Bürstadt. Ein großer Schritt ist geschafft. Der Vorschlag liegt auf dem Tisch und soll demnächst vorgestellt werden – und sicher auch intensiv diskutiert: Die evangelischen Gemeinden in der Nachbarschaft Ried-West schließen sich zu einer Gesamtkirchengemeinde zusammen. „Damit bleiben die einzelnen Pfarrgemeinden ein Stück weit eigenständig. Es gibt aber auch vieles, was gemeinsam gemacht wird“, erläutert Pfarrer Markus Müsebeck im Gespräch mit unserer Redaktion.
Müsebeck ist Vorsitzender der Steuerungsgruppe, die die Entscheidung seit Monaten vorbereitet. Welche Rechtsform soll die neue Nachbarschaft haben? Eine Fusion – wie bei den Lampertheimer Gemeinden? Oder eine lose Arbeitsgemeinschaft mit sehr vielen Doppelstrukturen? Alle Zeichen deuten nun auf den Mittelweg, bei der die neue Gemeinde quasi als Dach dient – mit einem gemeinsamen Entscheidungsgremium, dem Gesamtkirchenvorstand. Die einzelnen Pfarrgemeinden bleiben dennoch bestehen und bilden jeweils Ortsausschüsse, die sich um das Leben vor Ort kümmern – „Feste gestalten, beispielsweise“, erläutert Müsebeck.
Alle Gemeinden sollen gleichberechtigt bleiben
Zur Steuerungsgruppe gehören zwei bis drei Mitglieder aus jedem der sechs Kirchenvorstände und das gesamte Verkündigungsteam der Nachbarschaft. Seit dem Frühjahr 2024 kommt sie regelmäßig zusammen. Dabei geht es um die große Reform, die viel Geld sparen, aber möglichst geringe Einschnitte im Gemeindeleben mit sich bringen soll. „Wir müssen die Menschen mitnehmen“, macht der 45-Jährige deutlich.
Also sollen alle Gemeinden im neuen Gesamtkirchenvorstand vertreten sein, und zwar immer mit zwei Personen. Und gleichberechtigt sein, so der Plan der Steuerungsgruppe. Dazu kommt ein hauptamtliches Mitglied des Verkündigungsteams. Müsebeck wird es allerdings nicht sein. Dass er sich im November von der Nachbarschaft Ried-West verabschiedet, steht bereits fest. Im Dezember tritt er seine neue Stelle an der Lampertheimer Lukasgemeinde an.
Gemeindeversammlung in Bürstadt
Den evangelischen Gemeinden in Hessen steht eine große Strukturreform bevor: Es gilt, sich als Nachbarschaft neu zu organisieren und damit Sparvorgaben zu erfüllen.
Zur Nachbarschaft Ried-West gehört neben Bürstadt, Bobstadt, Biblis, Nordheim und Groß-Rohrheim auch der Lampertheimer Stadtteil Hoheim , der sich aber eher den nördlicheren Gemeinden zugehörig fühlt.
Die für Samstag, 1. November, geplante Gemeindeversammlung in Bürstadt ist abgesagt worden. sbo
Den Reformprozess hätte der Geistliche gerne noch weiter begleitet. Dafür reicht die Zeit allerdings bei weitem nicht aus. Zu tun gibt es noch jede Menge. Dass aus der neuen Nachbarschaft eine Gesamtkirchengemeinde wird, ist bis jetzt nur ein Vorschlag der Steuerungsgruppe – macht für ihn aber absolut Sinn. Für eine Fusion seien die Vorbehalte zu groß gewesen. Die Eigenständigkeit komplett aufzugeben, gehe manchen doch zu schnell. Eine Arbeitsgemeinschaft findet er dagegen schwierig, weil es für jede Gemeinde Ausschüsse sowie einen übergeordneten, gemeinsamen Ausschuss geben müsste. „Dabei können über jede und jeden froh sein, der ehrenamtlich mitarbeitet.“ Solche Doppelstrukturen findet er wenig sinnvoll.
In Hofheim und Biblis stehen größere Einschnitte an
Der Vorschlag der Steuerungsgruppe geht in einem nächsten Schritt in die Kirchenvorstände – „und zwar in alle sechs“. Um die neue Rechtsform beschließen zu können, müssen alle damit einverstanden sein, macht der Bürstädter Pfarrer deutlich. „Die Entscheidung ist sehr aufwendig, bindet Zeit und Menschen.“ Spätestens bis zum 1. Januar 2027 muss aber alles in trockenen Tüchern sein: Im Sommer 2027 stehen die Kirchenvorstandswahlen für die neue Nachbarschaft an.
Gesprochen werden muss auch über die Gebäude. Wovon muss sich die Kirche trennen? Und was bleibt? So ziemlich klar ist, dass das Pfarrhaus in Hofheim aufgegeben werden muss. Das Gebäude ist seit den 60er Jahren nicht mehr energetisch saniert worden und fällt damit in die Kategorie C – „bekommt keine Zuweisung mehr“, erläutert Müsebeck. Weil es in Biblis die größten Räumlichkeiten gibt, könnte zudem dort die gemeinsame Verwaltung einziehen. Der Nachteil: „Dann gibt es hier kaum Platz für Versammlungen.“
Dass sich bei den Gottesdiensten einiges ändern wird, ist schon längst keine Überraschung mehr. Auch hier sei mit viel Redebedarf zu rechnen. Mit der Sommerkirche an wechselnden Orten hat das Verkündigungsteam allerdings schon kräftig Werbung für die neue Gemeinsamkeit gemacht, freut sich der Geistliche über die gute Resonanz. An Sonntagen könnte es aber auch in Zukunft in drei der sechs Kirchen still bleiben. Bei den Konfirmanden sind aus sechs Gruppen bereits drei geworden – und wahrscheinlich gibt es bald nur nur noch eine gemeinsame.
Prozess als Spielwiese für kreative Ideen
Für die jungen Leute könne das – trotz der weiteren Wege – sehr schön werden. Mit neuen Begegnungen und größerer Gemeinschaft. Ohnehin sieht Müsebeck in dem Umstrukturierungsprozess, der nun ansteht, auch eine große Chance: eine Spielwiese für kreative Ideen. Für ihn geht es um die Fragen: „Worauf wollen wir uns konzentrieren? Wie soll Kirche sein? Und was brauchen wir dafür?“ Für ihn ist das die wohl größte Aufgabe, die der Nachbarschaft Ried-West bevorsteht: die neue, große Kirchengemeinde mit Leben füllen. „Wir müssen das Interesse der Menschen wecken und sie begeistern“, hat sich die Steuerungsgruppe vorgenommen. Bei der Gemeindeversammlung könne durchaus ein Anfang gemacht werden.
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