Die alte Feuerwache am Czernyring ist seit gut zehn Jahren das größte Kreativwirtschaftszentrum in einer städtischen Liegenschaft. Rund 50 Gründer vieler Sparten, Künstler und Handwerker haben hier ihre Firmenadresse. Doch es rumort seit einigen Wochen in dem von den Heidelberger Diensten verwalteten „Dezernat 16“. Anlass sind Kündigungen an mehrere Mieter. Die Begründung: Es solle mehr Wechsel in die Zusammensetzung der Mieter gebracht werden. Ein halbes Dutzend Ansässige soll im Frühjahr die Räume verlassen.
Die Grünen-Gemeinderatsfraktion hat bereits im Oktober 2022 gefordert, dass die Kündigungen zurückgenommen werden: „Gerade in der aktuellen Situation nach der Pandemie und in einer wirtschaftlichen Rezession ist es nicht angebracht, den Kreativschaffenden eine Neuorientierung zuzumuten“, formuliert Felix Grädler. Grundsätzlich stünden die Grünen-Stadträtinnen zwar weiterhin dazu, „dass die geförderten Räume im Kreativwirtschaftszentrum Dezernat 16 nur ein Sprungbrett sein sollten und es deshalb dringend mehr Räume, wie beispielsweise das Kreativwirtschaftszentrum Stallungen“ brauche. Nun aber ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt zu kündigen, halten sie für falsch.
Schwierige wirtschaftliche Lage
Den Zeitpunkt kritisiert auch Sassan Vörg, der mit Florian Feigenbutz im „Dezernat 16“ die „Welldone Studios“ betreibt. Das Siebdruck-Unternehmen benötigt wegen der verwendeten wasserlöslichen Farben möglichst dunkle und nicht zu warme Räume. Im Souterrain der ehemaligen Fahrzeughalle haben sie auf rund 100 Quadratmetern ideale - und vergleichsweise günstige - Bedingungen vorgefunden. Das Geschäft entwickelte sich, auch wegen des im Kreativwirtschaftlichen Zentrum entstandenen Netzwerks, so gut, dass ein Laden in der Altstadt angemietet werden konnte.
„Es war uns klar, dass wir gehen müssen, wenn die Feuerwache abgerissen wird“, bestätigt Vörg. Wegen der Pandemie musste der Laden indes wieder geschlossen werden, bedauert Vörg. Aber die Kündigung habe sie nun, in einer wirtschaftlich ungewissen Zeit, „eiskalt erwischt“. Der Vermieter, die Heidelberger Dienste, hätten Unterstützung zugesagt und signalisiert, dass man die Firma nicht auf die Straße setzen wolle. Aber bislang habe man den „Welldone Studios“ noch kein Angebot unterbreitet. Derweil schauen die Gründer auch selbst intensiv nach Möglichkeiten - auch außerhalb der Stadt. Im September kam die Kündigung, die den Mietvertrag zu Ende März beendet. Dass in der Südstadt gerade neue Räume für die Kreativwirtschaft in den Stallungen neben dem Karlstorbahnhof entstehen, tröstet Vörg nicht: Der Umbau des ersten Abschnitts hat gerade erst begonnen. „Das hilft uns nicht.“ Trotzdem drückt Vörg Dankbarkeit aus: Die Möglichkeit, im „Dezernat 16“ die Geschäftsidee mit Unterstützung der Stadt und dem Netzwerk entwickeln zu gönnen, sei „großartig“ gewesen. „Davon sollen natürlich auch andere Betriebe profitieren.“
Wechsel ins Homeoffice
Eine Kündigung für 70 Quadratmeter im Gemeinschaftsbüro hat auch Lenz Hirsch bekommen. Der Softwareunternehmer („Seemless“), der unter anderem die städtischen Impfzentren mit EDV versorgte, wird nun wohl erst einmal ins Homeoffice wechseln. Seit fünf Jahren ist Hirsch Mieter im „Dezernat 16“. Seine Staffelmiete steht aktuell bei neun Euro warm pro Quadratmeter. „Das findet man in heutiger Zeit wohl so nicht mehr.“ Zudem gehöre noch ein Gemeinschaftsraum zum eigentlichen Büroangebot.
Bei den Heidelberger Diensten war in dieser Woche niemand für diese Redaktion zu erreichen.
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