Bobstadt. Es könnte das letzte seiner Art gewesen sein - nun ist es Geschichte: Das Bahnwärterhäuschen in Bobstadt ist abgerissen. Im Zuge der Riedbahnsanierung wird der Bahnübergang geschlossen, der Bahnhof komplett umgestaltet. Damit wird die Hütte nicht mehr gebraucht. Ob hier Fledermäuse ihr Sommerquartier bezogen haben, ist allerdings ein Streitthema zwischen Kreis und Bahn.
Anwohner wollen die Tiere schon lange beobachtet haben, auch die Deutsche Bahn (DB) bestätigt in einer kurzen Mitteilung: Tatsächlich seien die Fledermäuse in Bobstadt bekannt. Der Abriss des Bahnwärterhäuschens sei engmaschig überwacht und begleitet worden. Dabei sei auch die Untere Naturschutzbehörde (UNB) eingebunden gewesen. Vor dem Abriss habe man sichergestellt, dass sich keine Fledermäuse mehr im Dachstuhl aufhalten.
Der zuständige Kreisdezernent Matthias Schimpf (Grüne) widerspricht allerdings vehement: „Die DB und die vorgelegten Gutachten führen vielmehr aus, dass sich im Dachstuhl des abzureißenden Gebäudes potenziell Fledermäuse befunden haben können, dass bei Kontrollen aber keine Tiere festzustellen waren.“ Auch Ein- und Ausflüge von Fledermäusen seien am Abrissobjekt nicht festgestellt worden. Ansonsten wären in jedem Fall eine vorlaufende Umsiedlung erforderlich gewesen, stellt Schimpf klar.
Wie Schimpf schildert, sei die UNB zwar in den Vorgang eingeschaltet, aber mit den Unterlagen der Bahn nicht zufrieden gewesen. Die Behörde habe daher bereits am 5. August ergänzende Informationen angefragt - zur Anzahl der Fledermäuse, der Ersatzschlafplätze und wo sind diese befinden. „Bisher hat die UNB weder eine Freigabe des Abrisses erteilt noch eine irgendwie geartete Zustimmung gegeben.“ Die Behörde habe zudem darauf hingewiesen, dass gegebenenfalls eine Abbruchgenehmigung des Kreises zu erwirken sei. „Dies ist allerdings bisher nicht erfolgt“, so Schimpf.
Nabu-Vorsitzender hält Sommerquartier für möglich
Für Michael Held, Vorsitzender des Bürstädter Nabu, ist die Sichtung von Fledermäusen an dieser Stelle neu. Er hält es allerdings durchaus für möglich, dass die nachtaktiven Tiere den Dachboden des alten Häuschens als Sommerquartier genutzt haben. Tagsüber wird geschlafen, kopfüber. Mit den Füßen halten sich Fledermäuse an Dachbalken oder Schlitzen zwischen Brettern fest. Mit Anbruch der Dämmerung beginnt dann die Jagd nach Insekten. Oft finden sich in solchen Dachböden Weibchen zu größeren Gruppen und ziehen ihre Jungen auf. Mit Ende des Sommers, wenn der Nachwuchs selbstständig wird, lösen sich die Quartiere in der Regel auf.
Ein Abriss könnte einer Vernichtung der Unterkunft gleichkommen. Als Ausgleichsmaßnahme werden in der Regel Betonkästen als Ersatz aufgehängt. Held bezweifelt allerdings, dass diese neuen Quartiere angenommen werden. „Die Tiere haben spezielle Vorlieben und sind sehr wählerisch. So etwas ist ein Kompromiss“, stellt er fest - damit solche Sanierungsmaßnahmen wegen der Fledermäuse nicht scheitern.
Die Abrissarbeiten sind mittlerweile so gut wie beendet. Die Anwohner rings um den Bahnhof haben trotzdem noch mehr Radau auszuhalten. Für die Gründung der neuen Lärmschutzwand sind Rammarbeiten nötig. Der Bahnübergang, über den sich eine Zeit lang zumindest Fußgänger noch durchschlängeln konnten, ist endgültig unpassierbar. Demnächst soll durchgehender Schallschutz die Schienen sichern. Zurzeit versperren noch Bagger und Baumaschinen den Weg. Sie tragen das alte Bahnwärterhäuschen bis zum letzten Stein ab.
Ob es deutschlandweit noch andere Bahnschranken gibt, die per Handkurbel bedient werden, ist unwahrscheinlich - aber von der DB bislang nicht bestätigt. Die Schranken sind Geschichte. Dafür steht seit einigen Tagen die neue Unterführung offen - zumindest für Fußgänger und Radfahrer. Autofahrer müssen ohnehin längst den Umweg über die B 44 nehmen.
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