Nahverkehr

Drei-Euro-Ticket in Heidelberg: So reagieren die Fraktionen

Heidelberg macht Familien ein besonderes Geschenk: Ab September profitieren Jugendliche, Senioren und Haushalte mit kleinem Budget vom 3-Euro-Ticket: die Monatskarte erhalten nur Heidelberger.

Von 
Michaela Roßner
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An vier Wochenenden testete Heidelberg den Gratis-ÖPNV, nun gibt es – für Schüler und Familien mit knappem Budget – ein Jahr lang ein 3-Euro-Ticket. © Philipp Rothe

Heidelberg. Einen Monat lang beliebig oft mit Bus und Bahn unterwegs sein und dafür zusammen nur drei Euro zahlen: Der Heidelberger Gemeinderat hat in seiner Sitzung am Mittwochabend ein stark subventioniertes Monatsticket auf den Weg gebracht. Das 3-Euro-Ticket für Schüler und Familien mit knappem Budget ist als Pilotversuch auf ein Jahr angelegt und soll von Experten begleitet und ausgewertet werden. Zehn bis 15 Millionen Euro, so die grobe Schätzung, sollen dafür aus der Stadtkasse fließen. Auch, um die im kommenden Herbst zu befürchtenden Herausforderungen durch steigende Energie- und sonstige Lebenshaltungskosten etwas abzufedern. Senioren profitieren von einem Zuschuss zur „Karte 60 plus“ von 200 Euro.

Über den „Riesenschritt“ auch unter dem sozialen Aspekt freute sich Oberbürgermeister Eckart Würzner. Die große Mehrheit der 48 Stadträte unterstützte das Pilotprojekt, fünf Gegenstimmen und eine Enthaltung gab es.

In den Tagen vor der Sitzung hatte die Stadtverwaltung noch einmal kräftig gerechnet und mit den Gemeinderäten die vorläufige Befristung auf ein Jahr durchgesprochen. Bei den Schüler-Monatskarten, die bislang im Jahr rund 560 Euro kosten, geht man von fast 14 000 Berechtigten aus. Hinzu kommen die Senioren: Aktuell sind rund 35 000 Männer und Frauen in der Stadt älter als 60 Jahre. Dazu kommen Berechtigte des Heidelberg-Passes, die noch nicht in den ersten beiden Gruppen berücksichtigt sind. Nach sechs Monaten soll eine Evaluation der tatsächlichen Nutzer-Zahlen vorgelegt werden - rechtzeitig für eine mögliche Verlängerung der Vergünstigung. Auch das war den meisten Fraktionen wichtig.

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Parteiübergreifender Beschluss

SPD-Fraktionschefin Anke Schuster begrüßt den von den Sozialdemokraten angeschobenen Kompromiss, der vielen Bürgerinnen und Bürgern Entlastung bringe. Die nun vereinbarte Testphase und die Ergebnisanalyse bis April 2023 gebe langfristig ein genaues Bild von der Nutzung. Grünen-Fraktionchef Derek Cofie-Nunoo erklärt, dass der parteiübergreifende Beschluss zwei Ziele verfolge: „Wir entlasten angesichts der hohen Inflation sofort die Bürgerinnen, die darauf jetzt angewiesen sind und fördern die Verkehrswende. Gleichzeitig gehen wir verantwortungsvoll und vernünftig mit den städtischen Geldern um, indem wir in einer einjährigen Pilotphase Erfahrungen mit dem 3-Euro-Ticket sammeln. Neue Förderprogramme oder eine Anschlussregelung an das 9-Euro-Ticket könnten beispielsweise im nächsten Jahr das 3-Euro-Ticket ersetzen.” „Wir freuen uns, dass wir einen Kompromiss gefunden haben, der es uns ermöglicht, an das Entlastungspaket des Bundes nahtlos anzuknüpfen, und im harten Winter, der auf uns zukommt, eine deutliche Entlastung zu schaffen“, freut sich Larissa Winter-Horn (Die Heidelberger) und bedankte sich für die Empfehlung des Oberbürgermeisters, das Projekt als Testphase für ein Jahr durchzuführen: „Sicherlich war dieser Vorstoß nicht unumstritten. Aber nur so wurde es uns möglich, dieses beispielgebende Vorreiter-Projekt auf den Weg zu bringen und damit einmal wieder Impulsgeber auch für andere Kommunen zu sein.“

Bernd Zieger (Die Linke) erinnert daran, dass sich seine Partei schon sehr früh für einen fahrscheinlosen ÖPNV eingesetzt habe und begrüßte, dass das Angebot zunächst befristet eingeführt werde. Seine Parteikollegin Sahra Mirow verweist ebenfalls auf 2016, wo ein ÖPNV-Gutachten angeregt, aber „von allen Gruppierungen abgelehnt“ worden sei.

Michael Pfeiffer (GAL) hingegen bewertet den in vielen Diskussionen um den Gratis-ÖPNV nun gefundenen Kompromiss als „heuchlerisch“: „Das belastet nur unseren Haushalt.“ Dieses Geld, mit dem auch Familien unterstützt würden, denen es finanziell gut geht, würde an anderen Stellen fehlen - etwa bei der Schulsanierung. Dafür zu sorgen, dass diese Einrichtungen modernisiert werden, sei aus seiner Sicht die bessere Methode, Familien zu unterstützen. Als Maßnahme der Verkehrswende sei das 3-Euro-Ticket nicht zu sehen, denn es profitierten nur Heidelberger. Für rund 80 000 Pendler sei es kein Anreiz, den Wagen stehenzulassen und den Bus zu wählen.

Als Ausdruck der „gelebten Städtepartnerschaft“, lobt Matthias Kutsch (CDU) das 3-Euro-Ticket: Würzner hatte die Idee nach einem Besuch in Montpellier wiederbelebt.

Redaktion Redakteurin Metropolregion/Heidelberg

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