Heidelberg. Kultur, Kreativwirtschaft, Büros und Gastronomie: Das lange brachliegende Areal zwischen Eppelheimer Straße und Bahngleisen im Heidelberger Osten soll mit neuem Leben gefüllt werden. Angestoßen von Architekten um Armin Schäfer und den Verein Klangforum ist eine „Betriebswerk“-GmbH gegründet worden, die 60 Millionen Euro in die Industrieruine investieren und bis Ende 2024 einen Treffpunkt schaffen will.
Hier am Rande der Heidelberger Bahnstadt, dem jüngsten Stadtteil Heidelbergs, wurden zwischen 1927 bis in die 1970er Jahre Dampfloks gewartet und flott gemacht für ihren Einsatz im Güter- und Bahnbetrieb. Rund vier Jahrzehnte standen die Backsteingebäude leer, magere Stelen erinnern noch an die großen Betriebshallen, in denen einst so viel Betriebsamkeit herrschte. Ein denkmalgeschütztes Gebäude wurde bereits nutzbar gemacht, hier gab es ein Pop-up-Restaurant und Ausstellungen sowie Konzerte.
Quartiersprojekt im Osten der Stadt
- Das Quartiersprojekt „Betriebswerk“ soll Wirtschaftsleben und Kultur verbinden: Arbeiten und Leben, Kultur und Kunst in Gemeinschaft.
- Büros, Werkstätten, Läden, Gastronomie, Ateliers und Bühnen, ein Gästehaus und vieles mehr sollen auf dem Areal des ehemaligen Betriebshofs der Bahn als neues Tor in die Bahnstadt entstehen.
- 18 065 Quadratmeter Nutzfläche sind geplant, davon 5000 Quadratmeter im denkmalgeschützten Altbau.
- Sanierungs- und Baubeginn soll im 3. Quartal 2021 sein. Der Bezug des Altbaus ist Anfang 2023, der Bezug der neuen Gebäude 2024 geplant.
- Die Investitionskosten werden auf 60 Millionen Euro geschätzt.
- Initiatoren des Projektes sind die Architekten Stefan Loebner, Armin Schäfer und Stephan Weber und ihr Architekturbüro AAg.
- Direkte Nachbarn sind die Werkstadtschule und ein Fachmarktzentrum
- Für die Sanierung und Nutzung des benachbarten Tankturms haben die Bauherren AAg Architekten 2016 den Landesdenkmalpreis erhalten.
Auf der Suche nach einer neuen Firmenzentrale hatten Architekt Armin Schäfer und seine Kollegen Stefan Loebner sowie Stephan Weber (AAG Architekten) den benachbarten Solitärbau Tankturm mit der späteren Adresse Eppelheimer Straße 46 vor fast zehn Jahren in den Blick genommen. Das bisherige Domizil im historischen und sanierten Heinsteinwerk war den Planern und ihren dann schon 30 Mitarbeitern zu klein geworden. Nach Neubauten schaute sich das Trio nicht um, Gebäude interessieren Schäfer vor allem dann, wenn sie eine Geschichte, einen eigenen „Geist“ haben. Mit den Güterhallen und der Halle 02 hatten AAG da bereits Bahnhofsbauten im Auftrag der Stadt zu neuem Leben erweckt. Und der Tankturm, 2014 bezogen, wurde zum bundesweit beachteten Projekt, das 2016 den Landesdenkmalpreis erhielt. In dem später hergerichteten langgestreckten Betriebswerk-Gebäude organisierten die Architekten schon bald Tagungen etwa mit der Architektenkammer. Ganz unterschiedliche Menschen könnten mit dem historischen Bestand etwas anfangen. So habe sich ein Heidelberger gemeldet, der in der Halle geboren worden sei, erzählt Schäfer bei einer Video-Veranstaltung zum Projektstart.
Der alte, zweigeschossige Heizungskeller „schreie“ geradezu danach, ein Musikclub zu werden, geben die Initiatoren Einblick in die Ideen. Das neue Quartier mit seinen Werkhäusern soll über eine Passarelle erschlossen werden.
„Das Echte, das Original ist eigentlich immer die beste Lösung“, beschreibt Schäfer die Philosophie des Büros, „Reichtum der bestehenden Gebäude spürbar werden lassen.“ Gleichzeitig sei aber auch der Mut gefragt, aus der eigenen Komfortzone herauszutreten: „Erst wenn man sein gewohntes Terrain verlässt, beginnt man, kreativ zu sein.“ Arbeiten, genießen, austauschen: Im „Betriebswerk“ soll es auf jeden Fall lebendig und kreativ zugehen, betont Stefan Loebner: „Im zwischenmenschlichen Raum entsteht das Wesentliche.“ Das könne - wie in der Musik - harmonisch klingen, „es kann aber auch neu und ungewohnt sein“. Als „Reallabor“ bezeichnen die Architekten das, was ihnen vorschwebt. „Reallabor ist das, was das Leben auszeichnet“, erklärt Schäfer: „Wir müssen das, was neu ist, als die Realität annehmen. Wir müssen im Alltag mutig Veränderungen annehmen und praktizieren.“
Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) erkennt ebenfalls einen „Ort, der eine ganz besondere Schönheit hat, einen Ort mit Charme, der Geschichten erzählt“. Die angestrebte „Konzentration von Wirtschaft und Kultur“ sei ein „hochmoderner Ansatz“: „Das wird ein Anziehungspunkt für viele Menschen“, ist sie sicher.
Einer der ersten Mieter steht schon fest: Die Breidenbach Studios werden hier einen Coworking-Bereich anbieten, berichtet Mitgründerin Shova Hamid. „Hier schafft Mut Stadt“, lobt auch Carl Zillich, kuratorischer Leiter der Internationalen Bauausstellung (IBA).
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