Weinliebhaber

Die ungewöhnlichste Bank der Welt: In Heidelberg öffnet bald eine Winebank

Weine statt Scheine - das ist der Unterschied zur Sparkasse. Die Metropolregion Rhein-Neckar ist weltweit einzigartig, weil es hier schon die zweite Winebank-Filiale geben soll. Wer sind die Mitglieder und was zahlt man dafür?

Von 
Stephan Alfter
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Ein Exposé vom Gewölbekeller in der Bergheimer Straße in Heidelberg. Hier soll Ende Mai Eröffnungsparty für die Winebank sein. © Winebank GmbH

Heidelberg. Als im November 2016 im pfälzischen Wachenheim, nur 25 Kilometer von Mannheim entfernt, ein etwas elitärer Club entstanden ist, dessen dickes Band die Liebe zum Wein bildete, war noch unklar, ob da eine Erfolgsgeschichte beginnt. Das Konzept, das inzwischen an 14 Orten in Deutschland existiert, klang zunächst leicht verschraubt, und die Frage, ob Menschen, deren Vertrauen in Banken nach der lange nachwirkenden Finanzkrise von 2008 oft nicht sehr ausgeprägt war, nun auch noch Kunden einer Winebank werden würden, hätte man auch leicht mit „Nein“ beantworten können. Aber alles kam anders.

Winebank - aus heutiger Sicht ist die Idee schnell erklärt: Sie wird charakterisiert durch den Gedanken, dass Weinfreunde ihre besten Tropfen gemeinsam an einem Ort lagern, der dafür in jeder Beziehung prädestiniert ist. Optimale Temperatur, optimale Lichtverhältnisse - ein repräsentativer Gewölbekeller mit Stil eben. Dieser Raum - und das ist die Besonderheit - steht jedem Clubmitglied 24/7 zur Verfügung. Jeder verfügt, je nach Anzahl der Buchungen, über Weinfächer, die in Tresoren verbaut sind. Über eine individualisierte Chipkarte lassen sich Eingangstüren, Tresore und Fächer öffnen.

Im Berufsleben war er Banker, heute hütet er als Manager die Tresore der Winebank: Christian König nach der Eröffnung in Wachenheim im Jahr 2017. © Klaus Venus

Wer also Intimsphäre sucht und seine Kollegen nach dem Firmenessen zum Absacker nicht auf der eigenen Wohnzimmercouch ertragen kann, der kommt hierher.

Winebank in Wachenheim: Platz für 40.974 Flaschen

240 der 320 Fächer, die jeweils eine unterschiedliche Anzahl an Flaschen aufnehmen können, sind in Wachenheim heute an Kunden vermietet, sagt Clubmanager Christian König. 40 974 Flaschen könnte er theoretisch hier unterbringen. Das kleinste Fach kostet 49 Euro pro Monat und bietet Platz für 30 Flaschen. Das größte Fach, das Raum für 3000 Flaschen hat, kostet 9000 Euro. Hochwertige Gläser sind vor Ort - und auf Wunsch werden Kleinigkeiten aus Hambels Restauraunt vorbereitet, das um die Ecke liegt. Es geht also um Genuss. Es geht um Netzwerke. Und es geht um gesellschaftlichen Status.

Winebank-Gründer

  • Christian Ress, Miteigentümer und Geschäftsführer des VDP-Weinguts Balthasar Ress, hat in den vergangenen Jahren diverse Unternehmen in der Weinbranche gegründet.
  • Der 50-jährige hat 1997 sein BWL/Marketing-Studium abgeschlossen und war Gasthörer im Studiengang Weinbau
  • Mit der Winebank Heidelberg gibt es in Deutschland 15 Standorte. Hinzu kommen Washington und Wien.

Christian König ist Clubmanager und war vor seinem Leben als Winebanker tatsächlich im erweiterten Vorstand einer Sparkasse angestellt. „Während der Corona-Zeit ist eine Delle entstanden“, resümiert er die sieben Jahre seit Gründung der Winebank Pfalz unmittelbar neben der Weinstraße in Wachenheim. Sie war damals die sechste. Auch „Filialen“ in Sylt, Hamburg, Köln oder Trier funktionieren als Franchise-Konzept. „Heute bin ich sehr zufrieden“, sagt König und verweist etwa auf den Winebankers Table, eine Gemeinschaft von 60 Leuten, die sich regelmäßig treffe. 85 Prozent der Kunden seien Unternehmer, die mitunter aus Darmstadt und Karlsruhe kämen. Bundesweit gibt es inzwischen Tausende Winebanker.

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Was König von den meisten anderen Clubmanagern unterscheidet, ist seine Expertise in Sachen Wein. Schon sein Großvater war Kellermeister, und wer Lust darauf hat, bekommt eine kleine Führung, die durch die großen Weinlagen zum Beispiel in Forst führt. Da, wo die großen Gewächse zu Hause sind, da kennt sich König aus. Dass so viele Kunden ihm ihre besten Weine anvertrauen, macht ihn gut gelaunt. Den Vorteil seiner Kunden betont er gerne mehrmals. Wer zu den Winebankern gehöre, habe Zugang zu allen Winebanks in Deutschland und den beiden im Ausland existierenden Filialen in Washington D.C. und in Wien. Auch wenn dort eventuell kein eigener Wein lagert, so besteht die Gelegenheit, sich aus einem Automaten zu bedienen, der mit namhaften Tropfen gefüllt ist. Bezahlt wird auch hier über die Chipkarte, die in den Automaten gesteckt wird.

Lage von Heidelberg laut Clubmanager Sebastian Rajchel optimal

Diese Gelegenheit wird es in Kürze auch in Heidelberg geben. Das bestätigte der 32-jährige Clubmanager Sebastian Rajchel auf Anfrage dieser Redaktion. Er sei Teil einer vinophilen Community, sagt er, und bewege sich gerne unter Gleichgesinnten. Ursprünglich habe ihn der Gedanke getrieben, eine Winebank in Mannheim zu eröffnen, gesteht er im Gespräch.

Von Anfang an habe es aber den Abstandsparagraphen zur der Winebank in Wachenheim gegeben, so dass Heidelberg als Lage im Dreieck zwischen Bühl bei Baden-Baden, Pfalz und Frankfurt als optimal angesehen worden sei. 300 Fächer soll es im Gewölbekeller in der Bergheimer Straße 5 geben. Für das kleinste Fach, das etwa 40 bis 50 Flaschen fasst, werden monatlich 89 Euro fällig. Die zentrale Lage am Bismarckplatz hebt Raichel auch wegen der Frage der Mobilität hervor. Damit unterscheide sich die Winebank etwa von jener in der Pfalz. Tatsächlich sehen sich die Winebanks in freundschaftlicher Konkurrenz zueinander.

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Ausgedacht hat sich das alles Christian Ress, der im Rheingau das nicht ganz unbekannte VDP-Weingut Balthasar Ress betreibt und die Leidenschaft für Wein in einem Netzwerk teilen wollte. Als er die Idee von der Winebank rund um das Jahr 2008 seiner Bank vorgestellt habe, sei er zunächst kritisch beäugt worden, erzählte er anlässlich der Eröffnung in Wachenheim. Aus Sicht der „richtigen“ Banker habe es für eine Winebank keinen Markt gegeben, so Ress. Er sei belustigt gefragt worden, ob die Konkurrenz nicht etwa der Weinkühlschrank aus dem Media Markt sei, den man sich auch in die Garage stellen könne? Wie inzwischen bekannt ist, hat sich Ress mit seiner Idee behauptet. Schließlich ist es auch so, dass eine Winebank gegenüber einer Sparkasse einige Vorteile hat - das Konto mag leer sein, aber irgendwie ist man doch immer flüssig.

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

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