Kommunalpolitik

Wo die Grundsteuer in Edingen-Neckarhausen explodiert

Die neue Grundsteuer wird viele deutlich stärker belasten als bisher. Im Fall eines Ehepaars in Edingen fällt die Erhöhung voraussichtlich besonders stark aus. Warum das so ist, und was der Gutachterausschuss damit zu tun hat

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Hans-Jürgen Emmerich
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Das Ehepaar Herbert und Claudia Hörner aus Edingen fühlt sich durch die neue Grundsteuer stark benachteiligt. © Marcus Schwetasch

Edingen-Neckarhausen. Wie hoch wird die Grundsteuer künftig in Edingen-Neckarhausen sein? Über diese Frage entscheidet jetzt der Gemeinderat. Im Vorfeld der Sitzung am Donnerstag regt sich Protest von jenen, die die Neuregelung besonders hart trifft. Vor allem Eigentümer großer Grundstücke müssen künftig deutlich mehr berappen.

Claudia und Herbert Hörner aus der Hauptstraße in Edingen sind ein Beispiel dafür. Nach der Lektüre des Artikels über ein Pressegespräch im Rathaus meldeten sie sich bei dieser Redaktion und legten ihren Fall offen. Wenn es bei dem bleibt, was ihnen bislang vorliegt, und wenn der Rat den Hebesatz wie von der Verwaltung vorgeschlagen auf 240 Prozent festlegt, dann müssten sie in Zukunft für ihr kleines Häuschen auf einem rund 1100 Quadratmeter großen Grundstück fast 1600 Euro pro Jahr zahlen, das wäre mehr als das Siebenfache des bisherigen Betrages.

Schon bei Abgabe der Erklärung bedienten sich die Eheleute eines Steuerberaters. „Das hat uns 200 Euro extra gekostet“, erklärt Herbert Hörner. Konkret ging es darum, eine Regelung in Anspruch zu nehmen, wonach nur die ersten 50 Meter eines langgezogenen Grundstücks zum vollen Wert veranschlagt werden, der Rest jedoch zu einem deutlich niedrigeren Satz. Im Fall der Eheleute Hörner könnte das die Steuerlast nahezu halbieren. Doch beim zuständigen Finanzamt sei das nicht akzeptiert worden.

Ein großer Garten kann einem Bauplatz gleichgestellt werden

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Von der Gemeinde hieß es später, der zuständige Gutachterausschuss Nördlicher Rhein-Neckar-Kreis werde bei langgezogenen Grundstücken in Ortsrandlage nur die ersten 35 Meter voll und den Rest zu einem reduzierten Betrag bewerten. Doch von dort erhielten Hörners nur zur Antwort, sie könnten auf eigene Kosten einen Gutachter beauftragen, um eine Korrektur zu erwirken – mit ungewissem Ausgang.

Stiller Protest mit einem Transparent am Balkon

„Unser Garten ist kein Bauplatz, wird aber so besteuert“, ist auf einem großen Transparent am Balkon ihres Hauses zu lesen, das ziemlich weit vorne an der Hauptstraße steht. Der riesige Garten dahinter darf ausdrücklich nicht bebaut werden. Der Gutachterausschuss berufe sich darauf, dass Grundstücke mit gleicher Nutzbarkeit auch gleich bewertet werden müssten. Gerade das aber sieht der Eigentümer in seinem Fall nicht, im Gegenteil. Sein Gartenanteil werde genauso hoch bewertet wie ein ähnlich großes Grundstück in der Hauptstraße, auf dem 14 Wohneinheiten entstehen sollten. Dass Grundstücke direkt am Neckar um fast 200 Euro pro Quadratmeter günstiger eingestuft seien, leuchte ihm auch nicht ein.

Was die Regelung für die langgezogenen Grundstücke angeht, dürfen die Hörners durchaus hoffen. Denn diese könne auch noch 2025 zu einer Neubewertung führen – und damit rückwirkend zu einer niedrigeren Grundsteuer, wie es aus dem Rathaus heißt. Wie der Gutachterausschuss zu dieser Problematik steht, hätten wir gerne von der Behörde direkt erfahren. Eine Anfrage per E-Mail vom Montag blieb allerdings bis Redaktionsschluss am Mittwoch unbeantwortet.

Ein Hebesatz von mindestens 240 Prozent gilt als sicher

Die Möglichkeiten der Gemeinde beschränken sich auf die Festsetzung des Hebesatzes, und der muss für alle bebauten und bebaubaren Grundstücke einheitlich sein. Folgt der Gemeinderat dem Vorschlag der Verwaltung und legt den Satz auf 240 Prozent fest, dann dürfte den Eheleuten Hörner Anfang des Jahres ein Steuerbescheid der Gemeinde ins Haus flattern, der die knapp 1600 Euro einfordert, das sind immerhin 130 Euro im Monat. Geld, das den Ruheständlern für andere Ausgaben fehlt. Es könnte sogar noch schlimmer kommen. Denn wenn der Gemeinderat angesichts der desolaten Finanzlage die Einnahmen aus der Grundsteuer noch stärker erhöhen will, könnte der Hebesatz durchaus auch bei 250 oder 260 Prozent liegen. Das wären dann noch einmal über 100 Euro mehr im Jahr.

Was die Fraktionen vor der Wahl gesagt haben

Die Verwaltung schlägt einen Satz von 240 vor, in den Fraktionen gibt es durchaus auch Stimmen, die einen höheren Wert verlangen. Bereits im Vorfeld der Kommunalwahl hieß es bei den Beantwortung der Thesen für den Wahlhelfer der „MM“-Redaktion von der CDU, in der momentanen Haushaltslage müsse über die Anhebung der Grundsteuer gesprochen werden. Die Unabhängige Bürgerliste (UBL-FDP/FWV) forderte „Augenmaß und ein Höchstmaß an Transparenz“ sowie die Berücksichtigung einer sozialen Komponente. Bei der Anpassung der Hebesätze müssten Ungerechtigkeiten vermieden werden, antwortete die Offene Grüne Liste (OGL). SPD/EBEN versprach, man werde alles versuchen, die Belastung der Bürger in Grenzen zu halten – soweit es die Finanzen erlauben.

Redaktion Aus Leidenschaft Lokalredakteur seit 1990, beim Mannheimer Morgen seit 2000.

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