Glauben

So sieht die Zukunft der evangelischen Kirche in Lampertheim aus

Austritte und Finanznöte zwingen die evangelische Kirche zu Strukturreformen. In Lampertheim schlagen die Gemeinden deshalb zu Erntedank ein neues Kapitel auf.

Von 
Daniela Hoffmann
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Der geschmückte Altar in der Domkirche: Ein typisches Bild zu Erntedank in der Lampertheimer Lukasgemeinde. Doch diesmal wird außerhalb des Gotteshauses gefeiert – gemeinsam mit der Martin-Luther-Gemeinde und den evangelischen Gemeinden aus Hüttenfeld und Neuschloß. © Berno Nix/RMH

Lampertheim. Es ist die gleiche leidige Diskussion wie derzeit in fast jeder Firma: Wegen des Fachkräftemangels und finanzieller Schwierigkeiten müssen Strukturreformen her. Bei den Kirchen kommt der Mitgliederschwund als Problem noch dazu. Die evangelischen Gemeinden in Lampertheim aber lassen sich nicht unterkriegen. Die Gläubigen in der Kernstadt sowie in den Stadtteilen Neuschloß und Hüttenfeld machen sich derzeit zusammen auf den Weg – hin zu einer Großgemeinde. Richtig sichtbar wird das am kommenden Sonntag beim ersten gemeinsamen Erntedankfest.

Über die Neuerungen vor Ort hat unsere Redaktion mit Patrick Bienhaus gesprochen. Er ist Mitglied des Kirchenvorstands der Lukasgemeinde und Vorsitzender der Steuerungsgruppe Lampertheim, die die Reformen hier vorbereitet. Die Schritte bis zur Fusion der vier Gemeinden werden im Folgenden erklärt:

Warum kommt es eigentlich zur Zusammenlegung von Gemeinden?

Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) reagiert damit auf den zunehmenden Mitgliederrückgang in ihren Reihen sowie auf die finanziellen Herausforderungen und den Mangel an Fachpersonal. Ihr Ziel ist es, notwendige Einsparungen vorzunehmen und die Kirche zukunftsfähig zu machen. Den dafür eingeleiteten Prozesse nennt sie „ekhn 2030 - Licht und Luft zum Glauben“. Dieser läuft bereits seit dem Jahr 2019.

Was waren die ersten Schritte?

Zunächst wurde ab dem Frühjahr 2023 die Bildung sogenannter Nachbarschaftsräume beschlossen, in denen Kirchengemeinden enger als bisher zusammenarbeiten werden. Elf Nachbarschaftsräume gibt es jetzt im Dekanat Bergstraße – mit bislang bestehenden 44 einzelnen evangelischen Gemeinden. In diesen Nachbarschaftsräumen sollen nun „multiprofessionelle Verkündigungsteams“ zum Einsatz kommen.

Erntedank auf dem Gemüsehof

„Herzlich willkommen in der Nachbarschaft“: Unter diesem Motto laden die evangelischen Kirchengemeinden Neuschloß und Hüttenfeld sowie die Lampertheimer Lukas- und die Martin-Luther-Gemeinde am Sonntag, 28. September , zum gemeinsamen Erntedankfest ein. Gefeiert wird von 10 bis 16 Uhr auf dem Hof von Gemüsebau Schmidt in den Böllenruthen 12.

Den Auftakt bildet um 10 Uhr ein festlicher Gottesdienst für Klein und Groß. Mit dabei sind die Ökumenische Kinderkirche, die Jugendband des Evangelischen Dekanats Bergstraße, das Verkündigungsteam der evangelischen Nachbarschaft sowie die stellvertretende Dekanin Silke Bienhaus. Ein besonderer Moment wird die Einführung der neuen Gemeindepädagogin Jule Bremmes-Preuß sein.

Beim großen Familienfest danach erwarten die Gäste Speisen und Getränke, dazu Spiel und Spaß. Für die Jüngsten gibt es Kinderschminken sowie Livemusik. Die Dekanatsjugendband sowie die Musikerinnen und Musiker der Band „That‘s Us“ sorgen für Stimmung. off

Was ist unter einem solchen Verkündigungsteam zu verstehen?

Ein multiprofessionelles Verkündigungsteam besteht aus Vertretern verschiedener kirchlicher Berufsgruppen wie Pfarrerinnen, Kirchenmusiker und Gemeindepädagoginnen. Diese sollen in dem jeweiligen Nachbarschaftsraum – kurz Nachbarschaft – eine Einheit bilden, damit die evangelische Kirche besser vor Ort präsent bleiben kann.

Wie ist das Ganze vor Ort in Lampertheim angelaufen?

Die evangelischen Gemeinden aus der Kernstadt, also die Lukas- und die Martin-Luther-Gemeinde, sowie die Johannesgemeinde im Stadtteil Neuschloß und die Gemeinde in Hüttenfeld haben einen gemeinsamen Nachbarschaftsraum gegründet. In diesem wird jetzt die Arbeit aufgenommen.

Wie geht es weiter?

Nach einer ersten Phase der engeren Zusammenarbeit in der neuen Nachbarschaft werden die vier Kirchengemeinden am 1. Januar 2027 zu einer Großgemeinde fusionieren. Das haben die Kirchenvorstände der vier Gemeinden in den vergangenen Monaten beschlossen. Das gemeinsame Gemeindebüro und somit die zentrale Verwaltung wird dann in der Lampertheimer Römerstraße 94 sein, wo sich das jetzige Büro der Lukasgemeinde befindet.

Wer hat diese Entscheidungen vorbereitet?

Die bereits gefassten Beschlüsse wurden von einer eigens für den ekhn2030-Prozess eingerichteten Steuerungsgruppe vor Ort vorbereitet. Ihr gehören insgesamt elf Mitglieder an – aus den Reihen der Lukasgemeinde und der Martin-Luther-Gemeinde sowie aus den evangelischen Gemeinden in Neuschloß und Hüttenfeld.

Patrick Bienhaus, Vorsitzender der Steuerungsgruppe zur Fusion der evangelischen Kirchengemeinden in Lampertheim. © Stefanie Eichler

Sind damit nun schon alle vorbereitenden Beschlüsse für die neue Großgemeinde getroffen?

Nein. Beispielsweise muss noch ein gemeinsamer Name für die Lampertheimer Großgemeinde gefunden werden. Auch welche Gebäude die evangelische Kirche in Lampertheim und den Stadtteilen aufgibt, ist noch nicht klar. Die Gotteshäuser, sprich die Domkirche, die Lutherkirche und die Gustav-Adolf-Kirche bleiben aber erhalten.

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Und wie blicken die Gemeindemitglieder der Fusionskandidaten in die Zukunft?

„Die Gefühle sind gemischt“, sagt Patrick Bienhaus. „Auf der einen Seite haben wir verstanden, dass wir etwas verändern müssen. Auf der anderen Seite fällt es vielen nicht leicht, die Identität als Mitglied der jeweiligen Ursprungsgemeinde aufzugeben“. Dass sich die evangelischen Christen trotzdem gemeinsam auf den Weg machen, soll das gemeinsame Erntedankfest deutlich machen. Dieses findet bewusst nicht in einem der Gotteshäuser statt, so Bienhaus, sondern auf dem Gemüsehof Schmidt an einem „neutralen Ort“.

Redaktion

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