Er kennt seine Gemeinde wie kaum ein anderer, und die Bürger kennen ihn. Trotzdem sehen ihn nicht alle gern, denn bei manch einem macht er sich unbeliebt, und das ist – zumindest in Teilen – sein Job. Andreas Strottner ist im Gemeindevollzugsdienst von Edingen-Neckarhausen tätig und unter anderem für die Überwachung des ruhenden Verkehrs zuständig. Er verteilt also Knöllchen an Falschparker.
20 Jahre lang war Strottner im freiwilligen Polizeidienst, bei der Gemeinde arbeitet er seit 2009. Lange Zeit war er alleine, neuerdings hat er Unterstützung. Jürgen Jakob, der seit zwei Jahren bereits in Ilvesheim tätig ist, leistet nun auch hier fünf Stunden in der Woche Dienst, genauso wie Serkan Kanatli. Beide haben bereits Erfahrung in ihrem Geschäft, wie die die Leiterin des Ordnungsamts, Nicole Schiffl, betont.
Manche Bürger fordern mehr Kontrollen
Warum man den Vollzugsdienst personell gestärkt hat? „Wir hatten öfters Rückmeldung von Bürgern, die häufigere Kontrollen gefordert haben“, antwortet sie. Neuralgische Punkte sind etwa Schulen, Kindergärten und Krippen zur Abholzeit. Bei drei Ortsteilen kann das allerdings zu einer Herausforderung werden. Denn bislang hat Strottner all seine Wege zu Fuß zurückgelegt, 12 bis 16 Kilometer am Tag. Künftig wird er im Dienst schneller und flexibler sein, denn seit wenigen Wochen steht ihm ein Dienstrad zur Verfügung – mit Elektromotor als Unterstützung.
Zahl der Knöllchen geht immer mehr zurück
Anfangs, erinnert sich Strottner, habe er bis zu 40 Knöllchen am Tag ausgeteilt, heute seien es deutlich weniger. Zehn bis 20, schätzt er. Das liegt allerdings nicht daran, dass er weniger unterwegs ist. Vielmehr zeigt die ständige Präsenz Wirkung, und wer einmal eine Verwarnung kassiert hat, parkt künftig seltener falsch. „Unser Ziel ist es nicht, Geld einzunehmen“, macht auch seine Chefin deutlich. Es geht um die Sicherheit der Menschen im Straßenverkehr. „Rücksichtnahme ist das A und O“, unterstreicht Schiffl unter Hinweis auf Paragraph 1 der Straßenverkehrsordnung: „Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.“ Würde sich daran jeder und jede halten, bräuchte man die Knöllchen nicht.
Wenn es Hinweise auf Problemstellen aus der Bevölkerung gibt, versuchen es Strottner und sein Team erst einmal mit Höflichkeitszetteln. Darauf wird dann ganz genau erklärt, warum an bestimmten Stellen das Parken nicht erlaubt ist. Danach muss eine Mindestbreite von 3,10 Metern auf der Straße freibleiben, damit beispielsweise Feuerwehr und Rettungsdienst ungehindert zum Einsatzort kommen. Meist hilft schon dieser Hinweis, um das Falschparken zu unterbinden. „Oft hören wir von den Leuten, dass sie das gar nicht gewusst haben“, sagt Schiffl.
Zahlen muss nur, wer keine EInsicht zeigt
Auch Strottner hat die Erfahrung gemacht, dass viele Menschen einsichtig sind: „Viele verstehen es, wenn man mit ihnen redet.“ Die wenigen, die es nicht verstehen, werden früher oder später zur Kasse gebeten. Moderne Technik hilft dabei. Mit dem Mobiltelefon und einer App werden Ort, Tag und Uhrzeit des Verstoßes notiert und im Foto festgehalten. Abends überträgt Strottner die Daten dann auf den PC, und wenn ein Zweiter die Angaben überprüft hat, geht die Verwarnung per Post raus. Auch das akzeptiert die überwiegende Zahl der Falschparker und zahlt.
„Wir sind keine Bußgeldstelle“, erläutert die Amtsleiterin. Zahlt jemand nicht, geht der Vorgang ans Landratsamt in Heidelberg. Der Bußgeldbescheid enthält dann auch noch eine Verwaltungsgebühr, es wird also teurer. Für das Parken auf dem Gehweg wird seit einem Jahr ein erhöhter Betrag von 55 Euro fällig. Wenn damit eine Behinderung einhergeht, können es sogar 80 Euro sein – und ein Punkt in Flensburg.
Behörde geht mit Augenmaß vor
„Wir haben aber Augenmaß“, versichert Strottner. Weil er viele Einwohner kennt, spricht er sie häufig auch erst einmal persönlich an. Neben Feuerwehr und Rettungsdiensten hat mitunter auch die Müllabfuhr ihre liebe Not mit Falschparkern. Deshalb ist der Vollzugsbedienstete nicht selten schon morgens früh um sechs Uhr auf den Beinen: „Damit ich der AVR den Weg frei schaufeln kann.“
Obschon die Einsicht der Menschen überwiegt, hat Strottner doch einen Wandel festgestellt: „Die Aggressivität wird schlimmer.“ Auch Beleidigungen muss er sich zuweilen anhören. Zum Glück ist das allerdings die Ausnahme. „Die Arbeit muss Spaß machen“, lautet sein Credo: „Auch wenn die Menschheit immer schlimmer wird, macht es mir immer noch Spaß.“ Die Falschparker können sich also darauf verlassen, dass er auch in den kommenden Jahren ein wachsames Auge auf sie hat.
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