Stadtentwicklung - Das Wohnen in der Region wird immer teurer, bezahlbare Wohnungen entstehen am ehesten dann, wenn in die Höhe gebaut wird. Kritiker fürchten zudem einen Donut-Effekt durch Neubaugebiete in Edingen-Neckarhausen.

Wird Edingen-Neckarhausen durch Neubaugebiete zum Donut?

Von 
Hans-Jürgen Emmerich
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EIn Luftbild von Edingen-Neckarhausen aus dem Jahr 2020. © Bernhard Zinke

Edingen-Neckarhausen. Im Verlaufe der 2010er Jahre ist die Nachfrage nach Wohnungen in der Region erheblich gestiegen. Das ist eine der Feststellungen, die Martin Müller als Geschäftsführer des Nachbarschaftsverbands Heidelberg-Mannheim trifft, wenn er in diesen Wochen in den Gemeinderäten über den Wohnungsbau und dessen Perspektiven spricht. Das war auch in Edingen-Neckarhausen so.

Nach einer allgemeinen Einführung ins Thema ging es auch hier um Details. „Wo ist der günstigste Wohnraum entstanden?“, wollte beispielsweise Gemeinderat Edgar Wunder (Die Linke) wissen. „Es liegt auf der Hand, dass bezahlbarer Wohnraum nur dann eine Chance hat, wenn es Geschosswohnungsbau ist“, lautete Müllers Antwort. Das werde von vielen Städten und Gemeinden diskutiert: „Es gibt starke Aktivitäten, viele wollen mehr tun“, stellte er weiter fest. Ein Patentrezept bieten Müller und der Verband indes nicht: „Die Diskussion muss in jeder Gemeinde geführt werden.“

Die Preise für Wohnraum hätten sich in der Region sehr angeglichen, sagte Müller, es gebe kaum noch Unterschiede zwischen Stadt und Umlandgemeinden: „Das ist mehr ein regionaler Markt.“ Walter Heilmann von der Offenen Grünen Liste (OGL) wollte wissen, was genau mit den Zentren gemeint ist, in denen Wohnraum geschaffen werden solle: „Sind wir noch Zentrum, oder schon Peripherie?“ Müllers klare Antwort: „Mit Zentrum meinen wir den Verdichtungsraum zwischen Heidelberg und Mannheim, also auch Edingen-Neckarhausen.“ Die Gemeinde sei hervorragend an den ÖPNV angebunden: „Das ist in manchen Vororten schlechter.“

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Keine Häuschen im Grünen

Andreas Daners (SPD), selbst Architekt, kannte die Inhalte der Präsentation schon und sprach von einem sehr wichtigen Dokument. Zum Vergleich der Bebauungsdichte wollte er wissen, was der Berechnung zugrunde liege. Während Franklin Mitte in Mannheim recht locker aussehe, wirke der ehemalige OEG-Bahnhof in Schriesheim viel dichter bebaut, habe aber in dem Papier eine geringere Dichte. Müller antwortete mit einem Beispiel. Ladenburg habe sich in der Nordstadt einen Grünkeil gegönnt, um für städtebauliche Qualität zu sorgen: „Das rechnen wir raus. Berücksichtigt werden nur Flächen, die tatsächlich für Wohnen vorgesehen sind.“ Man wolle den Gemeinden nicht zu sehr vorschreiben, dass sie dichter bauen müssen: „Wir wollen vielmehr dafür werben, dass es künftig nicht mehr die klassische Einfamilienhaus-Bebauung gibt.“

Über die starken Wanderungsbewegungen in der Gemeinde zeigte sich Gemeinderat Dietrich Herold von der Unabhängigen Bürgerliste (UBL-FDP/FWV) verwundert. Die Broschüre des Verbandes nennt für den Zeitraum zwischen 2010 und 2020 insgesamt rund 10 000 Zu- und Abgänge. Das sei ein „in der Summe vergleichsweise starkes Wanderungsgeschehen“, erläuterte Müller, und lasse sich durch die Nähe zu Heidelberg und Mannheim erklären: „Das ist ein Stück weit der Lage geschuldet.“Die Zahlen seien Daten des Statistischen Landesamtes.

Durch ein Neubaugebiet könne die Bevölkerung innerhalb weniger Jahre um zehn Prozent steigen, sagte Müller. Es fülle sich innerhalb kurzer Zeit. Und das wird sich auch so schnell nicht ändern: „Die meisten Prognosen gehen davon aus, dass die Nachfrage weiter nach oben geht.“ Gleichwohl sieht auch der Geschäftsführer des Nachbarschaftsverbands einen Trend weg vom Baugebiet auf der grünen Wiese und hin zur Innenentwicklung.

Nach Zahlen über den Anteil ortsansässiger Bauherren in Neubaugebieten fragte UBL-Gemeinderat Stephan Kraus-Vierling. Das sei eine interessante Fragestellung, sagte Müller: „Aber dazu gibt es keine belastbaren Zahlen.“ Auch den Donut-Effekt sprach Kraus-Vierling an. Fachleute meinen damit den Umstand, dass wachsende Einfamilienhausgebiete und Handelsstandorte am Ortsrand zu Leerstand im Ortskern führen.

Droht Aussterben der Ortskerne?

Das gebe es vor allem im ländlichen Raum, wie zahlreiche Studien belegten, hielt ihm Lukas Schöfer (CDU) entgegen. Er sieht die Gemeinde auf einem guten Weg: „Wir bauen neu, wir haben Nachverdichtung, wir machen das Beste draus.“ Möglichkeiten, das Gehörte vertiefend zu diskutieren, gibt es möglicherweise schon bald. Mit dem rund neun Hektar großen Areal von Cooper Standard in Neu-Edingen wartet eine große städtebauliche Spielwiese auf den Gemeinderat.

Redaktion Aus Leidenschaft Lokalredakteur seit 1990, beim Mannheimer Morgen seit 2000.

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