Bürstadt. „Bahnfahren ist hart“, sagt die junge Frau, die sich auf die Holzbank in der Sonne geflüchtet hat, bis ihr Zug einfährt. „Man muss immer warten. Und es ist einfach nur kalt.“ Busfahren scheint fast das kleinere Übel zu sein, wie eine Umfrage am Bürstädter Bahnhof ergibt - auch wenn nach einer Woche Schienenersatzverkehr noch immer nicht alles rund läuft. Weil sich der Fahrer in einer Sackgasse festklemmt, beispielsweise. Oder die Haltestelle falsch ausgeschildert ist. Oder irgendwie gar kein Bus kommt.
Riedbahn-Sperrung: Bis zum 21. Januar werden Ersatzbusse eingesetzt
Noch bis zum 21. Januar ist die Riedbahn ausgebremst, weil Vorbereitungsarbeiten für die große Sperrung im Sommer laufen. Bis dahin geht’s von Bürstadt aus nur mit Bussen nach Norden und Süden. Und es läuft so „naaaja“ bis „ganz okay“. Das sagen zumindest die - meist jungen - Leute, die an diesem Nachmittag den Weg über den Bürstädter Bahnhof nehmen.
Noel ist zu seiner Freundin nach Groß-Rohrheim unterwegs. Er muss ein ganzes Weilchen an der Ersatzhaltestelle in der Industriestraße ausharren. Zum Glück gibt es die Bank in der Sonne. 20 Minuten dauert die Fahrt normalerweise, erzählt Noel - falls der Busfahrer weiß, wo er hin muss. „Das letzte Mal hat er sich verfahren und ist in einer Sackgasse gelandet“, berichtet der 17-Jährige. Eine Stunde hat es gedauert, bis er am Ziel angekommen ist. Noel nimmt’s gelassen. Immerhin funktioniert die Verbindung nach Bobstadt ganz gut, findet er.
Weil die Ersatzbusse der Bahn den Bürstädter Stadtteil auslassen, hält der Stadtbus die Verbindung. Die beiden Mädels, die gerade aus Bobstadt ankommen, sehen ziemlich zufrieden aus. Zehn Minuten hat die Fahrt gedauert, berichten sie - und flitzen weiter an den Bahnsteig. Sie wollen nach Worms, die Nibelungenbahn fährt wie geplant ein. Das passt also.
Ersatzverkehr bei Riedbahn-Sperrung: Nach Bobstadt zu Fuß
Felix wohnt ebenfalls in Bobstadt, ist aber nicht so ganz zufrieden. Er kommt gerade vom Mannheimer Hauptbahnhof. Anfangs hat er dort die richtige Haltestelle suchen müssen. „Falsch ausgeschildert“, berichtet er mit einem kleinen Augenrollen. Gar nicht so lustig, wenn man seinen Bus noch erwischen will.
Inzwischen passt in Mannheim alles. Als er allerdings am Wochenende unterwegs war, war’s nix mit dem Stadtbus nach Bobstadt. Gegen 22 Uhr war er am Bürstädter Bahnhof, nach Hause ist er dann gelaufen. Felix zuckt die Schultern - nur ein paar Kilometer, für ihn kein Ding.
Andere nehmen dagegen lieber das Fahrrad, auch wenn der Wind eisig um die Ohren weht. Wie Etienne, der am Morgen von Lampertheim nach Bürstadt geradelt ist und dann den Zug nach Bensheim genommen hat. Jetzt, auf dem Heimweg, ist er ein bisschen faul, bekennt der Auszubildende. Wenn es geht, steigt er samt Drahtesel in den Bus nach Lampertheim. Gar kein Problem, es ist genug Platz.
Bei Eiseskälte mit dem Rad? „Warum nicht? Man muss sich nur warm genug anziehen“, grinst der junge Mann, der mit dem Bus aus Mannheim kommt und weiter nach Bobstadt will. Am Morgen ist er trotz Minusgraden nach Bürstadt geradelt, mit dem Bus ging’s weiter zur Berufsschule auf dem Waldhof. Etwa eine halbe Stunde hat er für die Strecke gebraucht. „Das sind nur zehn Minuten länger als sonst, besser als erwartet“, findet er. Bei der Bahn gebe es so oft Verspätungen. Da ist ihm der Bus fast lieber.
Fahrgäste mit Ersatzverkehr bei Riedbahn-Sperrung zufrieden
Das finden auch Michelle und Lilly, die an der Haltestelle in Richtung Mannheim warten. „Der Bus ist pünktlicher als die Bahn“, haben die beiden jungen Frauen festgestellt. Zwar dauert die Fahrt ein bisschen länger - „so etwa wie mit dem Auto“, schätzen die beiden. Dafür sei die Taktung besser. In dieser Sekunde rollt ihr Bus an die Haltestelle, schnell rein, viele Plätze sind schon besetzt. Stehen muss aber keiner.
Tatsächlich reiht sich an der Ausweichhaltestelle Industriestraße gefühlt ein Bus an den anderen. Allerdings hält neben dem Bahnsteig in Richtung Worms nicht nur der Schienenersatzverkehr.
Fahrgäste müssen sich kurz orientieren
Auch die beiden regulären Linien 646 und 643 fahren zurzeit diese Seite des Bahnhofs an. „Wegen der großen Baustelle in der Nibelungenstraße“, erläutert Carol Koch, der sich selbst erst mal orientieren musste. Koch - lange Fußballtrainer beim VfR und in Bürstadt bekannt wie ein bunter Hund - ist auf dem Heimweg.
Er arbeitet beim Benz, steigt auf dem Waldhof ein und in Bürstadt nach Lorsch um - falls alles glatt läuft. „Tut es aber nicht immer“, wie Koch berichtet. Wenn morgens eine Stunde mal gar nichts geht und er zu spät zum Dienst kommt. Oder wenn als Ziel „Darmstadt“ ausgeschildert ist, der Zug aber nach Lampertheim fährt. „Den Fahrer hat das nicht weiter gestört“, schüttelt er den Kopf.
Manche Busfahrer mit Dolmetscher unterwegs
Wieder hält ein Bus, Koch fragt lieber mal nach, bevor er einsteigt. Und steigt direkt wieder aus. „Der Fahrer spricht kein Deutsch, aber er hat einen Dolmetscher dabei“, berichtet Koch erstaunt. Der Übersetzer streckt den Kopf aus der Tür und ruft lautstark den Zielort durch. „Wir fahren nach Frankfurt. Will noch jemand mit?“ Allgemeines Kopfschütteln.
Hier warten alle auf die Linienbusse. „Im Großen und Ganzen funktioniert die Anbindung gut“, spricht Koch der Bahn ein Lob aus. Er hofft, dass sich alles noch ein bisschen besser einpendelt. Immerhin sind die drei Wochen Sperrung ja nur ein kleines Vorgeplänkel. Ab Sommer fährt dann sechs Monate lang zwischen Mannheim und Frankfurt kein Zug mehr, die Strecke wird komplett saniert. „Bis dahin sollte es laufen“, findet Koch - und steigt schnell in seinen Bus.
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