Oper

"Das Labyrinth": Gemeinsam gegen das Monster

In der Community-Oper „Das Labyrinth“ mit Musik von Jonathan Dove erwecken in Heidelberg Kinder- und Jugendchöre gemeinsam mit professionellen Opernsängern die Geschichte von der Befreiung Athens zum Leben.

Von 
Eckhard Britsch
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Hochaktuell: „Das Labyrinth“ mit Ipca Ramanovic als Dädalus (li.) und Piotr Gryniewicki als Theseus. © Susanne Reichardt

Ein bemerkenswerter Kraftakt, den das Theater Heidelberg gemeinsam mit der städtischen Musik- und Singschule stemmt: „Das Labyrinth“ von Jonathan Dove lädt zum Mitmachen ein, Kinder- und Jugendchöre treten gemeinsam mit den Profis auf, begabte Nachwuchsinstrumentalisten ebenso mit dem Philharmonischen Orchester. „Unzählbar“ die Mitwirkenden, bei der Uraufführung vor sieben Jahren in Berlin sollen es gut 200 gewesen sein, jetzt in Heidelberg kaum weniger. Das Konzept ist von Jonathan Dove, dem 63-jährigen englischen Komponisten, bewusst gewählt, er will Oper „unters Volk“ bringen und hat mit seinem umfangreichen Musiktheater-Schaffen sehr viel künstlerischen Erfolg.

Was tut sich im Labyrinth? Laut griechischer Sage lauert dort im Dunkel ein monströser Stiermensch, dem der unmenschliche König Minos jährlich die Blüte der Athener zufüttert. Denn in seiner Hybris von Macht will er den Konkurrenten Athen auslöschen. Das erinnert fatal an die Machtmenschen des letzten und des jetzigen Jahrhunderts, die schamlos „über Leichen“ gehen. Doch Rettung naht. Denn der jugendliche Held Theseus geht mit Hilfe von Dädalus ins Labyrinth und erlegt das Monster. Die Jugend darf zurück und hoffnungsvoll in die Zukunft schauen, und wir wünschen uns eine ebenso positive Entwicklung für einen gebeutelten Nachbarstaat.

Die szenisch-konzertante Umsetzung in Heidelberg beeindruckt in mehrerlei Hinsicht. Zum einen die chorische Leistung, denn Dove stellt diese in den Mittelpunkt. Ein erstaunlicher Kraftakt, intensiv und musikalisch schwungvoll. Dove verwendet einen in sich stimmigen Mix aus aufbauenden Motiven, abgründiger Düsternis, rhythmischer Belebung und Anleihen aus der Minimal Music. Doch die Musik zerfällt nicht, sondern wirkt organisch, zumal im vitalen Dirigat von Paul Taubitz. Der hält das Geschehen zusammen, das von Victoria Stevens inszenatorisch geordnet wird. Im Hintergrund schöne Videos von Wellen und Brandung, davor die immer wieder neu gruppierten Chöre, die von Michael Pichler und Esther Witt in sehr gut einstudiert wurden.

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Das Monster, im zweiten Akt mit brutal dunklem Bläsersound illustriert, liegt unsichtbar, aber murrend-brüllend im Dunkel des Untergrunds, oben aber schreit König Minos seinen Sieg heraus, in intensiver Sprechrolle: Yana Robin La Baume. Theseus tritt mit Heldenmut auf den Plan, rank und stimmlich attraktiv: Tenor Piotr Gryniewicki punktet ebenso wie Bariton Ipca Ramanovic als Dädalus, der als Labyrinth-Erbauer selbst zum Gefangenen wurde, aber dem Theseus den Weg weist. Dessen Mutter will nicht, dass der junge Held in den scheinbar aussichtslosen Kampf mit dem Monster zieht, und warnt ihn mit lyrisch-dramatischem Mezzo-Sopran: Kylee Slee.

Vielschichtiges Werk

Der Begriff Kinderoper greift deutlich zu kurz für dieses inhaltlich und musikalisch vielschichtige Werk, das alle Altersgruppen anspricht. Das zum Nachdenken über unsere Zeit zwingt, ob wir das wollen oder nicht. Das vielen von der Musik angefassten Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit gibt, mitzumachen und dabei professionelle Arbeitsweisen kennenzulernen. Und das dadurch tolle Bühnenerlebnisse möglich macht. Entsprechend begeistert war der Premieren-Beifall, zumal viele stolze Mütter und Verwandte die gut einstündige Aufführung besuchten.

Schade, dass es laut Spielplan zur ausgehenden Saison schon vorbei ist.

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