Gastronomie

Branchenkenner kritisieren geplante Fusion der Heidelberger Hotelfachschule

Wer hier seinen Abschluss macht, qualifiziert sich für eine Karriere in der gehobenen Gastronomie. Weil die Schülerzahlen sinken, soll die Einrichtung nun fusionieren. Jetzt wird Kritik laut

Von 
Michaela Roßner
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Seit 1989 ist die Hotelfachschule im ehemaligen Boxberg-Gymnasium untergebracht. Nun soll die Einrichtung fusionieren. © Philipp Rothe

Heidelberg. Nicht nur Sternekoch Tristan Brandt veredelte hier seine Kochkunst, auch Generationen von Führungskräften in Hotels und Gastronomie holten sich hier das Rüstzeug für ihre Karriere: Die Hotelfachschule Heidelberg (auch: „Fritz-Gabler-Schule“) ist international bekannt. Doch nun ziehen offenbar dunkle Wolken über der Schule auf, die seit 1989 im Stadtteil Boxberg ihre Adresse hat: Es gibt Pläne, die öffentliche Schule mit einer Berufsschule zusammenzulegen. Es regt sich starker Protest.

Heidelberger Hotelfachschule erst in Deutschland

Kurz vor dem 100. Gründungstag der Hotelfachschule - es war 1925 die erste Hotelfachschule Deutschlands - sind die Fusionspläne mit der Marie-Baum-Schule bekanntgeworden. Am 25. Mai stand das Thema bereits zur Entscheidung dem Ausschuss für Bildung und Kultur vor - die wurde aber vertagt.

Beiden wollen wir mit der Fusion eine langfristige Zukunftsperspektive in Heidelberg geben und den Ausbildungsstandort Heidelberg weiter stärken.
Stefanie Jansen Bildungsbürgermeisterin Heidelberg

Beide Schulen - die „Hofa“ und die „Marie-Baum-Schule“ - hätten sich als „Ausbildungsstätten für hervorragend qualifizierte Fachkräfte einen Namen gemacht“, formuliert Bildungsbürgermeisterin Stefanie Jansen (SPD) in einer Pressemitteilung, „beiden wollen wir mit der Fusion eine langfristige Zukunftsperspektive in Heidelberg geben und den Ausbildungsstandort Heidelberg weiter stärken“. Mitte Juni sollen weitere Gespräche stattfinden.

Schülerzahlen zuletzt gesunken

Die Hotelfachschule trägt den Namen von Hotelier Fritz Gabler. Der Gründervater des „Europäischen Hofs“ war maßgeblicher Treiber der Gründung der Hotelfachschule Heidelberg - Fritz-Gabler- Schule für die kaufmännische und fachliche Weiterbildung des Berufsnachwuchses. Die Schülerzahlen seien in den vergangenen Jahren auf zuletzt 150 gesunken, begründet die Stadt die aus ihrer Sicht notwendige Fusion. Im aktuellen Schuljahr habe man nur zwei Eingangsklassen in der Fachschule bilden können. Auch an der Marie-Baum-Schule mit den Schwerpunkten Gesundheit, Pflege, Hauswirtschaft und Gastronomie sänken die Schülerzahlen.

Fast 100 Jahre alt

  • Die „Höhere Hotelfachschule Heidelberg“ wurde am 30. April 1925 als öffentliche Schule des Landes Baden feierlich eröffnet.
  • 1937 bezog die Hotelfachschule ein eigenes Gebäude in der Mönchhofstraße und fungierte ab März 1938 als eigenständige Schule.
  • Nach einem Bombeneinschlag ausgebrannt, zog die Schule von 1946 bis 1950 nach Weinheim.
  • 1959 zog sie in der Rohrbacher Straße 100. 1989 bezog sie das Gebäude des ehemaligen Boxberggymnasiums.

Das vorgeschlagene Konzept: Die Gabler-Schule soll aufgelöst, die Bildungsgänge an die Baum-Schule übertragen werden. Das Gebäude der „Hofa“ auf dem Boxberg soll als Außenstelle der Baum-Schule gehalten werden. Kaufmännischen Unterricht sollen die Julius-Springer-Schule und die Willy-Hellpach-Schule übertragen. Das Regierungspräsidium unterstütze die Fusionspläne.

Kritik an Fusion der Schulen kommt von Absolventen

„Ein Trauerspiel und eine Katastrophe“ wäre eine Schließung der Hotelfachschule Heidelberg, findet Branchenkennerin Elke Schade. Sie ist Absolventin der bekannten „Hofa“: Zwei Jahre studierte die damals Anfang 20 Jahre alte, gelernte Hotelkauffrau aus dem Rheinland in dieser Schule. Nach der Ausbildung und drei Berufsjahren wollte sie weiterkommen - und suchte sich nach eigenen Angaben jene Schule aus, „die den besten Ruf hatte und die größten Anforderungen an ihre Bewerber stellte“.

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Als Schade mit dem Fachabitur und dem Abschluss als staatlich geprüfte Hotelbetriebswirtin 1980 den Boxberg verließ, hätten sich sofort Karrierechancen geboten: „Das war entscheidend für meinen beruflichen Lebensweg“, betont Schade, die unter anderem 20 Jahre für die Steigenberger Hotelgesellschaft arbeitete, zuletzt CEO von Dorint war und eine der ersten Frauen auf der Managementebene wurde.

Heidelberg steht für 1A  Ausbildung

„Mit Heidelberg blieb ich immer verbunden“, sagt Schade, die heute ein eigenes Unternehmen der Hotelberatung führt. Regelmäßig kam sie bis vor Kurzem noch an die Hofa, um ehrenamtlich zum Beispiel Podiumsdiskussionen zu Fachthemen zu organisieren. Heidelberg besitze als einzige Hotelfachschule im Land zudem einen eigenen Ehemaligen-Verbund, der in größeren Städten zum Beispiel Regionaltreffen organisiere.

Dieses Netzwerk funktioniere sogar weltweit: „Heidelberger zu sein“ stehe in der gehobenen Hotellerie und Gastronomie automatisch für eine 1A-Ausbildung, welche die Person genossen hat. In eine Berufsschule eingegliedert, ist Schade überzeugt, würde die Hotelfachschule sterben. „Sie ist einfach eine Institution - und eher eine Fachhochschule - trotz der ebenfalls sehr guten praktischen Ausbildungsarbeit für die Meisterschüler. Hier eignen sich die Schülerinnen und Schüler zusätzlich Management-Skills an.“

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Allerdings seien auch Entwicklungen verpasst worden, findet die Absolventin von 1980: „Nicht jeder junge Mensch kann oder will sich heute noch zwei Jahre Vollzeitunterricht nach Ausbildung und Berufsjahren leisten.“ Fernschulen und Online-Unterricht erscheinen vielen dringend auf dem Markt gebrauchten Nachwuchskräften attraktiver.

Weniger Azubis und mehr junge Menschen mit Abitur seien weitere demografische Gründe dafür, dass bundesweit die Schülerzahlen an Hotelfachschulen sänken. So habe gerade auch die Hotelfachschule Dortmund - bislang Nummer drei hinter Heidelberg, was das Renommee angeht - ihren Betrieb eingestellt. Und die Hofa Berlin, Nummer zwei auf der Liste will gerade mit verändertem Konzept durchstarten. Berlin erhebt - anders als Baden-Württemberg - zudem keine Studiengebühren.

Weltweites Netz an Absolventen

Rund 10 000 Absolventinnen und Absolventen hat die „Hofa“ in den fast 100 Jahren ihrer Geschichte verabschiedet - nun hoffen viele, dass sie sich nicht in absehbarer Zeit von der Einrichtung verabschieden müssen. Schließlich schicken gerade auch Familienbetriebe gerne ihre eigenen Kinder hierher, um die Nachfolge des Unternehmens zu sichern. Die Fritz-Gabler-Schule sei eine „Marke“, auf die man nicht leichtfertig verzichten dürfe, kritisiert auch Erich Kaul, Vorsitzender des Schulvereins: „Das wäre fatal.“

Der Verein unterstützt den Schulbetrieb in Form eines Fördervereins. Rund 250 ehemalige Schüler und Lehrkräfte gehören dem Schulverein an. Kaul selbst ist Absolvent von 1987. Sollte die Schule eine Verbindung mit einer anderen eingehen müssen, hält es Kaul für „unerlässlich“, dass die „Hofa“ einen eigenen, verantwortlichen Ansprechpartner - etwa einen Abteilungsleiter - behalte.

Redaktion Redakteurin Metropolregion/Heidelberg

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