Justiz

Betrugsprozess in Heidelberg: Bewährungsstrafen für provozierte Autounfälle

Das Geständnis im Heidelberger Prozess bewahrt Wasär R. vor der Haft. Er soll Unfälle provoziert haben, um Geld von der Versicherung zu bekommen.

Von 
Waltraud Kirsch-Mayer
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Der Prozess um provozierte Autounfälle endete am Landgericht Heidelberg mit einer Bewährungsstrafe. © Marijan Murat/dpa

Metropolregion. Das vollumfängliche Geständnis, das den Prozess vor dem Landgericht Heidelberg wegen schwerer gefährlicher Eingriffe in den Straßenverkehr samt Sachschaden deutlich verkürzt hat, zahlt sich für Wasär R. aus: Die zwei verhängten Haftstrafen – zwei Jahre und zusätzlich eineinhalb Jahre – werden jeweils zur Bewährung ausgesetzt.

Vor den Plädoyers steigt das Gericht in die Beweisaufnahme ein: Markus Lorenz, Spezialist für Unfallrekonstruktion, erläutert an Hand von Animationen auf einem Monitor, ob die bei Haftpflichtversicherungen als Schadensfälle gelandeten Kollisionen aus technischer Sicht vermeidbar gewesen wären oder ob sie provoziert sein könnten. Der Experte weist auf so manche Fragezeichen hin, weil beispielsweise nicht immer Crash-Ort und Endstelle der Fahrzeuge dokumentiert wurden.

Dass der heute 36-Jährige sein Auto „in die Kollision hingelenkt hat“ – diese deutliche Formulierung wählt der Ingenieur nur einmal. Gleichwohl kommt er bei den von ihm analysierten Zusammenstößen mehrheitlich zu dem Schluss: Diese wären trotz möglicherweise „sportlichen“ Spurwechsels seitens des jeweils anderen Fahrers vermeidbar gewesen, sei es durch Bremsen oder Ausweichen. Als „auffällig“ bezeichnet der Sachverständige, dass meist flache Kollisionswinkel vorliegen, außerdem besonders viele jener „Vorderrad-Treffer“, bei denen es gilt, teure Bauteile zu erneuern.

Bewusst Spurwechsel auf unübersichtlichen Kreuzungen

In den Schlussvorträgen gehen die Ausführungen von Staatsanwalt Schmidt und Verteidiger Göthlich gar nicht so weit auseinander – mit einem Unterschied: Der Anklagevertreter zeigt sich bei jener Strafzumessung, die eine vorherige Verurteilung inklusive Bruch der Bewährung beinhaltet, nicht bereit, erneut eine verhängte Haft gegen Auflagen auszusetzen. Hingegen würdigt der Strafverfolger „die hohe Bedeutung“ des Geständnisses. Auch, weil die 13 Unfall-Provokationen bis zu einem Jahrzehnt zurückliegen und geladenen Zeugen Abläufe wohl nur noch bruchstückhaft im Gedächtnis sind.

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Wie der Vorsitzende Richter Markus Krumme bei der Urteilsbegründung ausführt, hält die Kammer dem Mittdreißiger nicht nur das Geständnis zugute. Auch dass er seine Crashs so anlegte, dass zwar lukrativer Blechschaden entstanden ist, aber keine Personen zu Schaden kamen. Allerdings habe dies durchaus „krimineller Energie“ bedurft.

Versicherungen fordern Akteneinsicht an

Das Gericht geht davon aus, dass Wasär R. bewusst Spurwechsel auf unübersichtlichen Kreuzungen und Kreiseln (wie dem Heidelberger Römerkreis) nutzte, um Crashs herauszufordern und Schäden an seinem Auto in Höhe bis zu 10 000 Euro geltend zu machen. Weil aber nur notdürftig repariert wurde, blieb ihm ein Großteil der Gelder für private Zwecke. Als „spürbare“ Sanktion verhängt das Gericht eine Geldbuße von 3600 Euro, die monatlich abgestottert werden kann. Außerdem beträgt die Bewährungszeit vier Jahre.

Das ohnehin schon lange Verfahren – Anklage wurde 2021 erhoben – dürfte Wasär R. weiter beschäftigten. Jedenfalls haben Versicherungen bereits Akteneinsicht angefordert. Aus Prozessökonomie hatte sich die Anklage auf gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr mit einem höheren Strafrahmen beschränkt.

Freie Autorin

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