statt. 2016 war es auch Kulisse eines Theaters.

Keine Therapiemöglichkeiten

Haußmann sieht das genauso: Es gebe im Land mehrere gut abgesicherte Standorte, in denen bereits Erweiterungen vorgesehen sein. Um Kurzfristig „Druck herauszunehmen“, könne man an diesen Orten – etwa in Calw, Wiesloch, Schwäbisch Hall und anderen – mit „mobilen Lösungen arbeiten“, statt „hier etwas durchzudrücken, um dann hinterher zu merken: Es funktioniert nicht“. Denn, das merkt Michael Eckert, FDP-Gemeinderat und Jurist an, eine therapeutische Betreuung der Patienten sei im „Faulen Pelz“ räumlich gar nicht möglich. Damit scheitere aber das Konzept, denn wenn ein solcher Insasse „nur verwahrt“ werde, könne er seine Freilassung erwirken.

Anfang November 2021 hatte das Land offiziell eine Bauvoranfrage bei der Stadt für die Nutzung des „Faulen Pelzes“ gestellt. 75 Plätze für den Maßregelvollzug sollen für die kommenden drei Jahre in dem ehemaligen Gefängnis geschaffen werden. Die breite Mehrheit des Gemeinderats stellte sich bereits gegen die vom Land geplante Zwischennutzung.

Redaktion Redakteurin Metropolregion/Heidelberg

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