Edingen-Neckarhausen.
„Ein Auto mit Fahrer, dazu noch drei Erwachsene, das macht fünf Euro.“ – Alexander Föhr hat die Tarife der Fähre schnell im Kopf und kassiert ab. Der Bundestagsabgeordnete hat am Mittwoch ein dreistündiges Praktikum auf der schwimmenden Brücke zwischen Neckarhausen und Ladenburg absolviert und damit ein Versprechen eingelöst, das er beim Antrittsbesuch im Rathaus seinem Parteifreund , Bürgermeister Florian König (CDU), gegeben hatte.
Was Föhr zu seinem Einsatz auf der Fähre sagt
Alexander Föhr: "Mein Fazit: Es ein wunderbares Praktikum. Ich bin auch bis kurz nach 18 Uhr geblieben und habe die Fähre mit Frau Kreuzer 'an die Kette gelegt'. Es lohnt sich wirklich der Einsatz für dieses Kulturgut. Es ist ein toller Arbeitsplatz, trotzdem habe ich großen Respekt vor den Fährleuten, die 10 Stunden am Tag dort verbringen.
Zu den harten Zahlen: Der Tagesumsatz insgesamt waren 510 Euro. In die Zeit meiner Anwesenheit fielen etwas mehr als die Hälfte davon, 260 Euro. Ich habe gelernt, die Fähre zu fahren und an- und abzulegen, was mir aber natürlich nur im Beisein einer Person mit entsprechender Fahrerlaubnis gestattet ist. Was mir aufgefallen ist: Es werden viele Fotos auf der Fähre gemacht gemacht. Ebenso werden immer wieder Fragen gestellt: Was für ein Motor ist das? Deutz (7PS) Warum ist bleibt die Kette hinter der Fähre im Wasser? Weil der ‚Zug‘ nicht auf der Kette ist, sondern auf der ‚Winde‘ in der Mitte der Fähre (hinter dem Führerhaus). Es war ein schönes Praktikum, das mir in bester Erinnerung bleiben wird."
Schon mehr als 20 solcher Kurzzeitpraktika hat Föhr inzwischen gemacht. Was im Wahlkampf um das Direktmandat im Wahlkreis Heidelberg-Weinheim begann, geht auch nach dem kürzlichen Nachrücken ins Parlament weiter. So wird Föhr demnächst bei der Tafel in Weinheim helfen und einem Recyclingbetrieb in Heddesheim mit anpacken.
Probleme mit dem Personal
Bei der Fähre hatte sein Einsatz auch einen konkreten Hintergrund. Seit die Kommune den Betrieb übernommen und damit den Fortbestand gerettet hat, gibt es immer wieder Probleme, vor allem mit dem Personal. Was die Fährfamilien jahrzehntelang unter sich ausgehandelt haben, kann ein öffentliches Unternehmen nicht so einfach machen. Da sind gesetzliche Bestimmungen zur Arbeitszeit und zu Pausen einzuhalten. Und neues Personal ist auch nicht gerade einfach zu bekommen, wie der Bürgermeister immer wieder betont. Mehrfach musste die Gemeinde deshalb in der jüngeren Vergangenheit den Betrieb stunden- oder gar tageweise einstellen. Auch jetzt verkehrt die Fähre nur eingeschränkt. Werktags ist von 11 bis 12 Uhr Pause, samstags sowie an Sonn- und Feiertagen von 13 bis 14 Uhr. Und selbst im Sommer ist bereits um 18 Uhr Schluss mit Übersetzen.
Im Oktober wieder Flaute
Wenn die einzige Vollzeitkraft Martina Kreuzer im Oktober drei Wochen Urlaub macht, wird es wohl noch mehr Einschränkungen geben, wie Bürgermeister Florian König auf Nachfrage einräumt. Es sei denn, die Gemeinde findet neues Personal, das über einen Fährschein oder ein Binnenschifferpatent verfügt. Zwar würde die Kommune auch die Ausbildung neuer Kräfte unterstützen, doch das kostet nicht nur Geld, sondern auch Zeit. 180 Tage Dienst auf der Fähre müssen Männer und Frauen nachweisen, ehe sie eine Prüfung ablegen und im Erfolgsfall das Schiff alleine steuern dürfen.
Anfrage an Minister Wissing
Diese Situation hatte König dem Abgeordneten bei dessen Besuch im Rathaus geschildert. Föhr wiederum wurde initiativ und stellte eine Anfrage an die Bundesregierung: „Plant das Bundesverkehrsministerium eine Erleichterung des Erwerbs von Fährschifferzeugnissen für seil- oder kettengebundene Fähren, so dass vereinsbasierte Betreiberstrukturen ermöglicht würden? Wenn nein, warum nicht?“ Auf die Antwort aus dem Hause Wissing wartet nicht nur Föhr voller Spannung. Bei seinem Einsatz am Mittwoch sah es für einen kurzen Moment so aus, als habe er einen neuen Fährmann an Land gezogen: Jürgen Frey aus Seckenheim, der gerade nach Ladenburg übersetzte, sagte dem Abgeordneten beim Kassieren, er habe im „MM“ von dem Notstand gelesen und Interesse an dem Job. Das nötige Patent fehlt ihm zwar noch, aber Marcus Heinze, im Rathaus für den Betrieb der Fähre zuständig, ließ sich eine Visitenkarte geben und will mit ihm in Kontakt bleiben.
Schon nach wenigen Minuten weiß Föhr, was an Bord zu tun ist. Er weist die auffahrenden Autos an, zuerst auf die Seite flussaufwärts zu fahren. Nur an einer Stelle kommt er ins Straucheln, als nämlich ein Stammgast mit Wertkarte zahlen will. Das bargeldlose System sollte eigentlich schon seit vergangenem Jahr laufen, doch wegen technischer Probleme verzögerte sich die Einführung laut Heinze. Inzwischen läuft alles. Dauernutzer können sich die Wertkarte im Rathaus holen und so zehn Prozent sparen.
Schülerblock gilt weiter
Einen positiven Nebeneffekt hatten die Probleme. Der beliebte Schülerblock mit 50 Fahrten für zwölf Euro, den der Gemeinderat eigentlich schon abgeschafft hatte und durch eine deutlich teurere Jahreskarte ersetzen wollte, existiert weiterhin. Entwarnung gibt es unterdessen für das alte Fährhaus am Neckarufer. Nach dem Dach ist nach Angaben von Bürgermeister König nun auch die Außenmauer saniert, so dass die Statik nicht länger in Gefahr ist. Ideen für eine Nutzung gibt es zwar einige. „Aber dafür fehlt uns das Geld“, dämpft Fährfreund König die Erwartungen. Die Bilanz von Föhr nach drei Stunden fällt positiv aus: „Es ist ein unheimlich menschennaher, kommunikativer Job. Die Atmosphäre, das Rattern der Kette, das hat etwas Beruhigendes.“
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