Bürgermeister Simon Michler hört in Edingen-Neckarhausen vorzeitig auf. Er wird auf eigenen Wunsch bereits am 30. September aus dem Amt scheiden und in die Kleinstadt Niederstetten im Main-Tauber-Kreis wechseln. Dort hat ihn der Stadtrat am Mittwochabend zum Amtsverweser gewählt. Er übernimmt die Geschäfte der vorläufig vom Dienst enthobenen Bürgermeisterin Heike Naber und zugleich die Stelle des Hauptamtsleiters.
Michler hatte bereits im Februar angekündigt, dass er nicht erneut in Edingen-Neckarhausen antreten will. Er zog damit einen Schlussstrich unter anhaltende Differenzen mit Teilen des Gemeinderates. Durch seien vorzeitigen Rückzug bringt er nun die örtlichen Parteien in Zugzwang. Sie müssen sich in der Sommerpause mit der Frage befassen, mit wem sie ins Rennen um die Nachfolge von Michler gehen. Dessen Wahl hätte eigentlich erst Ende 2023 angestanden, kurz vor dem Amtsantritt im Januar 2024. Jetzt muss nach der Gemeindeordnung eine Entscheidung innerhalb von drei Monaten nach dem Freiwerden der Stelle erfolgen, also bis Ende 2022.
Dass es einer von Michlers Mitbewerbern aus dem Jahr 2015 noch einmal versucht, gilt als unwahrscheinlich, obwohl Klaus Merkle (UBL-FDP/FWV), Michael Bangert (SPD) und Ulf Wacker (parteilos, vorher OGL) alle noch immer als Gemeinderäte mitmischen. Stattdessen wird hinter vorgehaltener Hand der Name von Ortslandwirt Georg Koch genannt, der seit Oktober 2021 stellvertretender Vorsitzender des FDP-Ortsverbandes ist.
Niederstetten: Mehr Fläche, weniger Einwohner
Michler geht nun also nach Niederstetten, eine Stadt in Hohenlohe im fränkischen Nordosten von Baden-Württemberg, zwischen Bad Mergentheim, Rothenburg ob der Tauber und Künzelsau. Die Gemarkung ist mit rund 105 Quadratkilometern deutlich größer als die von Edingen-Neckarhausen, die Einwohnerzahl mit knapp 5000 deutlich kleiner als Edingen-Neckarhausen (15 000). Mit einer ganzseitigen Anzeige im Amtlichen Mitteilungsblatt der Gemeinde wendet sich Michler an die Bürger von Edingen-Neckarhausen, die ihn am 8. November 2015 mit 42,9 Prozent der Stimmen im zweiten Durchgang zum Bürgermeister gewählt hatten. „Nach sechs Jahren und neun Monaten wird meine Zeit als Bürgermeister von Edingen-Neckarhausen auf eigenen Wunsch am 30. September 2022 vorzeitig enden“, schreibt er und fährt fort: „Für die vielen schönen Begegnungen mit Ihnen möchte ich mich bereits jetzt ganz herzlich bedanken! Sicherlich findet sich bis Mitte September die Gelegenheit für eine persönliche Verabschiedung, sofern Sie dies möchten.“
Am 1. Oktober werde er bei der Kleinstadt Niederstetten im Main-Tauber-Kreis die Aufgaben des Bürgermeisters übernehmen. „Dort weiß ich, dass es allen Beteiligten in der Sache um das Beste für die Stadt geht.“ In Edingen-Neckarhausen war das aus seiner Sicht anders: „Dort war ich vom ersten Tag an teilweise heftigen persönlichen Angriffen ausgesetzt, die spätestens seit Juni 2021 das menschlich erträgliche Maß für meine Familie und mich deutlich überschritten haben.“ Zwischen April 2017 und Mai 2021 habe er sich und seine Arbeit so angepasst, „dass ich die hinterlistigen Machenschaften auf ein Minimum reduzieren konnte.“ Auf Dauer sei das allerdings weder für die Gemeinde noch für ihn persönlich sinnvoll.
Chance für Neuanfang
Mit seinem frühzeitigen Wechsel gebe er der Gemeinde Edingen-Neckarhausen die Möglichkeit für einen Neuanfang. Weiter schreibt Michler: „Ich wünsche der neuen Bürgermeisterin oder dem neuen Bürgermeister ein Arbeitsleben frei von Neid und Missgunst sowie die Chance, sich auf sachlicher Ebene um die Belange der Gemeinde kümmern zu können.“ Nur dann könne die Gemeinde künftige Herausforderungen meistern.
Den Bürgerinnen und Bürgern erklärt er: „Sie waren es, die mir nie die Freude an meinem Traumberuf genommen haben und mir damit auch jetzt die Kraft geben, diesen wunderbaren Beruf in einer anderen Kommune voller Leidenschaft ausüben zu können.“ Persönlich werde er gestärkt aus dieser „sehr harten Erfahrung“ hervorgehen, formuliert der scheidende Bürgermeister und betont: „Die Region, die Gemeinde und die zahlreichen wunderbaren Menschen, die ich kennenlernen durfte, werde ich für immer in guter Erinnerung behalten.“
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Michler erweist mit Rückzug einen Dienst an der Gemeinde