Bad Dürkheim. Manche Weine sind so wie die Menschen, aus deren Keller sie kommen - unaufgeregt, ehrlich, sortentypisch. Der trockene 2022er gelbe Muskateller aus dem Hause von Helmut Darting ist so ein Beispiel. Sehr schade, werden seine Fans finden, dass der 62-Jährige, der als Winzer aus der Kurstadt Bad Dürkheim eigentlich nicht wegzudenken ist, sich entschieden hat, sein Handwerk aufzugeben und sich einigen Seiten seines Lebens zuzuwenden, die er bisher vernachlässigt hat.
Nun ist es keine Neuigkeit, dass auch Weinbauern irgendwann zu alt für ihren kraftraubenden Job werden. Wer einmal in ein Fass hinein und dann wieder herausgestiegen ist, der weiß so ein wenig Bescheid, wie sich das anfühlt. Helmut Darting macht das seit vielen Jahren. Dass es jedoch niemanden gibt, der ein solch renommiertes Weingut übernimmt, ist schon eine kleine Überraschung.
Man muss für den Beruf brennen.
Interessenten für den Kauf des Betriebs habe es gegeben, aber 25 Hektar seien „nicht einfach zu stemmen“, sagt Darting selbst. Der von den Ausgangsbedingungen nicht einfache 23er Jahrgang ist insofern der letzte in einer langen Reihe herausragender Weinbereitung.
Bad Dürkheimer Wurstmarktwinzermeister Helmut Darting ist nicht der Erste
Der Mann, der in den vergangenen Jahren auch als Dürkheimer Wurstmarktwinzermeister bekannt geworden ist, ist nicht der erste Betreiber eines Weinguts, der seine Kinder nicht davon überzeugen konnte, dass der Beruf einem vieles von den Dingen zurückgeben kann, die man zunächst über einen längeren Zeitraum mühsam investiert hat.
Sechs Arbeitstage in der Woche, an denen man bis zu 14 Stunden pro Tag arbeitet, sind nicht unbedingt Sache der oft gescholtenen Generation Z. Darting stand meist um halb sechs auf - in der meisten Zeit seiner 42 Jahre im Job.
„Man muss für den Beruf brennen“, sagt der Vater zweier Kinder, deren Entscheidung für einen anderen Weg er respektiert habe. Tatsächlich kämpft auch der Weinbau mit der immer aufwendigeren Suche nach Arbeitskräften - vom Kellermeister bis zum Erntehelfer. Gleichzeitig trinken die Deutschen weniger Wein - eine Flasche pro Kopf und Jahr.
Weniger Weingüter in Deutschland, dafür wächst die Größe der Flächen
Aus diesen Umständen ergibt sich eine Veränderung des gesamten Marktes. Ernst Büscher, Pressesprecher beim Deutschen Weininstitut, hat die Branche genau im Blick. „Es gibt einen Konzentrationsprozess“, sagt er. Die Anzahl der Weingüter nimmt also insgesamt ab, und die verbleibenden Betriebe bearbeiten größere Flächen.
Allein in der Pfalz hat die Menge der Weingüter, die mehr als 20 Hektar bewirtschaften, zwischen 2010 und 2020 massiv zugenommen - von 617 auf 968. Und das, während die Anzahl der Betriebe insgesamt im genannten Zeitraum von rund 3000 auf rund 2000 zurückgegangen ist - um rund 33 Prozent also. Ein Drittel der Winzer hat nach Daten des Statistischen Landesamts in Bad Ems demnach aufgegeben.
Es ist harte körperliche Arbeit. Das geht nicht spurlos vorbei.
Vielleicht zum Teil auch, weil nicht alle solch regelmäßige Erfolgserlebnisse hatten wie Helmut Darting, dessen Affinität zur Frucht im Weißwein ihn auszeichnete. Das große Plus beim Winzer: Vom Wachstum der Frucht an der Rebe bis zum trinkfertigen Produkt ist er praktisch bei jedem Schritt gefragt. Er sieht die komplette Entstehungs- und Vermarktungskette vor sich. Und im Fall von Darting heimste er zusätzlich auch noch einige Preise ein. Trotzdem betont er: „Es ist harte körperliche Arbeit. Das geht nicht spurlos vorbei.“
Die 25 Hektar Rebfläche von Darting werden aufgeteilt
An diesem Morgen hat Darting sein letztes Holzfass mit Spätburgunder befüllt. Für diese Rebsorte (Pinot noir) hat er ein Faible. Ohnehin gehört Darting zu jenen, die noch bei den großen Namen in der Szene lernen durften. Während seiner zweijährigen Ausbildung war er unter anderem bei Hans-Günter Schwarz (Weingut Müller-Catoir, Neustadt/Haardt) und bei Ludwig Molitor unterwegs. „Kontrolliertes Nichtstun“ - diese These für den Einsatz des Winzers prägte einst Schwarz, wonach man viel im Weinberg bei der Pflege der Reben und Rebstöcke unternehmen müsse und dafür viel weniger in der Kellerarbeit.
Weniger Kellerarbeit heißt es nun auch bei Darting, denn im Prinzip muss die letzte Lese aus dem Spätjahr 2023 nun „nur“ noch reifen. In den kommenden drei Jahren läuft dann der Abverkauf der Weine. Wenn man von 5000 bis 8000 Litern Ertrag pro Hektar ausgeht, dann sind im Durchschnitt noch rund 150 000 Liter Wein aus dem Weingut Darting vorhanden - das Vermächtnis des scheidenden Weinbauers sozusagen.
Seine 25 Hektar Rebfläche sind aufgeteilt worden. Oft habe er direkte Anrainer gefunden, die seine guten und sehr guten Lagen im Hochbenn, Fronhof, Spielberg, Michaelsberg, Mandelgarten und Nonnengarten übernähmen. Helmut Darting will sich Zeit für seine Gesundheit nehmen - und auch in der Kommunalpolitik, wo er für die CDU im Stadtrat sitzt, kürzer treten. So ordnet der Spitzenwinzer sein Leben neu - unaufgeregt, ehrlich und sortentypisch.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/metropolregion_artikel,-metropolregion-dieser-spitzenwinzer-aus-der-pfalz-gibt-sein-weingut-auf-_arid,2177569.html