Speyer. Das Porträt von Anselm Feuerbach prangt auf einem Taschentuch. Respektlos? Für Gerhard Hofmann ist es eher eine Ehre, den großen Speyerer Künstler auf diese Weise abzubilden. Seine Ausstellung im Feuerbachhaus, dem Geburtshaus Anselm Feuerbachs, zeigt mehrere Porträts von Prominenten auf Stoff – neben der liebevollen Ironisierung spielt Hofmann dabei auch auf die historisch-ikonografische Bedeutung des Druckes an, wie sie etwa im Schweißtuch der Veronika zum Ausdruck kommt. Die Reliquie zeigt angeblich das Antlitz des Heilands.
Tatsächlich setzt sich der in Neustadt lebende freiberufliche Künstler intensiv mit der Geschichte der Druckgrafik auseinander. Er verortet sich damit selbst in einer jahrhundertealten Tradition, die mit den digitalen Produktionen unserer Zeit umso schärfer kontrastiert.
In Mainz hatte Gerhard Hofmann ein Studium als Kunsterzieher und in einem Speyerer Gymnasium anschließend sein Referendariat absolviert. Doch seit 1987 arbeitet er als Künstler im Bereich der Druckgrafik, hierbei vor allem des Tiefdrucks.
Farbradierungen sind seine Leidenschaft – beliebte Motive beispielsweise Stadtansichten. Doch hat sich Hofmann nun auf Porträts spezialisiert, die er anhand von Bildern oder Fotografien paraphrasiert. Im Feuerbachhaus sind 32 Radierungen zu sehen, die er auf Papier und Textilien gedruckt hat. Die Konterfeis von Frida Kahlo und Amy Whinehouse, von Goethe und Beethoven sind zu entdecken. Hofmann hat sie nicht einfach aus originalen Vorlagen übernommen, sondern im eigenen künstlerischen Zugriff verfremdet.
So fallen die ungewöhnlichen Farbgebungen oder die besondere Wahl der Ausschnitte auf. Zuweilen werden ikonische Gegenstände der Pop-Art miteinander kombiniert, etwa der Kopf von James Dean mit der Soßen- und Suppendose, der Andy Warhol zu unvergänglichem Ruhm verholfen hat. Gelegentlich werden mehrere Porträts in variierender Folge gezeigt: das der Mona Lisa ebenso wie jenes von Schauspielerin Audrey Hepburn. Auf einem karierten Geschirrtuch lächelt den Betrachter das Gesicht von Marilyn Monroe entgegen.
Geschirrtuch? Ja – die gewollte Reminiszenz an berühmte Vorläufer soll hier den Verdacht des flapsig-flamboyanten Stils dämpfen. Das Blumengebinde auf dem Haupt von Frida Kahlo lässt sich vor diesem Hintergrund als Anspielung auf die Dornenkrone deuten, die dieser tragischen Künstlerinnenbiografie angemessen scheint. Zugleich stellt sich im Zuge der ästhetischen Autoreflexion ein satirischer Effekt ein, der Tiefe und Ernst in Verbindung mit dem Genre durchaus auflockert.
Stefan Becker und Thomas Mann vom Vorstand des Feuerbachvereins schätzen sich im Pressegespräch glücklich, mit Gerhard Hofmann einen derart versierten Vertreter der Druckkunst im Haus präsentieren zu können. Hier wird der Künstler in der Kult(o)urnacht am Freitag, 16. Juni, Druckvorführungen anbieten. Diese sollen eine Ahnung davon vermitteln, welche aufwendigen Prozesse notwendig sind, um von der Idee bis zum fertigen Produkt zu gelangen. In seiner Werkstatt in Neustadt kann Gerhard Hofmann seine druckgrafischen Ambitionen rundum autark umsetzen.
Noch fünf Ausstellungen geplant
Insgesamt fünf Ausstellungen sollen in diesem Jahr im Feuerbachhaus zu sehen sein. Für den Herbst plant der Verein abermals eine Präsentation aus den Händen Hofmanns – dann mit Exponaten aus der grafischen Originalsammlung des Künstlers, die bis ins 15. Jahrhundert zurückreicht und die den Grafiker nicht nur in theoretischer Hinsicht als Vertreter einer traditionsreichen Handwerkszunft zeigt. Dass die Digitalisierung die Vervielfachung von grafischem Material auf Knopfdruck inzwischen ermöglicht, macht diese Kunst nicht etwa obsolet. Sie unterstreicht vielmehr deren herausragende Bedeutung. Auch hierfür mag die Ausstellung stehen.
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