Kommentar Michler erweist mit Rückzug einen Dienst an der Gemeinde

Hans-Jürgen Emmerich zu Michlers Verzicht

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Hans-Jürgen Emmerich
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Überraschend kommt die Ankündigung von Bürgermeister Simon Michler nicht: Wenn seine erste Amtszeit Ende 2023 ausläuft, tritt er in Edingen-Neckarhausen nicht mehr an. Der Christdemokrat aus dem Schwäbischen zieht damit einen Schlussstrich unter monatelange Querelen, atmosphärische Störungen und handfeste Konflikte und macht den Weg frei für einen Neuanfang. Auf diese Weise erweist er der Gemeinde einen großen Dienst – und sich selbst vermutlich auch. Denn eine Wiederwahl wäre alles andere als sicher gewesen.

Der Gemeinderat ist qua Gesetz ein Kollegialorgan, und davon war in jüngster Zeit immer weniger zu spüren. Statt miteinander nach Lösungen zu suchen, haben sich die Ratsfraktionen mit einer Flut von Anträgen einen regelrechten Überbietungswettbewerb geliefert und waren nur selten zu Kompromissen bereit.

Ein Grundsatzbeschluss zum Neubau des seit Jahren geplanten Hilfeleistungszentrums wurde immer wieder aufgeschoben, zuletzt sogar eine Entscheidung über den Bau eines Zauns, der den eine Million Euro teuren Kunstrasen schützen sollte. Eine Konsolidierung der Finanzen haben die Fraktionen in schöner Regelmäßigkeit angemahnt, der Mut zu Entscheidungen hielt sich indes auch hier in Grenzen.

Ohne Frage trägt aber auch der Bürgermeister eine gehörige Portion Verantwortung an dieser Situation. An Mahnungen, Kritik und Hinweisen aus den Reihen der Fraktionen, auch aus seiner eigenen Partei, hat es nicht gefehlt. Daraus zu lernen, hat Michler verpasst. Vor allem das Verhältnis zur Unabhängigen Bürgerliste (UBL-FDP/FWV) und zu seinem Stellvertreter Dietrich Herold war spätestens seit Michlers OB-Kandidatur in Schwäbisch Hall nachhaltig gestört.

In dieser verfahrenen Lage zieht der Bürgermeister nun die richtige Konsequenz und kündigt seinen Verzicht auf eine Kandidatur für eine zweite Amtszeit an. Damit ebnet er den Weg für eine Rückkehr zur Sacharbeit. Gefragt sind jetzt auch die Fraktionen, die ihren Beitrag dazu leisten müssen. Zum Wohle der Gemeinde, dem sie sich alle verschrieben haben.

Redaktion Aus Leidenschaft Lokalredakteur seit 1990, beim Mannheimer Morgen seit 2000.