Auszeichnung

Courage-Orden: Marcel Reif freut sich auf Fest in Bürstadt

Der Sportreporter und Moderator Marcel Reif hat mit seiner Rede vor dem Deutschen Bundestag viele Menschen berührt. Am Sonntag verleiht ihm der HCV Bürstadt den Courage-Orden. Warum er die Ehrung gerne annimmt.

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Corinna Busalt
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Seine ergreifende Rede vor dem Deutschen Bundestages hat Marcel Reif durchaus Überwindung gekostet, wie er unserer Redaktion berichtet. Am Sonntag erhält er in Bürstadt den Courage-Orden. © dpa

Bürstadt. Der Sportjournalist Marcel Reif kommt am Wochenende in die Region, um gleich zweimal von Fastnachtern ausgezeichnet zu werden. Nicht für seine Verdienste als Fußballexperte, sondern wegen seines Auftritts im Deutschen Bundestag: Vor einem Jahr hatte er dort von seinem Vater gesprochen, der fast von den Nazis ermordet worden wäre.

Herr Reif, am Freitag ernennen die „Derkemer Grawler“ Sie zum Goldenen Winzer, am Sonntag erhalten Sie dann in Bürstadt den Courage-Orden.

Marcel Reif: Das ist viel der Ehre, ja.

Beides sind Fastnachtsorden. Wie närrisch finden Sie das, an einem Wochenende von gleich zwei Fastnachtsvereinen geehrt zu werden?

Reif: Die Vereine sind das Närrischste daran, die Orden selbst haben ja keinen närrischen Hintergrund und insofern ist das okay. Denn der ganz große Fastnachter war ich noch nie und werde es auch nicht mehr. Aber ich habe die Idee dahinter verstanden, und ich finde: Wenn man geehrt wird, sollte es einem auch eine Ehre sein.

In Kaiserslautern, wo Sie groß wurden, haben Sie sich nicht mit dem närrischen Virus infiziert?

Reif: Na ja, Kaiserslautern ist nicht gerade als Hochburg bekannt. Und obwohl ich in Mainz studiert und in Köln gelebt habe, finde ich das für ein oder zwei Stunden ganz schön, aber dann auch genug.

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Aus Bad Dürkheim sind Ihnen lebenslange Weinpräsente sicher, damit kann Bürstadt nicht dienen.

Reif: Na, es kommt, wie es kommt. Orden sind schön, ein Fläschchen ist nicht verkehrt.

In Bürstadt wird der Orden für besondere Courage vergeben.

Reif: Das hat mich selbst überrascht. Denn ich weiß gar nicht, wofür ich Mut gebraucht hätte. Ich bin sicher kein Hasenfuß, aber an welcher Stelle ich so mutig gewesen sein sollte, dass ich diesen Orden verdient habe, frage ich mich selbst. Das werde ich am Sonntag erfahren.

Für eine Rede vor dem Deutschen Bundestag braucht es sicherlich ein couragiertes Auftreten.

Reif: Um da zu sprechen, braucht es Mut. Aber wenn es für das, was ich da geäußert habe, Mut braucht in diesem Lande, müssen wir uns ganz große Sorgen machen.

Kostete es Sie nicht Mut oder zumindest Überwindung, um über den eigenen Vater zu sprechen?

Reif: Zunächst musste ich überredet werden, um überhaupt dort aufzutreten. Denn ich fand erst, dass ich nichts zu erzählen habe. Wenn mein Vater hätte sprechen wollen, hätte er das getan. Steht es mir dann zu? Aus Respekt vor ihm und weil ich mich nicht wichtigtun wollte, lehnte ich es ab. Dann aber habe ich mich überzeugen lassen, und das war am Ende auch richtig so.

Berühmter Kommentator

  • Marcel Reif, Jahrgang 1949, ist in Polen geboren und kam als Kind nach Deutschland. Als Jugendlicher spielte er beim 1. FC Kaiserslautern Fußball. Nach seinem Abitur in Heidelberg studierte er in Mainz Politikwissenschaft sowie Publizistik und begann seine journalistische Laufbahn beim ZDF. Später war er für RTL und Sky tätig.
  • Reif kommentierte zahlreiche historische Sportereignisse. Er wurde mehrfach ausgezeichnet, etwa mit dem Grimme- und dem Deutschen Fernsehpreis. Nach wie vor ist er als Kolumnist und Moderator aktiv.
  • Der Bad Dürkheimer Fastnachtsverein „Derkemer Grawler“ ernennen Reif am Freitag, 24. Januar, um 20 Uhr im Kurhaus beim Gala-Abend zum „Goldenen Winzer“.
  • Am Sonntag, 26. Januar, erhält der 75-Jährige vom Heimat- und Carnevalverein (HCV) Bürstadt den Courage-Orden. Das Fest beginnt um 14.11 Uhr im Bürgerhaus und ist nur für geladene Gäste zugänglich.

Als Sportreporter sind Sie es ja gewohnt, über Fußball zu sprechen. Aber das Private und Persönliche in die Öffentlichkeit zu tragen . . .

Reif: . . . das hat Überwindung gekostet, ja. Denn es ist nicht mein Tagesgeschäft, im Bundestag vor den höchsten Vertretern des Staates zu stehen und zu reden.

Ihre Rede hat viele Zuhörer ergriffen – und wirkt bis heute nach. Ihre Ansprache berührt die Menschen.

Reif: Dass es die Leute berührt, ist mir wichtig. Denn wenn es alle, die es hören, immer noch bewegt und ich darauf angesprochen werde, weiß ich, dass es dreifach wichtig war, diese Rede zu halten. Im Nachhinein hat sich diese Überwindung und, ja, dieser Mut sehr, sehr gelohnt. Es wird die Welt nicht retten, aber für mich war es ein wichtiger und richtiger Schritt.

Sie haben „mit Mut zur Meinungsstärke, Authentizität und einer unverwechselbaren Stimme Maßstäbe gesetzt – über den Sport hinaus“: Das sagt der Heimat- und Carnevalverein in seiner Begründung für den Courage-Orden.

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Reif: Das nehme ich mit Demut, Dankbarkeit und Freude an.

Kennen Sie Katrin Eigendorf? Sie wird – als Preisträgerin im Vorjahr – die Laudatio in Bürstadt halten.

Reif: Ich kenne sie nicht persönlich, aber ich schätze sie über die Maßen. Sie braucht Mut - viel mehr als ich je Mut gebraucht habe. Ich finde, sie ist eine der profiliertesten Journalistinnen in diesem Land. Und ein bisschen Nabelschau erlaube ich mir dann doch auch. Denn dass jemand aus der eigenen Branche eine Laudatio hält, kommt selten vor – auch wegen des Konkurrenzdenkens – und ist für mich doppelt wertvoll.

In Bürstadt waren Sie erst kürzlich für einen Vortrag zu Gast. Nun kehren Sie nur wenige Wochen später zurück ins Bürgerhaus. Ist Ihnen etwas im Gedächtnis geblieben von der Stadt?

Reif: Ich bin sehr spät am Abend angekommen und am nächsten Morgen früh wieder weggefahren. Daher kenne ich Bürstadt nicht, aber ich bin in Heidelberg zur Schule gegangen und habe dort einige Jahre gewohnt. In der Gegend hatte ich Freunde und habe Fußball gespielt. Die Region war eine ganze Zeit lang Teil meiner Heimat, sie gehört gewissermaßen zu meinem Heimatgelände.

Apropos Heimat, liegt Ihnen der FCK weiterhin am Herzen?

Reif: Das ist der Verein meines Herzens, und er wird es auch bleiben. Dass sich das nicht ändert weiß ich von Nick Hornby. Der Schriftsteller hat sehr schön über Fußball geschrieben: „Nicht du suchst dir den Verein aus, der Verein sucht dich aus.“ Im Grunde habe ich sogar eineinhalb Herzensvereine. Denn zum allerersten Spiel hat mich mein Vater in Warschau mitgenommen. Was dort geschieht, interessiert mich daher auch immer noch. Beide Vereine sind in meinem Herzen hängen geblieben, und dieser Platz ist besetzt.

Redaktion Redakteurin des Südhessen Morgen und zuständig für die Ausgabe Bürstadt/Biblis

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