Nachhaltigkeit

Designpreis geht in die Pfalz: So sähe eine Revolution für den Weinmarkt aus

Ein geeignetes Pfandsystem für 0,75 Liter-Weinflaschen gibt es bisher nicht. Ein Designer aus dem südpfälzischen Herxheim und sein Auftraggeber könnten nun den Anstoß gegeben haben. Was Lidl, Rewe und Co. damit zu tun haben

Von 
Stephan Alfter
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Auf der größten Messe für Wein in Düsseldorf konnte man die Flasche vor zehn Tagen schon anfassen: Einer der weltweit begehrtesten Designpreise geht dieses Jahr auch ins südpfälzische Herxheim, wo Rüdiger Ertel mit seinem Studio zu Hause ist. Der 60-jährige hat eine 0,75-Liter fassende Mehrwegflasche entworfen, die den Weinmarkt hinsichtlich des Ressourcenverbrauchs revolutionieren könnte. Stark abhängig ist das aber von den sogenannten „Big Four“, den großen vier Unternehmen im deutschen Lebensmitteleinzelhandel - sprich Lidl, Aldi, Rewe, Edeka, denn dort ist der Hauptabsatzmarkt für Riesling, Sauvignon Blanc, Dornfelder oder Weißburgunder.

Rüdiger Ertel aus Herxheim. © Rüdiger Ertel

IF Design Award 2024 heißt die Auszeichnung, die der Südpfälzer gemeinsam mit seinen Auftraggebern am 29. April in Berlin entgegennehmen will. Der Preis wird einmal im Jahr von der weltweit ältesten, unabhängigen Designinstitution, der iF International Forum Design GmbH, vergeben. 11 000 Einreichungen aus 72 Ländern lagen dieses Mal wieder vor. Überzeugt haben die unabhängige Jury aus 132 internationalen Experten das innovative Design und das Nachhaltigkeitskonzept. „Sehr viel CO2 könnte eingespart werden“, sagt Rüdiger Ertel, wenn Weinflaschen öfter wiederverwendet würden. Nun ist das bei Literflaschen schon öfter der Fall, aber im Bereich der 0,75 Liter-Flaschen alles andere als gang und gäbe.

Die neue Flasche spart CO2, weil sie wiederverwendet werden kann

Um das zu ändern, hat Werner Bender im württembergischen Möglingen die Wein-Mehrwert eG gegründet, die bei Rüdiger Ertel die Flasche in Auftrag gegeben hat. Bender sagt über seine Idee: „Es geht um die Reduzierung der Ressourcen in der Glasproduktion, da jede Flasche bis zu 50 Mal wiederverwendet werden kann.“ Die Flasche habe eine eigenständige, einzigartige Formensprache und damit einen hohen Wiedererkennungswert für den Verbraucher. Durch die Form der Flasche ließen sich für Weinproduzenten enorme Kosten bei der Abfüllung, Etikettierung und Lagerung einsparen. Die Flasche könne in der bestehenden Abfüllanlage wiederverwendet werden, ohne dass eine Umrüstung erforderlich sei. Es gehe darum, die Kreislaufwirtschaft zu stärken und die Umwelt zu schützen.

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Pfandsystem für Weinflaschen fehlt im Einzelhandel weitgehend

Designer Rüdiger Ertel, der einige Monate an der Flasche gearbeitet hat, unterstützt diesen Gedanken, weiß aber auch, dass es ohne die großen Unternehmen im Lebensmitteleinzelhandel nicht zu einer entscheidenden Systemänderung kommen wird. So lange sich Lidl, Edeka, Aldi oder Rewe dem entsprechenden Rücknahmesystem für die 0,75-Liter-Flasche nicht anschließen, könne sein Produkt nur wenig zu mehr Nachhaltigkeit beitragen. Gespräche darüber seinen im Gange, sagt Bender. Über Resultate will er noch nichts sagen. Die bisherigen Verbreiter der Mehrwegflasche seien derzeit vor allem Winzergenossenschaften in Baden-Württemberg.

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Etwas anders sind die Strukturen in der Pfalz, wo es deutlich mehr einzelne Weingüter gibt. Man sei auch hier im Gespräch, sagt Bender. Tatsache ist aber, dass es entlang der Weinstraße quasi noch eine kleine eigene Kreislaufwirtschaft gibt. Kunden holen ihre Kisten mit Wein noch oft beim Weingut direkt ab und bringen sie dort wieder hin. Das entspricht aber nur selten dem Prozedere im Rest der Republik. Für diesen hat die Wein-Mehrweg eG einen eigenen Kasten entworfen - mit exakt auf die Mehrwegflasche ausgerichteten Maßen. „So bilden die 0,75-Liter-Mehrwegflasche und der Kasten optisch eine sehr schöne und aufeinander abgestimmte Einheit“, heißt in einer Pressemitteilung. Einen Designpreis für den Kasten gibt es bisher aber nicht.

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

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