Zwischennutzung

„Breidenbach Studios“ in Heidelberg sind bald Geschichte

Konzerte, Ausstellungen, Ateliers und Büros: In den Heidelberg "Breidenbach Studios" machen viele Kreative ihre ersten Schritte ins Business. Nun ist die Zwischennutzung beendet

Von 
Michaela Roßner
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Das „Breidenbach“ in der Hebelstraße schließt, Geschäftsführerin Shiva Hamid blickt auf viele Impulse zurück, die von hier ausgingen. © Philipp Rothe

Mannheim. Die Künstler, die hier gearbeitet haben, sind schon ausgezogen. Ausräumen heißt es nun in den „Breidenbach Studios“, dem ersten Kreativwirtschaftszentrum Heidelbergs in einer städtischen Liegenschaft. Das Gebäude wird verkauft, die kreative Zwischennutzung ist beendet. Aus ursprünglich anvisierten drei Jahren sind mehr als zehn geworden. Ende Januar wird das Objekt gegenüber der Hebelhalle zurückgegeben.

Die Idee, die seit mehreren Jahren leerstehende Halle, in der einst Gasflaschen abgefüllt wurden, als Zwischennutzung Kreativschaffenden zur Verfügung zu stellen, hatte Frank Zumbruch. Er war der erste städtische Beauftragte für Kultur- und Kreativwirtschaft. Bei einer Ausschreibung überzeugte das Konzept, das Shiva Hamid, auch heute noch Geschäftsführerin, mit drei weiteren Partnern vorstellte.

Wir hatten erst einmal verdammt viel Arbeit
Shiva Hamid Geschäftsführerin

Blick zurück auf 2011: Max Pegel schleift und behandelt in einem Kellergeschoss Kokosnuss-Schalen, bis sie glänzen. Dann baut er aus ihnen kunstvolle Lampen. Mirjam Schwab, Absolventin der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe, feilt in ihrem Atelier an einem Objekt, das Anfang November bei der Graduiertenausstellung Baden-Württemberg zu sehen sein wird. Und Modedesignerin Sonja Blank hat sich ihren Arbeitsraum gemütlich mit Plüsch eingerichtet und entwirft und produziert hier Lederhandtaschen. Diese drei waren die ersten Mieter in den „Breidenbach Studios“.

Gebäude war in ziemlich „gebrauchtem“ Zustand

Michael Geiße. Paul Heesch und Pascal Baumgärtner gingen das Projekt gemeinsam mit Hamid an. „Wir hatten erst einmal verdammt viel Arbeit“, erinnert sich die Geschäftsführerin. Das sei Teil des Vertrags mit der Stadt gewesen: Das Gebäude wurde in ziemlich „gebrauchtem“ Zustand übergeben. So mussten Elektroleitungen ergänzt, Räume gestrichen und die Wasserleitungen neu verlegt werden. Drei heizlose Winter hatten die Heizungsrohre bersten lassen. Die jungen Kreativen, die einzogen, zahlten zunächst fünf bis sieben Euro Miete pro Quadratmeter - höchstens die Hälfte dessen, was in Heidelberg schon damals für Ateliers, gemeinschaftliche Büros oder Probenräume gezahlt werden musste. Zuletzt ersetzte eine Mitgliedschaft mit einer monatlichen Zahlung von 150 Euro Miete und Nebenkosten.

Das „Breidenbach“ in der Hebelstraße verabschiedete sich mit einer rauschenden Silvesterparty. Das Gebäude wird verkauft und wieder gewerblich genutzt. © Jegliche Verwendung ist honorarp

Auch wenn Hamid, an deren Seite nun Birk Bauer und Enno Fedderken die Geschäfte leiten, nun mit Wehmut an die „Abwicklung“ der „Breidenbach Studios“ geht, ist sie doch auch sehr dankbar für die Chance, die die Stadt hier bot. Der Andrang von Interessenten für die Arbeitsräume sei von Anfang an groß gewesen. Einmal im Monat gab es eine öffentliche Veranstaltung - von Ausstellungen wie etwa jener im November 2012, als lokale und überregionale Künstler Toilettendeckel gestalteten, bis zu Partys, die Gäste vieler Altersgruppen ansprachen, „weil man hier mal wieder richtig tanzen konnte“, weiß Hamid aus Rückmeldungen. Die Toilettendeckel-Schau unterstützte übrigens die Trinkwasser-Initiative „Viva con Agua“ und ein Brunnenprojekt in Indien.

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Einige, die in die von der Stadt initiierte „Kreativen-WG“ einzogen, seien heute überregional oder sogar international angekommen, nennt Hamid die Künstlerin Valentina Jaffé, die im „Breidenbach“ ihre erste Solo-Ausstellung zeigte. Und DJs wie Sarah Kreis legen jetzt in Berlin und weltweit Musik auf.

Inventar-Flohmarkt am 28. Januar

Ein eigenes Label, dem aktuell sechs DJs angehören, wird bleiben. Und wer sich das Andenken der „Breidenbach Studios“ mit einem Stück zum Anfassen nach Hause holen möchte, ist beim Flohmarkt am 28. Januar von 10 bis 16 Uhr richtig. Hier werden unter anderem Teile des Inventars verkauft.

Hamid selbst wird als Chefin von mehreren Coworking-Plätzen - unter anderem in der B-Fabrik in Bergheim, im hip und in Mannheim sowie in Karlsruhe - sicher nicht langweilig. Aber auch persönlich verbindet die 40-Jährige einiges mit den „Breidenbach Studios“. In dieser Zeit sei ihre Tochter Niloufar geboren worden, die mit dem Projekt groß wurde. Die Neunjährige könne sich noch gar nicht vorstellen, wie es ohne das „Breidenbach“ werde.

Umziehen wird auch der „Fenster-Lunch“, das regelmäßige Treffen der Kreativwirtschafts-Branche: Bisher im Pförtnerhäuschen an der Kurfürsten-Anlage heimisch, findet es das nächste Mal in den Campbell Baracks in der Südstadt statt (8. Februar, 12.30 Uhr im „Tink Tank“).

Redaktion Redakteurin Metropolregion/Heidelberg

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