Heidelberg. Das Wohnhaus des in Heidelberg-Neuenheim lebenden Unternehmers Jürgen B. Harder ist am Sonntagnachmittag Schauplatz einer Protestaktion gegen ein Bauprojekt in Berlin gewesen. Aktivisten betraten das Grundstück des Ehemannes der früheren Star-Schwimmerin Franziska van Almsick, hängten dort Banner auf und steckten Pappschilder in den Boden.
Die Polizei bestätigte den Vorgang am Montagvormittag. Der Staatsschutz ermittelt wegen Hausfriedensbruchs und Sachbeschädigung, weil hinter den Vorkommnissen eine politische Motivation stecke, so eine Sprecherin.
Es waren offenbar Anwohner, die zwischen 15 Uhr und 16 Uhr die Polizei riefen. Jedenfalls konnte die Sprecherin nicht bestätigen, dass die Anzeigen von Harder selbst gestellt worden sind. Als die Polizei jedoch eintraf, waren die Protestler schon wieder verschwunden und Harder mit seiner Familie offensichtlich gar nicht daheim.
Aktivisten der "Interventionistischen Linken" bekennen sich
Stattdessen fanden die Beamten noch die Reste vor - abgebrannte bengalische Feuer, Sprühdosen et cetera. Bekannt haben sich am Sonntagabend Aktivistinnen und Aktivisten der „Interventionistischen Linken“ und der Gruppierung „Akut+(c)“. Sie informierten per Mail darüber, dass es die Aktion vor dem Privathaus des Investors Jürgen B. Harder gegeben habe.
Der Grund für die Aktion sei die Beteiligung von Harders Hockenheimer Unternehmen Harder & Partner am Bau eines Abschiebezentrums am Flughafen BER in Berlin-Schönefeld. Harder sei als Investor ein wichtiger Teil des Projekts.
Abschiebezentrum könnte für Harder Millionen-Geschäft werden
Harder ist eigenen Angaben zufolge „Anbieter und Entwickler für multifunktionale Hallen“. Das Angebot reicht „von der einfachen Lagerhalle über Spezialobjekte bis zum kompletten Zentrallager“. Für ihn könnte die Vermietung des Abschiebezentrums Gewinne in vielfacher Millionenhöhe bringen.
Die Protestierenden
- Die Interventionistische Linke (IL) versucht etwa, mit Parteien, Gewerkschaften und kirchlichen Gruppierungen in die Mitte der Gesellschaft hineinzuwirken, und setzt als Protestform vornehmlich auf Zivilen Ungehorsam. Das Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet sie.
- Akut+(c) bezeichnet sich als „antifaschistische Gruppe, die sich für Selbstbestimmung, und eine herrschaftsfreie Gesellschaft einsetzt“.
Nach Mitteilung der beiden Gruppierungen versammelten sich Aktivisten vor Harders Haus, zündeten Pyrotechnik und riegelten dieses symbolisch mit einem Zaun ab. Fotos belegen das.
Mit Botschaften auf Schildern, die sie in Harders Vorgarten aufstellten, unterstrichen sie ihre Forderung nach einem Planungsstopp für das Abschiebezentrum. Über der zum Haus gehörigen Garage brachten sie ein großes Banner mit der Aufschrift „Abschiebung ist Mord - Jürgen Harder profitiert!“ an.
Kaltmiete für das Gebäude wird rund 760 000 Euro kosten
Bereits im August 2022 hatte der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) berichtet, dass der Investor des geplanten BER-Abschiebezentrums mit Hunderten Millionen Euro Miete von Bund und Ländern rechnen könne. So werde die Kaltmiete für das Zentrum rund 760 000 Euro im Monat kosten.
Wie RBB ebenfalls berichtete, werde mit Baukosten von 155 Millionen Euro gerechnet. Aktuellere Zahlen wurden bisher nicht bekannt. Der RBB nannte Harder damals als Investoren. Auf der Homepage des Hockenheimer Unternehmens Harder & Partner gibt es unter dem Stichwort Projekte eines mit dem Titel BER Hangar, das aber ein früheres Geschäft bezeichnet.
Wie die „Taz“ im Dezember 2022 berichtete, sollen auf einer Fläche von gut vier Hektar, die Harder gehört, sieben Gebäude entstehen. Ab 2026 soll das Abschiebezentrum dann für 315 Millionen Euro an das Land Brandenburg vermietet werden, mit einer Vertragslaufzeit von 20 Jahren. Bis zu 118 Menschen sollen darin untergebracht werden können, was einer Vervierfachung der Kapazitäten entspricht.
Harder selbst wollte sich am Montag laut einer Sprecherin des Unternehmens auf Anfrage dieser Redaktion weder zu den Aktivisten in seinem Vorgarten noch zu weiteren Fragen äußern. Die Sprecherin verwies auf laufende Ermittlungen der Polizei. Harder war im Jahr 2015 im Zusammenhang mit einem Schmiergeldskandal beim Ausbau des Frankfurter Flughafens vom Landgericht Frankfurt/Main zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden.
Protest zielte auf geplantes Abschiebezentrum
Der Protest vom Sonntag zielte klar auf das geplante Abschiebezentrum und warf Harder unmoralisches Handeln in der Vergangenheit und in der Gegenwart vor. Es stehe für eine neue Qualität der rassistischen Abschottungspolitik der deutschen Regierung, erklärte Alexandra Neuberg, eine Sprecherin der Interventionistischen Linken, den Hintergrund der Aktion. „Wir sehen Jürgen Harder als Person konkret in der Verantwortung, mit seinem Geld und dem von ihm für das Projekt zur Verfügung gestellten Land diese Entwicklung voranzutreiben. Deshalb haben wir uns entschieden, seine Ruhe im Heidelberger Villenviertel zu stören.“
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